Neues Werk muss warten

Wolfspeed-CEO will vom Saarland grade nichts mehr wissen

Der Wolfspeed-CEO hat im US-Heimatmarkt genug Baustellen. Die Investition im Saarland wurde erst einmal auf die lange Bank geschoben.

Wolfspeed-CEO will vom Saarland grade nichts mehr wissen

Im Februar 2023 sah es so aus, als sei es der Beginn einer wundervollen Freundschaft. Damals reisten ZF-Chef Holger Klein und der CEO des US-Konzerns Wolfspeed, Gregg Lowe, ins Saarland, um sich mit Bundeskanzler Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck zu treffen. Besiegelt wurde dort der Bau einer Chipfabrik, staatlich gefördert mit mehreren Hundert Millionen Euro. 2,75 Mrd. Euro wollten die Amerikaner investieren, der Autozulieferer ZF sollte 170 Mill. Euro beisteuern.

Die deutsch-amerikanische Freundschaft hat den Honeymoon nicht überlebt. Schon wenige Monate später waren Zweifel laut geworden, dass das Projekt im zunächst vorgesehenen Zeitplan umgesetzt werden würde. Mittlerweile sieht es so aus, als wolle man zumindest im Hause ZF und Wolfspeed von dem Projekt im Saarland gar nichts mehr wissen. Und das, obwohl Wolfspeed-Chef Lowe damals mit der Aussage zitiert worden war: Er habe viele potenzielle Standorte für ein neues Werk in Europa besichtigt – „und mich dabei in das Saarland verliebt“.

Lowe lobte, die saarländische Landesregierung sei „hungrig auf neue Technologie“ im Land und habe die Ansiedlung des Chipwerks enthusiastisch unterstützt. Vorzug des kleinen Bundeslandes sei zudem, dass man ausreichend hoch qualifizierte Arbeitskräfte vor Ort habe – unter anderem am wichtigen ZF-Standort in Saarbrücken, der im Zuge der Umstellung auf mehr E-Mobilität dort vermutlich weniger Mitarbeiter brauchen dürfte. Somit eine Win-win-Situation für Wolfspeed und ZF – der eine braucht mehr hoch qualifizierte Fachkräfte am Standort, der andere eher weniger.

Kein aktuelles Statement

Die Liebe ist mittlerweile erkaltet. Zur aktuellen Debatte um den Werksneubau gibt es von Lowe selbst kein Statement. Sein Unternehmen Wolfspeed teilte in der vergangenen Woche lediglich mit, man bekenne sich weiter zum Standort Ensdorf im Saarland für eine neue große Chipfabrik. Wenn vor allem die Nachfrage nach Elektrofahrzeugen wieder deutlich anziehe, plane man eine Expansion in Europa.

Für Konzernchef Lowe ist der Neubau an der Saar auf seiner Prioritätenliste vermutlich weit nach hinten gerückt, hat er doch im Heimatmarkt genug andere Probleme. Dort müssen erst einmal zwei neue Fabriken zum Laufen gebracht werden. Zuletzt überstiegen die Verluste zeitweise sogar den Umsatz der Amerikaner. Ein Grund für die Schwierigkeiten ist der Wechsel von den in der Branche üblichen 150 Millimeter großen Scheiben, sogenannten Wafern, auf 200 Millimeter. Dies sei mit hohen Anlaufkosten verbunden, könnte sich aber über die Zeit auszahlen, heißt es bei Analysten.

An der Börse gilt Wolfspeed indes nicht gerade als Hoffnungswert. Der Aktienkurs hat 2024 bereits mehr als 60% nachgegeben und reiht sich damit zusammen mit Intel, die ebenfalls ein Milliarden-Projekt in Deutschland auf die lange Bahn geschoben haben, in die Verliererliste ein.

Der 62-jährige Lowe, der in den 90er Jahren als Manager von Texas Instruments einige Jahre in Deutschland verbracht hat, steht seit 2017 an der Spitze des Unternehmens. Unter seiner Leitung investierte Wolfspeed nach Firmenangeben bisher über 8 Mrd. Dollar in die „rasche Expansion des Siliziumkarbidmarktes“.

Der Manager ist ein Branchenveteran. Er hat vor seinem Amtsantritt bei Wolfspeed Freescale Semiconductor geleitet und diese in eine Fusion mit NXP Semiconductors N.V. geführt. Lowe war außerdem 28 Jahre bei Texas Instruments.

Wolfspeed-CEO will vom Saarland nichts mehr wissen

lis Frankfurt
Von Lisa Schmelzer, Frankfurt
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