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VW gönnt sich endlich einen Chefstrategen

Von Peter Olsen, Frankfurt Börsen-Zeitung, 27.10.2015 Wie? Das gab es in Wolfsburg bisher nicht? Der kriselnde Absatzriese Volkswagen, nach Toyota aktuell weltweit der Stückzahl nach die Nummer 2, schafft zum 1. November die neue Position eines...

VW gönnt sich endlich einen Chefstrategen

Von Peter Olsen, FrankfurtWie? Das gab es in Wolfsburg bisher nicht? Der kriselnde Absatzriese Volkswagen, nach Toyota aktuell weltweit der Stückzahl nach die Nummer 2, schafft zum 1. November die neue Position eines Chefstrategen. Damit scheint endgültig die “Strategie 2018” des früheren Konzernlenkers Martin Winterkorn der Vergangenheit anzugehören. “Unter Winterkorn galten Strategen als überflüssig”, heißt es in der jüngsten Ausgabe des “Manager Magazins”. Strategie habe sich darin erschöpft, neue Autos oder Baukästen zu entwickeln. Vielleicht ein Grund, warum VW-Patriarch Ferdinand Piëch im Frühjahr “auf Distanz” zu Winterkorn ging? Branchenerfahrener BeraterDen neu geschaffenen Posten übernimmt mit Dr. Thomas Sedran ein branchenerfahrener Sanierungsexperte mit Berater-Know-how. Denn der 51-jährige gebürtige Augsburger war schon für Roland Berger und für Alix Partners als Strategieberater in der Automobilsparte unterwegs. 2002 wurde er zur GM-Tochter Adam Opel in den Vorstand gerade für Geschäftsentwicklung und Unternehmensstrategien geholt. Für den glücklosen CEO Karl-Friedrich Stracke übernahm er sogar vorübergehend die Leitung in Rüsselsheim, ehe er für den aktuellen Vorstandschef Karl-Thomas Neumann 2013 selbst an der Opel-Spitze wieder Platz machen musste.Danach war Sedran für die GM-Marken Chevrolet und Cadillac in Europa zuständig. Eine wenig prickelnde Aufgabe für den ehrgeizigen Sedran, zumal Chevrolet auf Druck Neumanns wenig später zu Gunsten Opels den Rückzug aus Europa einleitete und mit der US-Marke Cadillac auf dem Alten Kontinent auch im x-ten Anlauf gegen die Premium-Platzhirsche wie Audi, BMW und Mercedes kein Staat zu machen ist. Kein Wunder also, dass Sedran sein GM-Engagement zur Jahresmitte 2015 “auf eigenen Wunsch” beendete. Nicht von Belang bleibt sein kurzes Gastspiel bei Accenture.Im erweiterten Führungskreis – Sedran hat keinen Vorstandsrang und berichtet direkt an VW-Konzernchef Matthias Müller – tummeln sich mittlerweile drei frühere Opelaner in Wolfsburg. Seit Mitte 2001 sitzt mit Francisco Javier Garcia Sanz ein ehemaliger Opelaner als Einkaufschef im Konzernvorstand von Volkswagen. Der 58-jährige Madrilene zählte zu den “López-Kriegern” der neunziger Jahre, als sich VW unter Ferdinand Piëch und General Motors einen harten und für Volkswagen letztlich teuren juristischen Kampf um den Kostenkiller López lieferten.Mit dem mittlerweile 65-jährigen Hans Demant steht seit Oktober 2010 ein weiterer ehemaliger Opel-Chef in den Diensten des Wolfsburger Konzerns. Der aus Wiesbaden stammende Corsa-Entwickler soll für Volkswagen endlich den Einstieg ins Billigsegment schaffen. Das Projekt Budget Car braucht aber Jahr um Jahr länger, zumal der Wunschpartner Suzuki auf dem erhofften gemeinsamen Weg nach Streitereien abhandengekommen ist. Frisches BlutIm Zuge der Aufarbeitung des Dieselabgasskandals ist kritisiert worden, dass durch die Berufung von VW-Urgestein und Porsche-Chef Müller an die Konzernspitze sowie des Konzern-CFO Hans Dieter Pötsch zum neuen Vorsitzenden des Aufsichtsrats die Chance für einen wirklichen Neuanfang bei Volkswagen verpasst worden sei. Die jüngsten Personalentscheidungen wie die Bestellung der Daimler-Compliance-Spezialistin Dr. Christine Hohmann-Dennhardt zum 1. Januar 2016 in das neue VW-Vorstandsressort Integrität und Recht, aber auch des Strategieplaners Sedran weisen aber darauf hin, dass Müller mit Schwung dabei ist, mit frischem Blut von außen den Wolfsburger Konzern umzukrempeln. Dabei kann er sich auch auf die Expertise der erst von außen hinzugestoßenen Vorstände für die Marke VW, Herbert Diess (früher BMW), und für das Truckgeschäft, Andreas Renschler (früher Daimler), stützen.