Das Kreditzweitmarktgesetz verändert den Markt für notleidende Darlehen
Das Kreditzweitmarktgesetz verändert
den Markt für notleidende Darlehen
Herausforderungen bei der Umsetzung einer ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation
Von Simon G. Grieser, Christophe Crnkovic und Max Weltersbach *)
Das Kreditzweitmarktgesetz (KrZwMG) hat den Zweck, die Kreditzweitmarktrichtlinie ((EU) 2021/2167) vom 24. November 2021, welche sich auf die Pflichten von Kreditdienstleister und Kreditkäufer innerhalb von NPL-Transaktionen bezieht, in das deutsche Recht umzusetzen. Es ist am 30. Dezember 2023 in Kraft getreten. Die Umsetzung der Richtlinie wird eine beträchtliche Veränderung auf dem NPL-Markt bewirken. Streitig dürfte sein, ob es sich hierbei um ein Phänomen regulatorischer Dialektik handelt oder es vielmehr als präventive Aufsichtsmaßnahme zu bewerten ist.
In den Jahren nach der Finanzkrise wurden die erheblichen Bestände an notleidenden Krediten in den Bilanzen europäischer Banken vom Gesetzgeber als zentrales Hindernis für eine schnelle Erholung sowohl im Finanzsektor als auch in der realen Wirtschaft identifiziert. Dies rührt aus der Annahme, dass die Bereitstellung neuer Kredite aufgrund der hohen NPL-Bestände erschwert wurde, da dringend benötigte Eigenmittel entsprechend gebunden waren.
Schriftliche Erlaubnis der BaFin
Sofern man zukünftig in Deutschland gewerbsmäßig oder im Umfang, der einen kaufmännischen Geschäftsbetrieb benötigt, Kreditdienstleistungen erbringen möchte, benötigt man gem. § 2 Abs. 2 KrZwMG i.V.m. § 10 Abs. 1 KrZwMG die schriftliche Erlaubnis der BaFin. Nach § 10 Abs. 8 KrZwMG muss die BaFin die Erteilung der Erlaubnis entsprechend den Vorgaben des § 32 Abs. 4 KWG im Bundesanzeiger veröffentlichen. Für Unternehmen, welche bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes aktiv waren, ist zumindest eine Übergangsfrist von sechs Monaten vorgesehen. In dieser Zeit können die Kreditdienstleiter ihre Aktivitäten nach derzeitigem Rechtsrahmen fortsetzen.
Voraussetzung zum Vorliegen einer Kreditdienstleistung ist, dass der Kreditkäufer vom vormaligen Kreditgeber notleidende Kreditengagements oder etwaige Ansprüche erwerben muss. Sodann sind in § 2 Abs. 3 Nr. 1 bis 4 KrZwMG die Einziehung und Durchsetzung von Zahlungsansprüchen des Kreditgebers, Neuverhandlung von Rechten und Pflichten oder sonstigen wesentlichen Bedingungen aus einem notleidenden Kreditvertrag, die Bearbeitung von Beschwerden sowie die Unterrichtung des Kreditnehmers über Änderungen der Zinssätze,
Belastungen oder fälligen Zahlungen, statuiert.
Ordnungsgemäße Geschäftsorganisation
Ein wichtiges Ziel zur Förderung eines effizienten Sekundärmarktes für notleidende Kredite ist die Schaffung eines einheitlichen Rahmens für Kreditdienstleistungsinstitute. Das KrZwMG sieht zu diesem Zweck eine qualitativ orientierte Mindestaufsicht ohne quantitative Anforderungen über Kreditdienstleistungsinstitute vor. Im Sinne einer qualitativ orientierten Aufsicht fordert der § 14 Abs. 1 KrZwMG von Kreditdienstleistungsinstituten eine unter Proportionalitätsgesichtspunkten (Art, Komplexität und Umfang des jeweils betriebenen Geschäfts) erbaute ordnungsgemäße Geschäftsorganisation. Unter praktischen Gesichtspunkten darf man eine partielle Parallelisierung zu den Anforderungen für Kreditinstitute annehmen.
Regulatorische Compliance
Sodann ist durch die Kreditdienstleistungsinstitute ein Risikocontrolling einzurichten, welches es erlaubt, dass der Kreditdienstleister seine Risikopositionen singulär und korrelativ bewerten und kontrollieren kann. Sofern sich das Kreditdienstleistungsinstitut entscheidet bestimmte Prozesse auszulagern, scheint es geboten ein Auslagerungsmanagement proportional zu den Auslagerungsaktivitäten zu errichten. Die etablierten Geschäftsprozesse sind vom Institut umfangreich zu dokumentieren und unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten gesondert zu würdigen. Sämtliche interne Prozesse sind in einer Kontrollumgebung zu implementieren. Diese muss mindestens ein Vier-Augen-Prinzip gewährleisten und zugleich eine regulatorische Compliance umfassen, welche die jederzeitige Einhaltung der gesetzlichen und regulatorischen Anforderungen sowie Überwachung von Änderungen oder Anpassungen der internen Regeln und Verfahren, sicherstellt.
Stärkung der Kreditnehmer-Rechte
Darüberhinausgehend statuiert § 14 Abs. 2 bis 4 KrZwMG, neben den genannten Pflichten zur Errichtung einer ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation, dedizierte Organisationspflichten, welche vielmals aus Verbraucherschutzaspekten rekurrieren und auf das Verhältnis zwischen Kreditnehmer und Kreditdienstleister abzielen.
Neben dem originären Ziel der Schaffung eines effizienten Kreditzweitmarktes ist ein weiteres zentrales Ziel des Gesetzes die Wahrung und Stärkung der Rechte der Kreditnehmer sowie ihre angemessene Behandlung zu gewährleisten. Interne Regelungen sowie Kontrollverfahren sollen stets auf dieses Ziel und den Schutz personenbezogener Daten abzielen. Darüber hinaus wird vorgegeben, dass Kreditdienstleistungsinstitute Vorschriften zum Schutz und zur fairen und umsichtigen Behandlung der Kreditnehmer beachten und entsprechende interne Verfahren zum Beschwerdemanagement für die Kreditnehmer etablieren.
Herausforderung für Kreditdienstleistungsinstitute
Unternehmen, die im Bereich NPL tätig sind, sollten zeitnah prüfen, ob ihre Geschäftstätigkeiten unter die Anwendung des KrZwMG fallen werden. Für Kreditdienstleistungsinstitute besteht die Herausforderung eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation aufzusetzen und diese im Etablierungsprozess des neues Aufsichtsrahmen so adjustierbar zu gestalten, dass eine jederzeitige Anpassung an neue Anforderungen oder etwaige regulatorische Konkretisierungen gewährleistet werden kann.
*) Dr. Simon G. Grieser ist Rechtsanwalt und Partner bei Deloitte Legal. Christophe Crnkovic ist Partner und Max Weltersbach Manager bei Deloitte.