Yahoo-Chefin macht keine großzügigen Geschenke
Von Andreas Hippin, FrankfurtSo hatten sich das viele Aktionäre des Internetunternehmens Yahoo nicht vorgestellt. Marissa Mayer (37), seit vergangenen Monat CEO, nimmt ihren Job ernster, als ihnen lieb ist. Die ehemalige Topmanagerin von Google kündigte kurzerhand an, alles in Frage zu stellen – auch das im Mai von ihrem Vorgänger Scott Thompson erklärte Vorhaben, den Erlös aus dem Verkauf der Yahoo-Beteiligung an der Alibaba Group an die Anteilseigner “zurückzugeben”. Das führende chinesische E-Commerce-Unternehmen hatte im Mai angekündigt, Yahoo herauszukaufen. Wie viel ausschüttbares Bargeld die Kalifornier schließlich für ihre 20 % an Alibaba bekommen werden, ist noch nicht klar, nur dass es mehr als 4 Mrd. Dollar sein werden. Freie Hand für ZukäufeMayer geht es einer Einreichung bei der Börsenaufsicht SEC zufolge darum, den Shareholder Value langfristig zu steigern. Das spricht nicht unbedingt für eine großzügige Sonderausschüttung oder einen umfangreichen Aktienrückkauf. Sie will das Unternehmen nicht ab-, sondern weiterentwickeln.Auf dem Prüfstand stehe auch die “Wachstums- und Akquisitionsstrategie des Unternehmens”, heißt es in dem Dokument. In der Branche wird schon länger spekuliert, Mayer könnte auf Zukäufe setzen, um das Online-Angebot des Internet-Pioniers aufzupeppen. Google und Facebook stehen bei den Internet-Nutzern und Werbekunden schon seit einiger Zeit höher im Kurs. Als mögliche Übernahmeziele wurden unter anderem bereits genannt: der digitale Auskunftsdienst Quora, der Kurznachrichtendienst Twitter, die Videoplattform Vimeo und das auf die Bewertung von Geschäften und Dienstleistungen spezialisierte soziale Netzwerk Yelp. Noch ist die Kriegskasse der Yahoo-Chefin nicht prall gefüllt. Aktuell hat sie rund2 Mrd. Dollar Liquidität zur Verfügung. Aber neben dem Alibaba-Deal könnte demnächst auch das Japangeschäft veräußert werden. Die Gespräche mit dem lokalen Partner Softbank befinden sich Medienberichten zufolge in einem fortgeschrittenen Stadium.Die Stanford-Absolventin war 1999 als 20. Mitarbeiter und erste Frau zum damals noch winzigen Online-Suchdienst Google gestoßen. Unter anderem konzipierte sie die fast komplett weiße Startseite des Online-Suchdienstes, Google Mail sowie Google News. Zuletzt war sie für den Aufbau der ortsbezogenen Google-Dienste zuständig – darunter etwa Googles Kartendienst “Maps”. Dann wurde ihr Jeff Huber vorgesetzt. Nun scheint sie bei Yahoo Branchenbeobachtern zufolge freie Hand zu haben. Hinter ihr steht Dan Loeb, Gründer des Hedgefonds Third Point, und Mitglied des Yahoo-Board. Loeb hatte ihren Vorgänger aus dem Amt gedrängt, weil dieser in seinem Lebenslauf einen erfundenen Abschluss in Computerwissenschaften angegeben hatte. Verbündete gesuchtDer Überprüfungsprozess “kann zu einer Neubewertung oder Veränderungen unserer derzeitigen Pläne führen, einschließlich unseres Restrukturierungsplans, unseres Aktienrückkaufprogramms und unseres Plans, im Wesentlichen die gesamten Einnahmen nach Steuern aus dem Aktienrückkauf im Rahmen der ,Übereinkunft über Aktienrückkauf und den Verkauf von Vorzugsaktien`, zu der wir am 20. Mai 2012 mit der Alibaba Group Holding Ltd. gekommen sind, an die Aktionäre auszuschütten”, heißt es in dürren Worten in der Pflichtveröffentlichung der Gesellschaft. Die Aktie verlor daraufhin im nachbörslichen Handel 4,8 %. Am Freitag verbilligte sich das Papier in den ersten Handelsminuten an der Nasdaq um 4,9 % auf 15,23 Dollar.Für den Umbau von Yahoo sucht Mayer offenbar nach Verbündeten. Der gut vernetzten Bloggerin Kara Swisher zufolge hat sie versucht, Katie Jacobs Stanton (42) zu rekrutieren, derzeit Head of International Markets beim Kurznachrichtendienst Twitter. Stanton hatte zuvor für Mayer bei Google gearbeitet. Davor hatte sie bei Yahoo die Finanzseiten mit aufgebaut, eines der attraktivsten Angebote des Internet-Portalbetreibers. Auf der Liste der mächtigsten Frauen der Welt des US-Magazins “Forbes” rangiert Stanton auf Platz 56. Ihre ehemalige Vorgesetzte hält sich auf Platz 42. Mayer sitzt zudem im Board des weltgrößten Einzelhändlers Wal-Mart, sowie in den Boards des San Francisco Museum of Modern Art, des San Francisco Ballet und des New York City Ballet.