Fluktuation bei den CEOs und CFOs nimmt zu
Fluktuation bei den CEOs und CFOs nimmt zu
Dax-Konzerne setzen auf Bewährtes – Zahlreiche Wechsel im Finanzressort
Politisch und wirtschaftlich war 2024 noch herausfordernder als das Vorjahr: Kriege in der Ukraine und in Israel, das Ende des Assad-Regimes in Syrien, Regierungs-Aus in Deutschland und Frankreich, Regierungskrise in Korea, Europas Industrieschwäche, Inflationsbekämpfung, aufwändige Weichenstellungen für vielfältige Transformationsprozesse, US-Wahlen mit Donald Trumps erneutem Sieg und seinen Androhungen von hohen Zöllen oder auch einem Nato-Austritt.
Bewegtes Jahr 2024
Bewegt war das zu Ende gehende Jahr auch in personeller Hinsicht in der Wirtschaftswelt. So hat der Frauenanteil im Top-Management der größten deutschen Börsenkonzerne einen Höchstwert erreicht. Erstmals ist mehr als ein Viertel der Vorstände in den 40 Dax-Unternehmen weiblich, wie eine Analyse der Organisation „Frauen in die Aufsichtsräte“ (Fidar) zeigt.
Drei Frauen an die Spitze
Allein in der zweiten Jahreshälfte wurden im Dax demzufolge sieben Frauen in die Führungsriege bestellt. Zudem standen im zu Ende gehenden Jahr erstmals drei Frauen an der Spitze eines Dax-Konzerns: Zur seit Mai 2021 amtierenden Merck-Chefin Belén Garijo gesellte sich Bettina Orlopp (54), die Anfang Oktober nach dem Abschied von CEO Manfred Knof (59) die Führung der Commerzbank übernahm, als die italienische Großbank Unicredit zur Übernahme der zweitgrößten Privatbank Deutschlands ansetzte. Die Rückkehr in den Dax haben Knof und Orlopp noch als Team eingeläutet. Den Kampf um die Unabhängigkeit der gelben Bank wird Orlopp ohne ihn führen müssen. Mittlerweile hat Unicredit sich eine Beteiligung von 28% an dem Institut gesichert.
Drtitte Frau an der Spitze eines Dax-Unternehmens
Ebenfalls im Oktober übernahm die Schwedin Karin Rådström als Vorstandsvorsitzende das Ruder bei Daimler Truck und wurde damit die dritte Frau an der Spitze eines Dax-Konzerns. Die ehemalige Scania-Managerin hatte bis dahin das Geschäft in Europa und Lateinamerika und die Marke Mercedes-Benz Lkw geleitet. Die 45-jährige Ingenieurin folgte auf Martin Daum, dessen Abschied Aufsichtsratschef Joe Kaeser auf der Hauptversammlung Mitte Mai angekündigt hatte.
Beide Besetzungen sind Beispiele dafür, dass Konzerne in Zeiten hoher Ungewissheit auf Kontinuität setzen und diese Positionen aus eigenen Reihen besetzen. Gleiches gilt etwa auch für die Deutsche Börse, die die Nachfolge für ihren zum Jahresende scheidenden Chef Theodor Weimer zum ersten Mal überhaupt intern geregelt hat. Stephan Leithner (57) wird von 2025 an die Geschicke der Börse alleine leiten, nachdem er seit Oktober gemeinsam mit Weimer als Doppelspitze des Dax-Konzerns agiert hat.
BASF setzt auf Beständigkeit
Beständigkeit zeigt sich auch bei der Neubesetzung der BASF-Führung, denn der neue Chef Markus Kamieth (53), der im April an die Spitze rückte, arbeitet bereits seit 25 Jahren im weltgrößten Chemiekonzern. Er übernimmt das Ruder in einer sehr schwierigen Phase für die Chemieindustrie. Sein Vorgänger Martin Brudermüller verlässt die Bühne nach 36 Jahren.
Bereits im Mai hatte Zalando-Mitgründer und Co-CEO David Schneider seinen Rückzug angekündigt und seine Position im September dann an David Schröder (42), bis dahin Chief Operating Officer, übergeben. Schneider will sich als Vorstand verstärkt auf den Aufbau von Partnerschaften und die Weiterentwicklung der Marke konzentrieren. Mitgründer Robert Gentz behält derweil seine Rolle als Co-Chef beim Online-Modehändler.
Wechsel bei Symrise überrascht
Überraschend erfolgte indes im Februar die Ankündigung des Chefwechsels beim Duft- und Aromenhersteller Symrise. Der langjährige Lenker Heinz-Jürgen Bertram (65) ging eineinhalb Jahre vor Ende seines Vertrags Ende März in den Ruhestand. Der Aufsichtsrat hat mit dem gebürtigen Franzosen Jean-Yves Parisot (60) einen Nachfolger aus dem bestehenden Vorstand berufen und dessen Vertrag bis Ende September 2028 verlängert.
Beim weltweit drittgrößten Rückversicherer Hannover Rück löst Finanzvorstand Clemens Jungsthöfel (54) am 1. April 2025 Jean-Jacques Henchoz (60) als Vorstandschef ab. Henchoz verlängerte überraschend seinen auslaufenden Vertrag nicht und scheidet zum 31. März 2025 aus. Dabei verabschiedet er sich mit einer beachtlichen Erfolgsbilanz: Der Börsenwert hat sich seit 2019 auf 29 Mrd. Euro fast verdoppelt.
Sartorius setzt auf externe Vertärkung
Sartorius hat hingegen mit Michael Grosse (57) einen externen Nachfolger für den langjährigen Vorstandschef Joachim Kreuzburg gefunden. Grosse war bis Oktober 2023 Vorsitzender der Geschäftsführung der Syntegon-Gruppe, einem Anbieter von Prozess- und Verpackungstechnologie. Das Life-Science-Unternehmen Sartorius hatte Anfang Juli darüber informiert, dass der 59 Jahre alte Kreuzburg mit Ablauf seines Vertrags im November 2025 keine weitere Amtszeit anstrebe.
Und da bei MTU Aero Engines Vorstandschef Lars Wagner seinen Ende 2025 auslaufenden Vertrag ebenfalls nicht verlängern wollte, war der Konzern gezwungen, einen Nachfolger zu finden. Der 49-Jährige wird neuer Chef der Passagier- und Frachtflugzeugsparte von Airbus werden. Vor wenigen Tagen wurde verkündet, dass Johannes Bussmann die Konzernspitze zeitnah übernehmen soll. Der frühere Chef von Lufthansa Technik und derzeitige CEO vom TÜV Süd gehört seit dem 8. Mai dieses Jahres dem Aufsichtsrat von MTU an. Damit ist auch der Münchner Triebwerkzulieferer in gewisser Weise in den eigenen Reihen fündig geworden.
Viele Vertragsverlängerungen
Wie wichtig es vielen Dax-Konzernen ist, in unruhigen Zeiten auf Bewährtes zu setzen, lässt sich indes auch an zahlreichen Vertragsverlängerungen erkennen. So wird Roland Busch (59) Siemens bis in das nächste Jahrzehnt hinein führen. Der Aufsichtsrat des Münchner Konzerns kündigte die Verlängerung des Vertrags zum 1. April 2025 um fünf Jahre an. Ebenso herrscht Konstanz an der Spitze des Rüstungskonzerns Rheinmetall: Der Vertrag von CEO Armin Papperger, der den Konzern seit knapp zwölf Jahren führt, wird vom 1. Januar 2025 an geltend um fünf Jahre verlängert.
Bemerkenswert ist derweil die Wechselhäufigkeit auf der CFO-Position. Im Dax beläuft sich die durchschnittliche Verweildauer nur noch auf 4,6 Jahre. Die Vorstandschefs aus dem Dax, die 2024 ausschieden, hatten ihren Posten immerhin durchschnittlich 7,7 Jahre inne. Das hat die Personalberatung Russell Reynolds ermittelt und verweist auf eine steigende Nachfrage bei Finanzvorständen. Mit Kristin Neumann von Brenntag, Olaf Schick von Continental, Dagmar Steinert von Rheinmetall und Sandra Dembeck von Zalando haben 2024 gleich vier CFOs von Dax-Konzernen ihre Demission angekündigt. Es scheint, als gerate in wirtschaftlich schwierigen Zeiten der CFO-Sessel zum Schleudersitz.
Viele neue Finanzvorstände
Im siebenköpfigen Vorstand von Daimler Truck ist Karin Rådström jedenfalls seit April dieses Jahres nicht mehr die einzige Frau: Eva Scherer (40), die 20 Jahre lang für Siemens tätig war, ist nun für Finanzen zuständig. Derweil fungiert die 48-jährige Claire-Marie Coste-Lepoutre seit Jahresanfang als Finanzvorständin bei der Allianz, nachdem sie Giulio Terzariol abgelöst hatte. Kristin Neumann verzichtet unterdessen aus persönlichen Gründen auf eine Vertragsverlängerung als Finanzchefin und scheidet im März 2025 aus dem Brenntag-Vorstand aus. Zum Jahresende 2024 verlässt auch die 59 Jahre alte Rheinmetall-CFO Dagmar Steinert den Rüstungskonzern. Ihr Nachfolger wird Klaus Neumann (54), derzeit Zentralbereichsleiter Accounting und bereits seit zwölf Jahren für Rheinmetall tätig.
Und auch Zalando muss sich auf die Suche nach einer neuen Besetzung für das Finanzressort im Vorstand begeben. Die bisherige CFO Sandra Dembeck, die im März 2022 zum Unternehmen gestoßen war, will ihren Vertrag, der noch bis Ende Februar läuft, nicht mehr verlängern und stattdessen eine neue berufliche Herausforderung annehmen. An einer Nachfolgelösung werde gearbeitet, heißt es.
Umfangreiches Stühlerücken bei Eon
Derweil nimmt Eon den Abgang von Vorstandsmitglied Patrick Lammers, der seinen Vertrag auslaufen lässt, zum Anlass für ein größeres Stühlerücken im Vorstand. Finanzchef Marc Spieker wird zur Jahresmitte Chief Operating Officer, das Finanzressort geht an Nadia Jakobi (47), die derzeit das Handelsgeschäft leitet. Die Neuaufstellung der Führungsriege gelingt auch hier aus den eigenen Reihen, denn Jakobi arbeitet seit 2001 für Eon, unterbrochen nur von einem dreijährigen Ausflug zu Uniper.
Und auch bei Hannover Rück gibt es Veränderungen, nicht nur an der Spitze. Christian Hermelingmeier (43) übernimmt parallel zum Wechsel zu Jungsthöfel als CEO den Posten des CFO. Der promovierte Wirtschaftsmathematiker ist seit September 2020 Finanzvorstand bei HDI Global. Zuvor war er bei der Talanx Gruppe, zu der sowohl der HDI als auch mehrheitlich Hannover Re gehören.
Nachfolge bei Continental noch offen
Bei Continental legt unterdessen Olaf Schick sein Vorstandsmandat nach Vorbereitung des Spin-offs zum 30. September 2025 vorzeitig nieder, nachdem er seit Mai 2023 Vorstand für Integrität und Recht und seit Juli 2024 auch für Finanzen beim Autozulieferer zuständig war. Eigentlich war er bis April 2026 bestellt. Über Schicks Nachfolge hat das Unternehmen in Hannover noch nicht entschieden. Derweil war bereits seit Dezember 2022 bekannt, dass der ehemalige Finanzchef der Duisburger Familienholding Haniel, Florian Funck, im April 2024 als CFO zum Laborausrüster Sartorius wechseln würde.
Die Ungewissheiten nehmen zu, das spiegelt sich auch bei den Veränderungen in den Vorstandsetagen. Zwar setzen Unternehmen oft auf Bewährtes, doch insbesondere auf der Position des CFO steigt die Wechselhäufigkeit.