CEO-Porträt

Vom Energieberater zum Eon-Innovator

Leonhard Birnbaums Karriere in der Energiewirtschaft ist steil und stringent verlaufen und hat ihn bis an die Spitze von Eon geführt. Seit einem Monat leitet das langjährige Vorstandsmitglied den Konzern, sein Aufstieg zum CEO war seit Ende...

Vom Energieberater zum Eon-Innovator

Von Daniel Wolf, Düsseldorf

Leonhard Birnbaums Karriere in der Energiewirtschaft ist steil und stringent verlaufen und hat ihn bis an die Spitze von Eon geführt. Seit einem Monat leitet das langjährige Vorstandsmitglied den Konzern, sein Aufstieg zum CEO war seit Ende vergangenen Jahres bekannt und schon deutlich früher vermutet worden. An der Größe der Herausforderungen, die nun auf den 54-Jährigen zukommen, ändert alle Vorbereitung gleichwohl nur wenig. Denn der Energieversorger Eon, den Johannes Teyssen seinem Amtsnachfolger Birnbaum nach über einem Jahrzehnt als Konzernchef hinterließ, ist ein gänzlich anderer als der Erzeuger Eon, der Birnbaum vor acht Jahren an Bord und in den Vorstand holte.

Das alte, fossile Kerngeschäft ist seit der Abspaltung von Uniper Geschichte, die Fronten zum ehemaligen Lokalrivalen RWE sind durch die Neuordnung beider Konzerne und das Innogy-Tauschgeschäft klar abgesteckt. Die Fahrtrichtung ist damit klar, aber Birnbaum muss die neue Strategie nun durchziehen. Das bedeutet: Eon als Dienstleister nach außen wie innen glaubwürdig vertreten und möglichst Wachstumspotenziale in der Energiewende aufzeigen.

Unter Birnbaum will Eon innerhalb der kommenden Jahre nicht nur die Integration von Innogy erfolgreich abschließen und hohe dreistellige Millionensynergien vorweisen. Der Essener Energieriese will auch weg vom Image des etwas langweiligen Strom- und Gasnetzbetreibers, der seine stabilen Ergebnisse zum größten Teil in regulierten Märkten generiert. Ohne Innovationen wird das kaum gehen.

Tatsächlich sieht Birnbaum große Wachstumschancen, die sich aus den Megatrends Nachhaltigkeit und Digitalisierung speisen. Jedes zusätzliche Windrad und jede Ladesäule für Elektromobilität müsse ans Verteilnetz angeschlossen werden, erklärte er bei der Bilanzvorlage im März zur Strategie der kommenden Jahre. Für Eon als größten Verteilnetzbetreiber Europas biete das ein riesiges Potenzial. Neue, digitale Lösungen für den Endkunden können dabei ein Verkaufsargument im umkämpften Vertrieb werden.

Birnbaum galt schon lange als kluger Analytiker – und als Favorit für die Nachfolge von Teyssen, trotz in­terner wie externer Suche nach geeigneten Kandidaten. Dem promovierten Ingenieur und früheren McKinsey-Berater kommt zugute, dass er an der großen Neuordnung der deutschen Versorgerlandschaft im Jahr 2018 entscheidenden Anteil hatte. Schließlich war er für die Übernahme und Zerschlagung der RWE-Netztochter Innogy verantwortlich, zwischenzeitlich auch als deren Vorstandsvorsitzender. Alle drei Konzerne kennt er von innen. Eon-Aufsichtsratschef Karl-Ludwig Kley will nun sehen, wie Eon zum neuen „Treiber der europäischen Energiewende im digitalen Zeitalter“ wird – und vertraut dabei auf den alten Bekannten als Neuen an der Spitze. Birnbaum sei ein „Brückenbauer“, wurde Kley bei der Verkündung der CEO-Nachfolge im Dezember in einer Konzernmitteilung zitiert.

Birnbaum wurde in Ludwigshafen geboren, studierte in Karlsruhe Chemieingenieurwesen und promovierte an der Universität Cottbus. Bei McKinsey in Düsseldorf begann er seine berufliche Laufbahn und machte schnell Karriere als Berater für Energiewirtschaft und Industrie. 2008 wechselte er dann zu RWE und galt als Strategiechef bereits hier eine Zeit lang als Kandidat für den CEO-Posten. 2013 kam stattdessen der Wechsel in den Vorstand des Konkurrenten Eon. Birnbaum besitzt neben der deutschen die italienische Staatsbürgerschaft, ist verheiratet und hat zwei Töchter.

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