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White übernimmt Scherbenhaufen

Von Andreas Hippin, London Börsen-Zeitung, 11.1.2020 Sharon White (52) wird in ihrem neuen Job wesentlich schwierigere Probleme lösen müssen als gedacht. Wenn sie im kommenden Monat beim Traditionsunternehmen John Lewis Chairman Charlie Mayfield...

White übernimmt Scherbenhaufen

Von Andreas Hippin, LondonSharon White (52) wird in ihrem neuen Job wesentlich schwierigere Probleme lösen müssen als gedacht. Wenn sie im kommenden Monat beim Traditionsunternehmen John Lewis Chairman Charlie Mayfield ablöst, übernimmt sie einen Scherbenhaufen. Paula Nickolds, die Chefin der Kaufhauskette, schmiss nach nur zwei Jahren hin. Wenn sie geht, verlassen 25 Jahre Erfahrung das mitarbeitergeführte Unternehmen. John Lewis verzeichnete in den sieben Wochen zum 4. Januar auf vergleichbarer Basis einen Umsatzrückgang von 2 %. Beim Rivalen Fortnum & Mason stieg der Umsatz im Weihnachtsgeschäft dagegen um 15 %. Das bereinigte Ergebnis von John Lewis dürfte wesentlich niedriger als im Vorjahr ausfallen.Beim ebenfalls zur Gruppe gehörenden Edelsupermarkt Waitrose wird ein Ergebnis auf Vorjahresniveau erwartet. Dessen Chef Rob Collins hatte sich schon im Oktober verabschiedet. Kommenden Monat wird der Board der 156 Jahre alten Gruppe entscheiden, ob den 80 000 Partnern erstmals seit der Einführung im Jahr 1953 der Bonus gestrichen werden muss. Stark geschrumpft ist er ohnehin seit 2008. Belief er sich damals noch auf 20 % des Gehalts, waren es zuletzt noch gerade einmal 3 %.White war schon für das Schatzamt, die britische Botschaft in Washington und die Weltbank tätig, bevor sie 2015 die Führung des Telekomregulierers Ofcom übernahm. Die Karrierebeamtin sitzt im Board des Wohnungsbaukonzerns Barratt Developments und galt als Kandidatin für die Nachfolge von Mark Carney an der Spitze der Bank of England. Ihre Eltern wanderten in den fünfziger Jahren aus Jamaika ein. Auf der Liste der zehn einflussreichsten Briten afrikanischer oder afrokaribischer Herkunft von Powerlist, die seit 2007 erstellt wird, findet sie sich auf Platz 2.Die Cambridge-Absolventin sei keine konventionelle Kandidatin für das Amt, sagte Mayfield. Aber es seien auch keine konventionellen Zeiten für den Einzelhandel, und John Lewis sei auch keine konventionelle Firma. Seine Karriere hatte einst als Offizier der Scot Guards begonnen.Dem Unternehmen drohen dunkle Tage. White wird unter Beweis stellen müssen, dass sie auch zupacken kann. Unpopuläre Entscheidungen wie die Schließung unrentabler Warenhäuser werden sich nicht vermeiden lassen. Bislang forderte John Lewis lediglich ihre Vermieter zu Mietsenkungen auf. Die Rivalen Debenhams und Marks & Spencer schlossen dagegen bereits vielerorts Niederlassungen. Unter ihrer Führung wird sich zeigen, ob die Zusammenlegung des Managements von Kaufhäusern und Supermärkten, durch die eine von drei Führungspositionen gestrichen werden soll, ein Erfolg wird.Dem Unternehmen macht sein bemerkenswert guter Ruf mittlerweile mehr zu schaffen, als er ihm nützt. Den Kunden wurde eingetrichtert, bei Qualität, Beratung und Service immer ein bisschen mehr erwarten zu dürfen als bei den Wettbewerbern. Zugleich warb John Lewis damit, sich beim Preis nicht unterbieten zu lassen. Das lässt sich angesichts des intensiven Preiswettbewerbs und der wesentlich schlankeren Aufstellung der Rivalen kaum noch aufrechterhalten. Auch die alljährliche Fokussierung auf einen kostspieligen, aber altmodischen Weihnachtswerbespot gehört auf den Prüfstand.