Wie Rainer Hundsdörfer alten Glanz nach Heidelberg bringen will
Von Daniel Schauber, MannheimTypisch Rainer Hundsdörfer: Gerade drei Tage im Amt, schon gibt er vor, wo es bei Heidelberger Druck künftig langgeht. Erst mal hundert Tage abwarten? Nichts für einen zupackenden Manager wie ihn, der gleich loslegen will.”Ich will Heidelberger Druck wieder zu altem Glanz verhelfen”, formuliert er im Hinterzimmer in Mannheim – abseits der Firmenzentrale – in kleinem Kreis ein kühnes Ziel. An die Arbeit seines Vorgängers Dr. Gerold Linzbach (60), der den Turnaround des knapp der Pleite entronnenen Druckmaschinenherstellers nach vielen Verlustjahren bewerkstelligte und schwer erkrankte, will er nahtlos anschließen. Nach dem Branchenfremden Linzbach, der weniger auf Maschinenbau und stärker auf Service setzte und sich jetzt auf seine Genesung konzentriert, steht mit Hundsdörfer wieder ein in der Wolle gefärbter Maschinenbauer an der Spitze.Das Rad zurückdrehen will er nicht. “Heidelberg wird Maschinenbauer bleiben, aber nur zum Teil”, sagt der Neue. Aus dem ehemals stark von Printwerbung abhängigen reinen Maschinenbauer will er einen “Serviceprovider” schmieden, der auch an Verbrauchsmaterialien kräftig mitverdient und mit Maschinen für den Druck hochwertiger Verpackungen auf der Welle des boomenden Online-Handels mitschwimmt. Und den Vertrieb will er digitalisieren. “Der Amazon für den Druckshop” soll aus der alteingesessenen Maschinenfabrik unter ihm werden.Nach drei Tagen im Amt kennt Hundsdörfer erstaunlich viele Details. Er hatte Zeit, sich vorzubereiten: Der kantige Manager, der nicht lang um den heißen Brei herumredet, hatte den Ventilatorenhersteller EBM-Papst, den er seit 2012 führte, Ende April wegen unterschiedlicher Auffassungen über die Unternehmensführung verlassen. Bitterer AbschiedDer Topmanager macht kein Geheimnis daraus, dass es ein bitterer Abschied war: “Meine Zeit bei EBM-Papst war leider zu kurz, ich hätte dort gern noch die nächsten zehn Jahre verbracht”, sagt er freimütig, und auch das noch: “Es ist manchmal mit den Gründern, wenn sie jenseits der 80 sind, schwierig. Und ich bin auch keine 30 mehr und lasse mich nicht mehr so verbiegen.” Wenn man Verantwortung habe, müsse man auch bestimmen dürfen, wo es lang gehe, sagt der 59-Jährige.Bei Heidelberg wird er das können, dessen zeigt er sich gewiss – auch wenn ihm bei einem börsennotierten Konzern kaum weniger Leute im Nacken sitzen: Aufsichtsrat, Aktionäre, Analysten, Kreditgeber, Betriebsräte, Journalisten. Bei einem börsennotierten Unternehmen sei der Aktienkurs Gradmesser des Erfolgs – anders als in einem Familienunternehmen. “Solange Sie Erfolg haben, ist alles in Ordnung.” Das sei bei Familienunternehmen anders. Dort sei man ständig “der Willkür und den Launen Einzelner ausgesetzt”, selbst wenn es gut laufe. Davon hat er ganz offenbar genug.Und dennoch waren es Familienkonzerne, die sein gesamtes Berufsleben und auch ihn prägten. Trumpf, Weinig, Schaeffler, EBM. Der gebürtige Tübinger, der Feinwerktechnik und Wirtschaftsingenieurwesen studierte, war von1986 bis 2003 beim Werkzeugmaschinenbauer Trumpf in Ditzingen, bevor er 2003 Vorstandsvorsitzender beim Holzmaschinenbauer Michael Weinig in Tauberbischofsheim wurde, der in kuwaitischem Besitz ist. Von 2008 bis 2012 leitet er die Sparte Industrie beim familiär dominierten Zulieferer Schaeffler im mittelfränkischen Herzogenaurach, bevor er als Vorsitzender der Geschäftsführung zu EBM-Papst nach Mulfingen im Hohenlohischen wechselte.Vor allem die 17 Jahre bei Trumpf, damals unter der Führung von Berthold Leibinger, haben ihn geformt. Wenn er von Trumpf redet, sagt er heute noch “wir”. Auch bei Trumpf wäre er gern länger geblieben, auch dort “war dann aber ein bisschen zu viel Familie”, wie er sagt, durch die er sich letztlich in seiner Entwicklung als Manager gehemmt fühlte. Wie bei EBM-Papst.Nun also Börse statt Familie, Heidelberg statt Mulfingen. Immer noch Maschinenbau im Ländle, aber der Kontrast zu einem gut geführten Familienkonzern ist brutal: Bankschulden bis zur Halskrause, schwache Ertragskraft, 6 % Eigenkapitalquote. Hundsdörfer zeigt sich durch nichts davon beunruhigt. Heidelberg sei stabilisiert, jetzt soll es unter seiner Führung langsam aufwärtsgehen. Es darf nicht allzu viel schiefgehen. Eine weitere Kapitalerhöhung weist er weit von sich. Auch die Notwendigkeit, Geld zu leihen, sei nicht da. “Wenn wir Geld leihen müssten, wäre das ungeschickt” – das räumt er ein. Geholt hat ihn Aufsichtsratschef Siegfried Jaschinski persönlich, den er im Sommer zufällig traf und der ihm sagte, er brauche “demnächst mal einen neuen Chef” in Heidelberg. Und Hundsdörfer stand zur Verfügung und setzte sich im Auswahlprozess durch. Von fern bewundertSchon als er bei Trumpf war, hat er Heidelberg aus der Ferne immer bewundert. “Heidelberg war immer eine supertolle Firma. Bei Trumpf ging es immer up und down, und wir haben voller Neid nach Heidelberg geschaut und gesagt: Bei uns haut es immer voll rein, und die kennen keine Krise.”Das ist lange her, und ob sein Vorgänger Linzbach Heidelberg nun wieder krisenfest aufgestellt hat, will Hundsdörfer nach drei Tagen im Amt nicht beurteilen. Ihn reize die Aufgabe, nach der Stabilisierung nun die digitale Transformation voranzutreiben. “Geld”, sagt Hundsdörfer, “war nie der Hauptmotivator für das, was ich in meinem Berufsleben gemacht habe.”