Börse Stuttgart

Voelkel rückt an die Spitze

Das Personalkarussell an der Börse Stuttgart kommt nicht zur Ruhe. Nachdem in den vergangenen Monaten gleich mehrere Chefposten der Gruppe neu besetzt wurden, steht nun ein Wechsel an der Börsenspitze an.

Voelkel rückt an die Spitze

Von Thomas Spengler, Stuttgart

Das Personalkarussell an der Börse Stuttgart kommt nicht zur Ruhe. Nachdem in den vergangenen Monaten gleich mehrere Chefposten der Gruppe neu besetzt wurden, steht nun ein Wechsel an der Börsenspitze an. Laut Mitteilung soll zum Jahresende Matthias Voelkel (46) den bisherigen Vorstandschef und CEO der Vereinigung Baden-Württembergische Wertpapierbörse, Michael Völter (58), ablösen. Voelkel, der bereits als ehemaliger Partner bei McKinsey für die Börse beratend tätig war, leitet seit Juni 2021 als Vorstand und COO der Börsenvereinigung das Digital- und Kryptogeschäft der Gruppe Börse Stuttgart.

Von Völter, der seit März 2015 dem Vorstand der Börsenvereinigung vorsitzt, heißt es nach offizieller Lesart, er verlasse die Börse auf eigenen Wunsch, um sich neuen Herausforderungen im Bereich junger Unternehmen widmen. Dabei hatte sich der ehemalige Vorstand der Sparkassenversicherung erst zur Jahresmitte als starker Mann an der Börse positionieren können, indem er den Vorsitz der Geschäftsführung wie auch den im Vorstand der Tochter Euwax AG übernehmen hätte sollen. Gleichzeitig behielt er, dessen Vertrag dem Vernehmen nach noch bis 2024 gelaufen wäre, seine Aufsichtsfunktion als Vorstandschef der Börsenvereinigung bei. Allerdings hat Völter bis heute kein Plazet der BaFin für seine Bestellung nach § 25c des Kreditwesengesetzes (KWG) erhalten. Dabei hatte die Börse die geplante Bestellung von Völter veröffentlicht, ohne sich vorher mit der Aufsicht kurzzuschließen. Damit wurde eine ungeschriebene Regel verletzt, was bei der BaFin gar nicht gut angekommen sein soll. Wie zu hören ist, hat die BaFin inzwischen bestimmte aufsichtsrechtlich relevante Themen an der Börse genauer unter die Lupe genommen. Dabei soll es insbesondere um interne Organisationsstrukturen bei der Börse Stuttgart Digital Exchange (BSDEX) gehen, die als MTF betrieben wird. Vor diesem Hintergrund habe der Vorsitzende des Präsidialausschusses der Börse, Christian Ricken, schließlich „die Reißleine gezogen“, wie ein Insider sagt, und die Demission von Völter eingeleitet. Ohnehin sei deren Verhältnis bereits in der Vergangenheit nicht immer zum Besten gewesen sein. Kritiker halten Ricken vor, er habe die Dinge zwei Jahre lang schleifen lassen, bevor er nun das Ruder in die Hand genommen habe. Inzwischen habe er, der im Hauptberuf als Vorstand der LBBW deren Kapitalmarktaktivitäten verantwortet, versucht, ein stabiles Management aufzubauen, nachdem die Börse immer wieder gute Leute verloren hatte.

Im Kern spiegeln die Rochaden die Versuche wider, Antworten auf das disruptiv sich verändernde Marktumfeld zu finden. Darauf waren schon die Differenzen zwischen Völter und Alexander Höptner zurückzuführen, der vor Jahresfrist als CEO der Börse das Handtuch warf und ohne Abfindung zu einer Kryptobörse nach Singapur entschwand. Während Höptner große Investitionen in die digitale Börsenwelt forderte, stand Völter eher auf der Bremse. In der digitalen Welt hatte sich Stuttgart unter Höptner frühzeitig für den Handel elektronischer Wertpapiere positioniert. Auch testete die Börse die „Tokenisierbarkeit“, also die Umwandlung realer Assets wie Geld, Wertpapiere oder vertraglicher Rechte in eine virtuelle Form. Inzwischen aber konzentrieren sich die digitalen Aktivitäten der Börse auf Kryptowährungen, die über die Smartphone-App „Bison“ handelbar sind. Die ist zwar sehr erfolgreich, hat aber starke Konkurrenz bekommen, etwa von Neobrokern wie Trade Republic. Insbesondere ist es Stuttgart nicht gelungen, wie angekündigt auch andere Assets, vor allem Aktien über „Bison“ handelbar zu machen. Doch längst ist auch das Börsengeschäft durch die Neobroker Veränderungsdruck ausgesetzt. Handelsplätzen, die wie Stuttgart kein Geschäftsmodell mit einem der Neobroker aufweisen, drohen Wettbewerber wie Lang & Schwarz Exchange in Hamburg oder Gettex in München den Rang abzulaufen. „Die Kunden wollen heutzutage schnell und günstig handeln – aufs Handy drücken und fertig“, bringt es ein Börsenhändler auf den Punkt.

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