Werner Baumann 60
Von Annette Becker, Köln
Mit der größten Übernahme der Firmengeschichte wollte Werner Baumann in die Annalen des Traditionskonzerns Bayer eingehen. Das ist ihm zweifelsohne gelungen, auch wenn sich die Transaktion der Superlative – die Rede ist von der Akquisition des US-Saatgutherstellers Monsanto – als größte Herausforderung der mehr als 150-jährigen Firmengeschichte entpuppen sollte. Dem Klagedebakel rund um Glyphosat und PCB – beide Themen sind bis heute nicht vom Tisch – schloss sich in der Hauptversammlung 2019 ein weiteres Drama an: Erstmals wurde der Vorstand eines Dax 30-Unternehmens nicht entlastet.
Baumann, der am 6. Oktober sein 60. Lebensjahr vollendet, dürfte sich seine erste Amtszeit als Vorstandschef von Bayer sicher anders vorgestellt haben. Dennoch steht der Manager bis heute mit voller Überzeugung hinter der Transaktion, die er 2016 nur wenige Wochen nach seinem Wechsel an die Vorstandsspitze auf den Weg brachte. Auch vom Aufsichtsrat, der seit der Hauptversammlung 2020 unter der Leitung von Norbert Winkeljohann steht, gab und gibt es Rückendeckung. Denn es war Winkeljohann, der Baumanns Vorstandsvertrag im Herbst 2020 verlängerte – mutmaßlich gegen den Widerstand einzelner Großaktionäre. Zwar erhielt der Bayer-Chef nur einen bis Ende April 2024 laufenden Vertrag, um die um ein Jahr verkürzte Laufzeit soll Baumann jedoch mit Blick auf seine persönliche Lebensplanung selbst gebeten haben.
Das ist angesichts des bis heute anhaltenden Missmuts im Kreis der Investoren mehr als nachvollziehbar. Schon nach dem HV-Debakel soll sich Baumann ernsthaft mit Rücktrittsgedanken getragen haben. Wie bei seinem Vorvorgänger Werner Wenning überwog am Ende aber das Pflichtbewusstsein. Was insofern nicht verwundert, als auch Baumann sein gesamtes Berufsleben bei Bayer verbracht hat. Von daher wäre es auch verfehlt, die Leistung des gebürtigen Krefelders auf die vermaledeite Monsanto-Übernahme einzuengen.
Vom CFO zum CEO
Baumann war nach dem Wirtschaftsstudium 1988 in die Dienste von Bayer getreten und hatte sich seine ersten Sporen im Ressort Konzernfinanzen verdient. Von dort führte ihn der Weg nach Spanien und in die USA. Nach der Rückkehr nach Deutschland im Sommer 2002 wurde er Mitglied im Executive Committee von Bayer Healthcare, der Sparte, die wenig später in einen der vier Teilkonzerne überführt wurde. Als Vorstandsmitglied dieses Teilkonzerns war Baumann an federführender Stelle an der Integration von Schering beteiligt.
Zeitgleich mit dem Wechsel von Wenning auf Marijn Dekkers im Januar 2010 rückte der vierfache Vater in den Konzernvorstand auf mit Zuständigkeit für Finanzen. Im Oktober 2014 wurde er de facto zum designierten CEO gekürt, nachdem Dekkers seinen Vorstandsvertrag nur um zwei Jahre verlängern ließ. Dekkers schied letztlich schon Ende April 2016 aus. Seither steht Baumann an der Vorstandsspitze von Bayer.
Dass kürzlich erneut die Nachfolgedebatte angestoßen wurde, dürfte Baumann in der Überzeugung gestärkt haben, dass die Entscheidung zum vorzeitigen Ende seiner Bayer-Laufbahn die einzig richtige war. Denn wenn es bereits die Beauftragung einer Personalberatung mit der Suche nach einem externen Kandidaten in die Medien schafft, ist das Rennen um die Nachfolge offiziell eröffnet. Nach außen lässt sich Baumann von all dem jedoch nichts anmerken. Betont sachlich und nüchtern begleitete er kürzlich einen Trupp deutscher Journalisten durch das neue Forschungscenter in Boston, das er bis dato selbst noch nicht in Augenschein genommen hatte. Wohl mehr als ein Zufall, dass just an diesem Tag die Nachricht von der externen Nachfolgesuche die Runde gemacht hatte.