Zehn Jahre nach Sun wettet Ellison erneut
Von Sebastian Schmid, FrankfurtGroße Deals hat Oracle-Gründer Lawrence “Larry” Ellison zuhauf abgeschlossen. Meist ergänzte der aktuell laut Forbes-Liste viertreichste Amerikaner das Portfolio seines Softwarekonzerns mit kleineren und größeren komplementären Zukäufen. Zuweilen versuchte er sich allerdings auch an transformativen Deals. Der vorerst letzte davon liegt mittlerweile eine Dekade zurück und erwies sich als milliardenschwerer Flop. Gut 7,4 Mrd. Dollar legte der SAP-Rivale 2010 für den Serverspezialisten Sun auf den Tisch, um Software und Hardware aus einer Hand anbieten zu können. Allein die meisten Kunden hatten wenig Interesse an Ellisons Vision. Seit dem Jahr nach der Übernahme hat sich der Hardwareumsatz der Kalifornier auf gut 3,4 Mrd. Dollar halbiert.Nun versucht sich Ellison mit dem US-Geschäft der Bytedance-Tochter Tiktok an einem noch fremderen Sujet: Die Videosharing-Plattform richtet sich primär an junge Privatanwender. Dass Ellison selbst den Finger gehoben hat, darf als gesichert gelten. Zwar hat er fast auf den Tag genau vor sechs Jahren die Konzernführung an die Co-CEOs Safra Catz und den im Oktober 2019 verstorbenen Mark Hurd abgegeben. Als Chairman und Chief Technology Officer hat er das Steuer indes nie wirklich aus der Hand gegeben.Bleibt die Frage, was Technologiefan Ellison da eigentlich erhält. Denn die Komplettübernahme und volle Integration, wie sie Ellisons Softwarekonzern sonst anstrebt, wird es nicht geben. Nur eine Beteiligung an der noch auszugliedernden US-Gesellschaft und eine enge Technologiepartnerschaft sind avisiert. Wie eng kann so eine Partnerschaft sein? Chinas Handelsministerium hat einem Export von Softwarecode und Algorithmen einen Riegel vorgeschoben. Aber ohne die Algorithmen, die aus der App das am schnellsten wachsende soziale Netzwerk der Welt gemacht haben, bleibt wenig.Eventuell geht es für Ellison auch nur um einen weiteren Gefallen für US-Präsident Donald Trump, für den Ellison bereits Wahlkampfspenden gesammelt hat. Der Deal kann dabei sowohl persönliches als auch unternehmerisches Kalkül haben. Persönlich dürfte ihm die Trump-Welt nicht allzu fern sein. Zwar schraubt er seinen Namen nicht in goldenen Lettern über den Eingang diverser Immobilien, um sein Ego zu streicheln. Aber auch Ellison kann der Zurschaustellung von Statussymbolen wohl etwas abgewinnen. Wieso sonst ließ er sich eine 138 Meter lange Luxusjacht bauen, nur um sie ein paar Jahre später mit der Begründung wieder zu verkaufen, dass sie für die eigenen Bedürfnisse wohl zu groß dimensioniert wurde?Auch unternehmerische Motive, sich mit dem deutlich ärmeren Superreichen an der Spitze der US-Regierung gut zu stellen, hat der Selfmade-Milliardär. Oracle ist etwa weitaus abhängiger vom Heimatmarkt als Rivale SAP. Während die Walldorfer vergangenes Jahr noch knapp 44 % ihrer Erlöse in der Region Emea erzielten, steht Amerika bei Oracle seit Jahren für 55 % – mit einem substanziellen Anteil an Geschäft mit Militär und Behörden.Womöglich war es jedoch nur eine erneute Wette: Dem stets sehr kompetitiven Unternehmer dürfte es gefallen haben, dass er Schwergewicht Microsoft ausstechen konnte. “Ich glaube, dass es für uns möglich ist, Microsoft zu schlagen und eine wichtigere Softwarefirma als Microsoft zu werden”, hatte er 2014 laut “Financial Times” gesagt. Mit Tiktok bot sich endlich die Chance – Ausgang ungewiss.