GastbeitragM&A

Das Übernahmeverfahren wird digitalisiert, bleibt aber deutschsprachig

Die im Zukunftsfinanzierungsgesetz geplanten übernahmerechtlichen Änderungen beschränken sich bislang auf rein technische Aspekte. Weitere Verbesserungen sind wünschenswert.

Das Übernahmeverfahren wird digitalisiert, bleibt aber deutschsprachig

Das Übernahmeverfahren wird digitalisiert, bleibt aber deutschsprachig

Gesetzgeber beschränkt sich auf technische Entlastungen – Änderung der Fristberechnung

Von Julian Schulze De la Cruz und Philip M. Schmoll*)

Das angekündigte Zukunftsfinanzierungsgesetz, das noch dieses Jahr in Kraft treten und die Leistungsfähigkeit sowie Attraktivität des deutschen Finanzplatzes erhöhen soll, ist gegenwärtig in aller Munde. Im Mittelpunkt der aktien- und kapitalmarktrechtlichen Diskussionen rund um den Referentenentwurf stehen unter anderem die Einführung von Mehrstimmrechtsaktien und elektronischen Aktien sowie Regelungen zur Börsenmantelgesellschaft (sog. Spac).

Digitalisierung überfällig

Dagegen führen die vorgeschlagenen übernahmerechtlichen Änderungen bisher ein Schattendasein. Dies verwundert nicht. Denn der Gesetzgeber hat sich (bislang) auf rein technische Vorschläge zur Änderung des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes (WpÜG) sowie der WpÜG-Angebotsverordnung beschränkt und weiteres Potenzial zur Verbesserung der übernahmerechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland nicht ausgeschöpft.

Uneingeschränkt zu begrüßen und eigentlich schon überfällig ist der Vorschlag zur Digitalisierung des übernahmerechtlichen Verwaltungsverfahrens der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Wertpapierprospekte können bereits seit rund fünf Jahren über das Portal zur Melde- und Veröffentlichungsplattform (sog. MVP-Portal) bei der BaFin eingereicht werden. Einer handschriftlich unterzeichneten Papierfassung des Wertpapierprospekts bedarf es nicht.

Rechtzeitige Registrierung notwendig

Im Rahmen des übernahmerechtlichen Verwaltungsverfahrens ist die Angebotsunterlage des Bieters als zentrales Verfahrensdokument dagegen immer noch mindestens zweimal in handschriftlich unterzeichneter Papierfassung bei der BaFin einzureichen. Der hiermit einhergehende logistische Aufwand, insbesondere bei Bietern aus dem Ausland, wird mit der Verfahrensdigitalisierung künftig entfallen und das Übernahmeverfahren wird an den bereits bestehenden Standard für prospektrechtliche Verwaltungsverfahren angepasst.

In der Praxis bedeutet die Verfahrensdigitalisierung, dass sich der Bieter oder dessen Berater für das übernahmerechtliche Fachverfahren auf dem MVP-Portal registrieren lassen muss. Von entscheidender Bedeutung ist dabei die rechtzeitige Registrierung vor der formellen Einleitung des Übernahmeverfahrens. Denn diese muss bereits vor der Übermittlung der Entscheidung des Bieters zur Abgabe eines öffentlichen Angebots nach § 10 Abs. 1 WpÜG (sog. 10er-Mitteilung) an die BaFin erfolgen.

Nach dem Referentenentwurf ist eine Vorabmitteilung zwar nicht mehr erforderlich. Der Bieter hat die 10er-Mitteilung aber weiterhin unverzüglich nach ihrer Veröffentlichung an die BaFin zu übersenden. Eine solche unverzügliche Übersendung wird künftig nur möglich sein, wenn die Anmeldung zum Fachverfahren mit ausreichendem Vorlauf vor der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots erfolgt.

Arbeitstage statt Werktage

Neben der Digitalisierung soll die Verwaltung auch durch eine Änderung der Fristberechnung im Rahmen des übernahmerechtlichen Verwaltungsverfahrens entlastet werden, indem der Begriff des „Werktags“ durch den Begriff des „Arbeitstags“ ersetzt wird. Der Begriff des „Werktags“ ist im WpÜG nicht definiert und schließt nach der Verwaltungspraxis der BaFin in Anlehnung an das Bundesurlaubsgesetz auch Samstage ein, während die im Referentenentwurf vorgesehene Definition von „Arbeitstag“ weder Samstage, Sonntage noch gesetzliche Feiertage umfasst.

Hintergrund der vorgeschlagenen Änderung ist der Umstand, dass das WpÜG an zwei bedeutenden Stellen auf den Begriff des „Werktags“ abstellt, was faktisch zu einer Verkürzung der Prüfungsfrist führen kann. Dies betrifft insbesondere die Fälle, in denen der letzte Werktag der Prüfungsfrist von zehn Werktagen für die Angebotsunterlage bzw. der letzte Werktag für eine Angebotsänderung nach § 21 Abs. 1 WpÜG (z. B. eine Erhöhung der Gegenleistung oder der Verzicht bzw. Herabsetzung einer Mindestannahmeschwelle) auf einen Samstag fällt. Für einen Bieter dürfte es sich daher anbieten, die Angebotsunterlage künftig schon am Sonntag bei der BaFin einzureichen, damit lediglich ein Wochenende in den Zeitraum der Prüfungsfrist fällt.

Englisch wünschenswert

Während bei der Digitalisierung des Übernahmeverfahrens eine Anpassung an das Prospektbilligungsverfahren erfolgt, lässt der Referentenentwurf die Chance zur weiteren Flexibilisierung der Sprachwahl ungenutzt. Das deutsche Prospektrecht sieht für die Prospekterstellung ein Wahlrecht zwischen der deutschen und englischen Sprache vor. In der Praxis ist die Prospekterstellung in englischer Sprache (mit deutscher Zusammenfassung) daher allgemein üblich. Die übernahmerechtlichen Dokumente, insbesondere die Angebotsunterlage des Bieters und die begründeten Stellungnahmen der Organe der Zielgesellschaft, sind dagegen weiterhin in deutscher Sprache abzufassen. Hier wäre eine stärkere Angleichung an das Prospektrecht wünschenswert gewesen. Bei einem internationalem Aktionärskreis der Zielgesellschaft wird sich die Praxis somit weiterhin mit unverbindlichen Übersetzungen behelfen müssen.

*) Dr. Julian Schulze De la Cruz ist Partner und Dr. Philip M. Schmoll Associated Partner der Kanzlei Noerr.

Dr. Julian Schulze De la Cruz

Partner der Kanzlei Noerr

Dr. Philip M. Schmoll

Associated Partner von Noerr

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