Zwei Dutzend Wasserstoffplanwirtschaftskommissare
Von Christoph Ruhkamp, FrankfurtMit dem 9 Mrd. Euro schweren Förderprogramm für Wasserstofftechnologien ruft die Bundesregierung auch ein sympathisches kleines Planwirtschaftsmonster namens “Nationaler Wasserstoffrat” ins Leben: “Angesichts der schnellen Entwicklungen beim Wasserstoffthema zielt der Aktionsplan in seiner jetzigen Form darauf ab, bis 2023 die erste Phase des Markthochlaufs anzustoßen. Als Basis für die Überarbeitung des Aktionsplans nach 2023 sieht die NWS (Nationale Wasserstoffstrategie) eine schlagkräftige Governance-Struktur vor. Neben einem Ausschuss der Staatssekretäre als Entscheidungsgremium wird auch ein Wasserstoffrat aus ausgewiesenen Experten gegründet werden. Die Umsetzung des Aktionsplans wird durch eine ,Leitstelle Wasserstoff` der Ressorts unterstützt. Ergänzend wird eine Bund-Länder-Plattform eingerichtet, um föderale Interessen einzubinden.”Das klingt ebenso verheißungsvoll wie drohend für denjenigen, der nach den Verantwortlichen für die Verteilung der Milliardensumme sucht. Gleich zwei Dutzend Mitglieder – oder sollte man sagen: Kommissare – sind für den nationalen Wasserstoffrat vorgeschlagen. Die Liste der Namen ist zugleich ein “Who is who” der größten Profiteure des Förderprogramms: Zum Beispiel Jörg Bergmann, Sprecher der Geschäftsführung des Erdgas-Fernleitungsnetzbetreibers Open Grid Europe (OGE), der dem Finanzinvestor Macquarie gehört. Oder der Siemens-Manager Christian Bruch, CEO der Operating Company Gas and Power. Von BASF bis ViessmannMit CEO oder Vorstandsmitgliedern vertreten sein sollen darüber hinaus BASF (Saori Dubourg), Daimler Truck (Sven Ennerst), Salzgitter (CEO Heinz Jörg Fuhrmann), Thyssenkrupp (Chief Technology Officer Arnd Köfler) und MAN Energy Solutions (CEO Uwe Lauber). Des Weiteren Linde, die Neuman & Esser Group, die Eon-Tochter Westenergie Netzgesellschaft, Schaeffler, der Gaskonzern Uniper, der Heizungshersteller Viessmann, der Anlagenbauer Freudenberg – sowie etliche Vertreter von Organisationen der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft wie der Klima Allianz Deutschland, dem Wissenschaftlichen Beirat Globale Umweltveränderungen der Bundesregierung oder der Umweltinitiative BUND. 10 der 24 vorgeschlagenen Mitglieder sind Frauen. So steht es in der Kabinettsvorlage für die Sitzung am heutigen Mittwoch, die der Börsen-Zeitung vorliegt. Ach ja, und zusätzlich gibt es noch einen Innovationsbeauftragten “Grüner Wasserstoff” des Bildungsministeriums – als ständiger Gast des Staatssekretärsausschusses.Nach drei Jahren wird die Strategie erstmals evaluiert. Ähnlich wie bei der Nationalen Plattform Elektromobilität, die inzwischen allgemein Mobilität plant, nehmen mit dem Wasserstoffrat hauptsächlich die Empfänger der geplanten Subventionsmilliarden entscheidenden Einfluss darauf, wer wie viel vom großen Kuchen bekommt. Vom Bund berufenIn der Kabinettsvorlage ist das so formuliert: “Die Bundesregierung beruft einen Nationalen Wasserstoffrat. Der Rat besteht aus 25 hochrangigen Expertinnen und Experten der Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft, die nicht Teil der öffentlichen Verwaltung sind. Die Mitglieder des Wasserstoffrats sollen über Expertise in den Bereichen Erzeugung, Forschung und Innovation, Dekarbonisierung von Industrie, Verkehr und Gebäude/Wärme, Infrastruktur, internationale Partnerschaften sowie Klima und Nachhaltigkeit verfügen. In seiner ersten Sitzung wählt der Wasserstoffrat eines seiner Mitglieder zur Vorsitzenden bzw. zum Vorsitzenden.”Und weiter, bis dem Beobachter schwindlig wird: “Aufgabe des Nationalen Wasserstoffrats ist es, den Staatssekretärsausschuss durch Vorschläge und Handlungsempfehlungen bei der Umsetzung und Weiterentwicklung der Wasserstoffstrategie zu beraten und zu unterstützen. Um die Koordination zwischen Bundesregierung und Wasserstoffrat sowie eine enge Anbindung des Rates an die operative Arbeit der Ressorts bei der Umsetzung der NWS zu gewährleisten, tagen der Staatssekretärsausschuss und der Nationale Wasserstoffrat in regelmäßigen Abständen gemeinsam. Zudem nehmen die Ressortverantwortlichen (die zuständigen Abteilungsleitungen) der Ministerien als Gäste an den Sitzungen des Rates teil. Auf Wunsch der Länder können auch zwei Repräsentanten der Bundesländer als Gäste an den Sitzungen teilnehmen.” Der Wasserstoffrat tritt mindestens zweimal pro Jahr zusammen.