Von Andreas Hippin, LondonDer britische Star-Fondsmanager Neil Woodford (55) ist um klare Worte nie verlegen gewesen. Er räumt der Eurozone in ihrer derzeitigen Form kaum Überlebenschancen ein. Zudem naht aus seiner Sicht der Tag der Abrechnung, was die Zukunft Großbritanniens in der EU betrifft. Woodford war gegen den Merger von BAE Systems und EADS und lehnte das Angebot des Viagra-Herstellers Pfizer für AstraZeneca ab. Dem Labour-Spitzenkandidaten Ed Miliband warf er “wirtschaftlichen Vandalismus” vor, als dieser Energieversorgern mit dem Einfrieren der Preise drohte. Patient CapitalDabei lag Woodford, der Warren Buffett zu seinen Vorbildern zählt, nicht immer richtig. Die Bankenrally 2003 ging an ihm vorbei. Seine Wette auf die Videospielekette Game Digital ging nicht auf (vgl. BZ vom 16. Januar). Trotzdem kann er sich über mangelnde Zuflüsse nicht beklagen. Das Geld der anderen fliegt ihm zu: Als seine Firma Anfang Februar den Woodford Patient Capital Trust vorstellte, war ein Volumen von 200 Mill. Pfund angedacht, das bei großer Nachfrage auf bis zu 500 Mill. Pfund ausgedehnt werden sollte. Der Trust soll vor allem in Firmen investieren, die sich in frühen Entwicklungsstadien befinden, etwa aus dem Gesundheitswesen. Lediglich 25 % des Vermögens sollen in Papiere von börsennotierten mittleren und großen Gesellschaften gesteckt werden. Kurz vor Aufnahme der Börsennotierung des Anlagevehikels musste nun ein Zusatzprospekt veröffentlicht werden, denn mittlerweile wird mit 500 Mill. bis 800 Mill. Pfund gerechnet. Als er seinem ehemaligen Arbeitgeber Invesco Perpetual den Rücken kehrte, um sich mit Woodford Investment Management selbständig zu machen, folgten ihm Gelder in Milliardenhöhe. Der Vermögensverwalter St. James’s Place war nur einer der Kunden, die ihm ihr Geld auch weiterhin anvertrauen wollten (vgl. BZ vom 4.4.2014). Pharma und TabakDer passionierte Reiter, der gerade ein zweites Mal geheiratet hat, klammert sich nicht an Benchmarks wie ein Großteil der Branche. Der sogenannte Active Share des 5,1 Mrd. Pfund schweren CF Woodford Equity Income Fund liegt bei 81,37 %. Die Maßzahl gibt an, wie stark das Portfolio vom FTSE 100 abweicht. Bei einem Indexfonds läge der Active Share naturgemäß bei 0 %.Die hohe Abweichung kommt nicht überraschend. Woodford hat kein Interesse an Werten aus der Banken-, der Öl- und Gasbranche, die im Index hohes Gewicht haben. Unter den Top-10-Positionen fanden sich zuletzt Pharmaunternehmen wie AstraZeneca und GlaxoSmithKline, aber auch die außer Mode geratenen Tabakkonzerne Imperial Tobacco, British American Tobacco und Reynolds American. Anders als viele seiner Kollegen in der Branche ging Woodford weder in Eton zur Schule, noch besuchte er eine der Eliteuniversitäten von “Oxbridge”. Der Vater zweier Kinder war auf der Maidenhead Grammar School und studierte Agrarwirtschaft an der University of Exeter. Seine Finanzkenntnisse erwarb er an der London Business School. 1987 wurde er Fondsmanager bei Eagle Star.Er hält nichts davon, wenn Kollegen aus der Branche Firmenmanager wegen ihrer hohen Einkommen an den Pranger stellen wollen. “Viele Fondsmanager werden wesentlich besser bezahlt als die Leute, die sie kritisieren”, sagte er der “Daily Mail”. Da sei es “etwas heuchlerisch”, den moralischen Zeigefinger zu erheben. Es gebe viel zu viele Leute in der Branche, die dafür, dass sie sehr wenig für die Anleger täten, übertrieben entlohnt würden. Am Rande von OxfordSeine Firma hat ihre Zentrale in einem unspektakulären Bürogebäude am Rande von Oxford, nicht in einem der Wolkenkratzer der City of London, mit denen sich Architekten selbst verwirklichen durften. Hier kann Woodford mit Jeans und schwarzem T-Shirt herumlaufen – wie einst Steve Jobs bei Apple.