Viel Arbeit für Wolfgang Reitzle
Von Stefan Kroneck, MünchenDie gescheiterte Fusion mit Praxair und Machtkämpfe in der obersten Führungsetage haben der Spitze von Linde den Job gekostet. Nur einen Tag nach den geplatzten Verhandlungen mit dem amerikanischen Wettbewerber warf Vorstandschef Wolfgang Büchele das Handtuch und kündigte seinen Rücktritt an. Für eine zweite Amtszeit stehe er nicht mehr zur Verfügung, teilte der Münchner Industriegasekonzern mit. Der Vertrag des 56-Jährigen läuft noch bis April 2017. Noch im Frühjahr war darüber spekuliert worden, dass der Aufsichtsrat den Vertrag des aus Schwaben stammenden Managers verlängern könnte.Kurz zuvor meldete Linde am Dienstag ebenfalls ad hoc, dass Finanzvorstand Georg Denoke mit sofortiger Wirkung geht. Gründe für die Demission des 51-Jährigen nannte der Konzern nicht. Allerdings dürfte auch hier die abgeblasene Fusion mit Praxair den Ausschlag gegeben haben. Schließlich galt der CFO als Gegner eines Zusammenschlusses. Dieser Umstand erschwerte vermutlich die Verhandlungsposition von Büchele, der erneut seine Enttäuschung über die gescheiterten Gespräche zum Ausdruck brachte. Schneider übernimmtNach diesem Paukenschlag richten sich die Blicke nun auf Aufsichtsratschef Wolfgang Reitzle. Der 67-jährige Amtsvorgänger von Büchele muss nun einen neuen CEO und einen neuen CFO finden, um die Personallücken wieder zu schließen. Für den vakant gewordenen CFO-Posten fand er eine Zwischenlösung: Der Treasury-Chef von Linde, Sven Schneider, übernahm vorläufig die CFO-Aufgaben. Nach dem Rückschlag, mit Praxair wieder an die Weltspitze im Industriegasemarkt aufzurücken, muss Reitzle zugleich Linde in ruhigeres Fahrwasser steuern. Mit Denoke war dies offensichtlich nicht mehr möglich, galt doch dessen Arbeitsverhältnis mit Büchele nach hausinternen Schlammschlachten als zerrüttet. Insofern war der Schritt konsequent, den CFO vor die Tür zu setzen. Nach den Machtkämpfen konnte der Aufsichtsrat Denoke nicht mehr vertrauen. So musste der CFO nach zehn Jahren Amtszeit gehen. Empfindlicher trifft das Unternehmen der Rücktritt von Büchele, schließlich geht dieser nach nur drei Jahren an der Spitze von Linde. Allerdings konnte der promovierte Chemiker dem Unternehmen keinen neuen Schub bringen. Die Führungsposition im Industriegasesektor musste Linde Anfang des Jahres an Wettbewerber Air Liquide abgeben. Zuvor machte das Unternehmen mit Gewinnwarnungen Schlagzeilen. Der erhoffte Durchbruch mit Praxair misslang. In den Verhandlungen konnte sich Büchele nicht durchsetzen. Die Amerikaner waren zu selbstbewusst, schließlich arbeiten sie profitabler als die doppelt so große Linde-Gruppe. Deshalb pochten sie auf die USA als Standort des neuen Gebildes. Für Reitzle war das nicht machbar. Er pfiff Büchele zurück, der daraus die Konsequenzen zog. Vom CFO konnte er ohnehin keine Unterstützung erwarten.