VW-Chef Diess geht in die Verlängerung
Von Stefan Kroneck, München
Garniert mit guten Konzerneckdaten zum Halbjahr hat Herbert Diess es beim dritten Anlauf geschafft, eine Verlängerung seines Vertrags vom Aufsichtsrat (AR) der Volkswagen AG bestätigt zu bekommen. Nach einer mehrstündigen Sitzung des Kontrollgremiums teilte der Wolfsburger Mehrmarkenkonzern am Freitagabend nach Xetra-Handelsschluss mit, das Arbeitsverhältnis mit dem Vorstandsvorsitzenden vorzeitig um vier Jahre bis Oktober 2025 verlängert zu haben.
Mit einem neuen Vertrag in der Tasche kann nun der 62-jährige gebürtige Münchner mit österreichischem Pass durchstarten. Diess will mit einer überarbeiteten Strategie in Bezug auf die Elektromobilität die Weichen bis zum Ende der laufenden Dekade stellen. Der ehrgeizige CEO drückt bei der Transformation des Konzerns von der Produktion von Autos mit herkömmlichem Verbrennungsmotor hin zu batteriegetriebenen Fahrzeugen aufs Tempo. Die VW-Führung will ihr Konzept bis zum Jahr 2030 der Öffentlichkeit am Dienstag vorstellen.
Für Diess ist die Verlängerung vermutlich eine Genugtuung im hausinternen Ringen um die Ausrichtung der Unternehmensgruppe. Der seit April 2018 amtierende Vorstandschef ist im VW-Reich nicht unumstritten. Insbesondere im Lager der Arbeitnehmervertreter des AR machte er sich keine Freunde mit seiner teils als raubeinig wahrgenommenen Art, Dinge durchzusetzen.
Vor allem das Arbeitsverhältnis mit Ex-Konzernbetriebsratschef Bernd Osterloh (64) galt als angespannt. Die Betriebsräte befürchten einen Verlust von Arbeitsplätzen im Konzern, wenn Diess den gleichen Weg einschlägt wie der US-Elektroautobauer Tesla. Im Zuge von Osterlohs Wechsel im April zur börsennotierten VW-Nutzfahrzeugholding Traton als Personalvorstand ist dieser Dualismus nunmehr aber obsolet.
Zuvor machte Diess zwei erfolglose Anläufe zu einer vorzeitigen Vertragsverlängerung seines bis dahin 2023 auslaufenden Vertrags. Der frühere BMW-Einkaufs- und Entwicklungsvorstand war Mitte 2015 – wenige Monate bevor die Dieselabgasmanipulationen aufflogen – zu VW gewechselt, um dort zunächst den Posten des CEO der Kernmarke VW zu übernehmen. Die Eigentümerfamilien Porsche und Piëch unterstützten von Anfang an Diess’ Kurs, den Konzern zu einem Elektromobilitätsdienstleister umzubauen. Verkrustete Strukturen versuchte er aufzubrechen. Im Dezember vorigen Jahres stärkte der AR unter Leitung von Hans Dieter Pötsch dem CEO den Rücken (vgl. BZ vom 15.12.2020). Seinerzeit bekräftigte das Kontrollorgan den strategischen Kurs für einen Umbau zu einem Technologiekonzern und würdigte die Arbeit des CEO, konnte sich aber wider Erwarten noch nicht zu einer Vertragsverlängerung durchringen. Stattdessen beschloss der AR einen Neuzuschnitt von Zuständigkeiten. Über den Vertrag von Diess wurde damals nach Unternehmensangaben nicht beraten. Zuvor war kolportiert worden, der CEO habe mit Blick auf die von ihm forcierte Umsetzung der Strategie darauf gedrungen.