Wechsel an der Spitze wird zur Hängepartie
Von Bernd Neubacher, Frankfurt, und Angela Wefers, Berlin
Die Neubesetzung der BaFin-Präsidentschaft entwickelt sich zur Hängepartie. Zwei Wochen vor dem für Ende März angekündigten Abschied von Amtsinhaber Felix Hufeld, dessen Rücktritt Ende Januar angekündigt wurde, ist die Frage der Nachfolge nach wie vor ungeklärt. Bis eine Liste mit in die engere Auswahl gekommenen Personen erstellt ist, dürfte es dem Vernehmen nach ein bis zwei Monate dauern. Jedenfalls wird bei Beobachtern so gut wie ausgeschlossen, dass die vom Bundesfinanzministerium mit der Suche nach einer Besetzung der Vakanz beauftragten Personalberatungsfirmen in den kommenden Tagen noch fündig werden und bis Monatsende die notwendigen Vorbereitungen für eine reguläre Neubesetzung getroffen werden können.
Röseler für Hufeld
Nach Informationen der Börsen-Zeitung steuert die Aufsichtsbehörde daher auf eine Interimslösung zu: Raimund Röseler soll als Dienstältester aus dem sechsköpfigen Direktorium übergangsweise die Leitung übernehmen. Der 59-Jährige, seit Juni 2011 Exekutivdirektor Bankenaufsicht, hätte zwar keinen offiziellen Titel, würde aber de facto die Führung übernehmen und etwa die Sitzungen des Direktoriums leiten, bis die Spitze permanent besetzt ist. Entscheiden wird darüber das Bundesfinanzministerium.
Ein potenzielles Problem: In Röselers Zuständigkeitsbereich war die Aufsicht über den im vergangenen Jahr kollabierten Zahlungsdienstleister Wirecard gefallen. Als alternative Interimslösung käme als zweitdienstältestes Direktoriumsmitglied Frank Grund in Frage, der seit 2015 als Exekutivdirektor die Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht verantwortet. Sollte es in einem Interregnum Grunds allerdings im Bankensektor unversehens zu einer Schieflage wie im Fall der Greensill Bank kommen, würde es in der Öffentlichkeit vermutlich ebenfalls als suboptimal empfunden, dass bei der BaFin ein Versicherungsexperte am Ruder ist. Es wäre das erste Mal seit Gründung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) im Mai 2002, dass die Behörde kommissarisch geleitet wird. Hufeld war 2015 auf Elke König gefolgt, die den ersten Präsidenten Jochen Sanio abgelöst hatte. Eine Sprecherin der BaFin äußerte sich auf Anfrage am Mittwoch weder zur Neubesetzung der BaFin-Spitze noch zu über Ende März hinausreichenden Szenarien. Das Bundesfinanzministerium äußerte sich am Mittwoch nicht zum Verlauf der Personalsuche.
Die Suche zieht sich auch deshalb, weil sie nach dem Wirecard-Skandal weltweit stattfindet und offenbar vor allem externe Kandidaten und Kandidatinnen angesprochen werden. Da sind vor einer Berufung mehr Fragen zu klären, als wenn, wie etwa im Falle Hufelds, ein Direktoriumsmitglied an die Spitze rückt.
Dem Hörensagen nach sind unter anderem Personen auf EU-Ebene angesprochen worden, bislang indes ohne greifbares Ergebnis. Nach Bekanntgabe von Hufelds Demission war im Markt unter anderem der Name von Verena Ross gefallen. Das Mandat der Exekutivdirektorin der European Securities and Markets Authority (ESMA) läuft Ende Mai aus; allerdings wird Ross zugleich als Nachfolgerin von ESMA-Chair Steven Maijoor gehandelt. Von Reuters zitierte Branchenexperten hatten außerdem die Leiterin der Finanzmarktabteilung im Bundesfinanzministerium, Eva Wimmer, und den Finanzchef der Deutschen Bahn, Levin Holle, ins Spiel gebracht.
Aus dem Kreise interner Kandidaten wurde Thorsten Pötzsch, dem für Bankenabwicklung, unerlaubte Geschäfte und Geldwäsche zuständigen BaFin-Exekutivdirektor, der nötige Ehrgeiz und das Selbstbewusstsein nachgesagt, ein höheres Amt anzustreben. Pötzsch könnte allerdings auch zu den Aspiranten auf die Leitung der künftigen EU-Behörde für Geldwäscheprävention zählen. Sabine Lautenschläger, Ex-BaFin-Exekutivdirektorin Bankenaufsicht, Ex-Vize der Bundesbank, früheres Mitglied im Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht sowie bis 2019 stellvertretende Vorsitzende der EZB-Bankenaufsicht, soll bereits abgewunken haben, wie der Börsen-Zeitung zugetragen wird.
Zumindest in der EZB wird es kaum jemanden überraschen, dass die 56-Jährige ihr Leben abseits der Finanzaufsicht zu gestalten plant. Im vorvergangenen Jahr hatte sie die EZB bereits zum Ende ihrer regulären Amtszeit verlassen, ohne dem Drängen des damaligen EZB-Präsidenten Mario Draghi nachzugeben und an Bord zu bleiben, bis dieser ihre Nachfolge geregelt hatte.
Pötzsch für Roegele
Neben der Präsidentschaft dürfte bei der BaFin auch die Exekutivdirektion Wertpapieraufsicht interimsweise zu regeln sein: Amtsinhaberin Elisabeth Roegele, in deren Beritt im Februar 2019 das berüchtigte Leerverkaufsverbot für Wirecard-Aktien ersonnen wurde, nimmt Ende April ihren Hut. Ihre Aufgaben soll fürs Erste Thorsten Pötzsch zusätzlich übernehmen. Der Volljurist leitete in früheren Jahren im Bundesfinanzministerium das Referat Börsen- und Wertpapierwesen sowie von 2007 bis 2016 als Ministerialdirigent die Unterabteilung für Finanzmarktregulierung, nationale und internationale Finanzmärkte. Am Montag vertrat Pötzsch die BaFin in einer Anhörung des Bundestagsfinanzausschusses zum Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG).