Abgerechnet wird zum Schluss
Von Elske Fehl-Weileder und Stefan Schwindl*)
Im Anbetracht der zahlreichen Herausforderungen, vor denen Unternehmen angesichts der sich teils überlappenden Krisen derzeit stehen, wirken die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie mitunter wie eine Krise aus der Vergangenheit. Gleichwohl haben viele Unternehmen immer noch mit ihnen zu kämpfen. Fakt ist: Die staatlichen Hilfspakete während der Coronakrise haben viele Gesellschaften vor einer existenziellen finanziellen Schieflage gerettet und die Insolvenzen auf einem niedrigen Niveau gehalten. Nun – fast drei Jahre nach dem Start der Überbrückungshilfe I – steht bei vielen krisengebeutelten Firmen jedoch die Überprüfung und die mögliche Rückzahlung von gewährten Hilfen an.
Rückzahlungen reduzieren
Bis spätestens 30. Juni 2023 müssen die Unternehmen eine Schlussabrechnung einreichen. Dieser grundsätzlich richtige Vorgang kommt angesichts der Multi-Dauerkrise jedoch für die Unternehmen zur denkbar ungünstigsten Zeit. Denn die wirtschaftliche und finanzielle Erholungsphase lässt – anders als bei der Konzeption der Hilfsprogramme gedacht – immer noch auf sich warten. Die Rückforderung von Coronahilfen kann dazu führen, dass viele Unternehmen dadurch in eine finanzielle Schieflage geraten und die Zahl der Insolvenzen stark zunimmt. Denn über so manchem Unternehmen hängt ein mitunter Millionen Euro schweres Coronahilfen-Damoklesschwert.
Alle Unternehmen, die Überbrückungshilfe erhalten haben, sind verpflichtet, selbst aktiv zu werden. Den Stichtag 30. Juni zu reißen, ist nicht ratsam. Und auch ein Aussitzen führt im Fall der Schlussabrechnung nicht dazu, dass die Rückzahlung nach dem Motto „Wo keine Schlussabrechnung, da keine Rückforderung“ entfällt. Die Hilfen sind in beiden Fällen vielmehr in voller Höhe zurückzuzahlen. Hinzu kommt, dass den Unternehmern und Geschäftsleitern darüber hinaus strafrechtliche Konsequenzen drohen.
Über die Angaben in der Schlussabrechnung besteht zumindest die Möglichkeit, die Höhe der Rückzahlung zu reduzieren. Umso wichtiger ist es für Geschäftsleiter, sich mit der Schlussabrechnung so bald wie möglich zu befassen – gerade auch wegen des großen operativen und administrativen Aufwands für die Einreichung der Abrechnung. Sie muss zwingend von einem prüfenden Dritten abgegeben werden, also einem Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer.
Die Schlussabrechnung dient dazu, die ursprünglich im Antrag für die finanziellen Hilfen gemachten Angaben zu überprüfen. Da die Zeit für die Beantragung mitunter knapp gewesen ist und es schnell gehen musste, basieren diese Angaben beim ein oder anderen Unternehmen durchaus auf Schätzungen. Anhand der Differenz zwischen den Zahlen in der Schlussabrechnung und den (geschätzten) Angaben im Antrag bemisst sich die Höhe der Rückzahlung. Es ist also wichtig, genau zu prüfen, wie die Zahlen für die Schlussabrechnung aussehen. Hinzu kommt, dass sich die Förderbedingungen der Überbrückungshilfen kontinuierlich geändert haben, was bei der Schlussabrechnung ebenfalls berücksichtigt werden muss.
Erhaltene finanzielle Hilfen müssen die Unternehmen auch dann zurückzahlen, wenn der Umsatzrückgang nicht durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie begründet war. Das zu belegen, ist jedoch alles andere als einfach. Eindeutig coronabedingt ist der Rückgang lediglich, wenn das Unternehmen in der Pandemie schließen musste – Stichwort Lockdown. Musste es das nicht, wird der Nachweis eines coronabedingten Umsatzrückgangs mitunter zu einer großen Herausforderung.
Denn Materialengpässe, der Mangel an Fachkräften oder andere Ursachen, dass Aufträge nicht bearbeitet werden konnten, zählen nicht per se als Gründe für einen coronabedingten Umsatzrückgang. Gerade in den ersten Programmen gab es dieses Kriterium zudem nicht. Das führt dazu, dass sich Unternehmer, Geschäftsleiter, aber auch Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, bei der Frage „War der Umsatzrückgang coronabedingt?“ in den Schlussabrechnungen in einem rechtlichen Bereich bewegen, zu dem es bis dato noch keine Rechtsprechung gibt.
Sonderfall Firmenverbünde
Einen Sonderfall bei der Schlussabrechnung stellen Unternehmensverbünde dar, für die grundsätzlich alle genannten Punkte relevant sind. Einen solchen Verbund stellt bereits eine GmbH & Co. KG dar, die rein rechtlich gesehen aus zwei miteinander verbundenen Gesellschaften besteht. Die zusätzliche Besonderheit ist, dass – unabhängig von der Zahl der Unternehmen im Verbund – nur ein Unternehmen für den gesamten Verbund eine Schlussabrechnung einreichen darf.
Wenn – aus welchen Gründen auch immer – in einem Unternehmensverbund 2020 oder 2021 mehrere Unternehmen eines Verbundes gesondert Hilfen beantragt und erhalten haben, muss dies in der Verbundsschlussabrechnung zwingend korrigiert und zusammengefasst werden, was mit zusätzlichem Aufwand verbunden ist. Auch hier gilt: Abgerechnet wird zum Schluss!
*) Dr. Elske Fehl-Weileder ist Rechtsanwältin bei Schultze & Braun und Stefan Schwindl Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei der MTG Wirtschaftskanzlei.