Wilders als Premier in Anwartschaft
Wilders als Premier in Anwartschaft
Der niederländische Rechtsaußen Geert Wilders hat mit großer Geste auf das Amt des Premierministers verzichtet. Obwohl seine Partij voor de Vrijheid die Parlamentswahlen Ende November mit großem Abstand vor den Sozialdemokraten (Partij van de Arbeid) unter Frans Timmermans und der konservativen VVD des amtierenden Ministerpräsidenten Mark Rutte gewonnen hat, erklärte der 60-jährige Islamgegner und Europakritiker auf der Plattform X pathetisch: „Die Liebe zu meinem Land und meinen Wählern ist groß und wichtiger als meine eigene Position.“ Er hätte nur Premier werden können, wenn ihn alle Parteien der Koalition unterstützt hätten. „Das haben sie nicht.“ Nun gehe es ihm darum, dass trotzdem eine Regierung ohne ihn als Ministerpräsident zustande komme, die aber die von ihm propagierten Ziele verfolge. Die brachte der Rechtspopulist auf eine knappe Formel: „Weniger Asyl und Einwanderung. Niederländer auf Platz 1.“
Die Koalition, von der er spricht, dürfte aus der liberal-konservativen VVD, der rechtskonservativen NSC und der Bauernpartei sowie natürlich der rechtsextremen Freiheitspartei von Wilders bestehen – mit ihnen hat er jedenfalls in den vergangenen Monaten verhandelt. Erwartet wird, dass Personen für die Ministerposten ausgewählt werden, die nicht dem Parlament angehören.
Wilders könnte in dieser Konstellation als Fraktionschef der Partij voor de vrijheid – ohne Verantwortung für ein Ministeramt und damit ohne Rücksichtnahme auf diplomatische Gepflogenheiten – nach Gusto politische Forderungen stellen und den Premier – wer auch immer sich für dieses Amt findet – vor sich hertreiben. Die Vorstellung einer niederländischen Regierung, die wesentlich von Wilders gesteuert wird, beunruhigt spätestens seit den Parlamentswahlen vor vier Monaten die EU-Partner. Schließlich hat Wilders noch nie einen Hehl aus seiner Abneigung gegenüber der EU gemacht. Er tritt dafür ein, dass die Niederlande weniger Geld nach Brüssel überweist und hat wiederholt die Idee eines Austritts des Gründungslands der Europäischen Gemeinschaften aus der EU unterstützt. Zudem kollidiert seine pauschale Islam-Gegnerschaft mit Werten der EU.
Angesichts der großen Popularität von Wilders – seine Partei liegt in aktuellen Umfragen mit 31% Zustimmung sogar noch acht Prozentpunkte höher als beim Wahlsieg im November – kann er darauf hoffen, dass die Zeit für ihn spielt und er spätestens bei der nächsten Parlamentswahl 2027 das Amt des Premierministers übernimmt – quasi ein Premier in Anwartschaft. Dass er dieses Ziel nicht aufgegeben hat, macht er in einem für sein Selbstbewusstsein typischen Tweet deutlich: „Und vergessen Sie nicht: Ich werde immer noch Ministerpräsident der Niederlande werden. Mit der Unterstützung von noch mehr Niederländern. Wenn nicht morgen, dann übermorgen.“