GastbeitragFinanzinvestoren

Deutschlands Infrastruktur ist attraktiv für Private Equity

Die Transformation der Energiewirtschaft und die Digitalisierung der Infrastruktur erfordern enorme Investitionen – und bieten gleichzeitig immense Chancen für Finanzinvestoren.

Deutschlands Infrastruktur ist attraktiv für Private Equity

Deutsche Infrastruktur ist attraktiv für Private Equity

Hoher Investitionsbedarf in Energiewende, Digitalisierung, Verkehrsnetze und Dekarbonisierung – Staat prüft zunehmend kritischer

Von Matthias Annweiler *)

Das Interesse von Finanzinvestoren an Infrastruktureinrichtungen und -dienstleistungen in Deutschland ist ungebrochen. Allein die Transformation der Energiewirtschaft und die Digitalisierung der Infrastruktur bedürfen in den kommenden Jahren enormer Investitionen – und bieten gleichzeitig immense Chancen für Finanzinvestoren. Das gilt auch, wenn der Staat zunehmend einen kritischeren Blick auf die eine oder andere Transaktion wirft.

Immense Mittel

Die Herausforderungen in Bezug auf die heimische Infrastruktur sind unbestritten: Es geht um nicht weniger als die Energiewende, Digitalisierung und Dekarbonisierung voranzutreiben sowie alternde Verkehrsnetze zu sanieren. Um dies zu bewältigen, werden in den nächsten Jahrzehnten in Deutschland signifikante Investitionen erforderlich sein. Angesichts der Lage öffentlicher Haushalte wird die Mehrheit hierfür aus privaten Quellen kommen müssen. Damit eröffnen sich enorme Aufgaben und Chancen für institutionelle Investoren – darunter nicht nur konservative Investoren, sondern auch Private-Equity-Fonds.

Auch wenn die weltweiten Infrastrukturtransaktionen im Jahr 2023 um etwa 18% im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen sind, ist der langfristige Trend ungebrochen. Infrastrukturfonds und
-investoren verfügen über immense Mittel, die nach Anlage suchen. Die gestiegenen Zinsen mögen deshalb kurzfristig Investitionen bremsen, sie ändern jedoch kaum etwas an den (durchaus attraktiven) Aussichten.

Matthias Annweiler von Sidley. Foto: Sidley

Investitionen im Infrastruktursektor zeichnen sich in der Regel durch regulierte Märkte, längere Halteperioden und hohe (anfängliche) Investitionskosten aus. Diese Eigenschaften stimmen auf den ersten Blick eher mit den Anlagestrategien institutioneller Investoren wie Versicherern oder Pensionskassen überein. Dennoch interessieren sich immer häufiger Private-Equity-Investoren für Infrastruktureinrichtungen und infrastrukturnahe Dienstleistungen.

Breites Risikoprofil

Dies liegt zum einen daran, dass der Infrastruktursektor eine Vielzahl an Anlagemöglichkeiten und Risikoprofilen bietet. Von Versorgungsunternehmen für Strom, Gas und Wasser über 5G-Sendemasten und Häfen bis hin zu Krankenhäusern und Bildungseinrichtungen werden unterschiedliche Risikoaffinitäten bedient.

Das beginnt bei vergleichsweise risikoarmen „Core“-Strategien mit stabilem, vorhersehbaren und inflationsgeschütztem Cashflow. Die interne Verzinsung (Internal Rate of Return, IRR) liegt in der Regel zwischen 6 und 9%. Mitunter bilden diese Anlagen ein (natürliches) Monopol, zum Beispiel bei leitungsgebundenen Industrien wie Strom, Telekommunikation, aber auch der Bahn. Die Eintrittsbarrieren sind hoch und es besteht wenig Wettbewerb. Auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sind so die Einnahmen wenig volatil. Am anderen Ende der Risikoskala stehen „Opportunistic“-Strategien. Der IRR liegt bei 15% und mehr. Das sind Höhen, die fast den Erwartungen von „klassischen“ Private-Equity-Engagements entsprechen.

Appetit offensichtlich

Den Appetit von Private Equity auf Infrastruktur ist offensichtlich: 2021 hat beispielsweise Nuveen den auf erneuerbare Energien spezialisierten Infrastrukturfondsmanager Glennmont Partners mit etwa 1,7 Mrd. Euro verwaltetem Vermögen übernommen. Im vergangenen Jahr erwarb CVC dann DIF Capital Partners aus den Niederlanden mit etwa 17 Mrd. Euro verwaltetem Vermögen.

Wind- und Solarenergie

Und BlackRock, Vermögensverwalter Nummer 1 weltweit, verleibte sich vor wenigen Monaten den weltgrößten unabhängigen Infrastrukturfondsmanager Global Infrastructure Partners mit einem verwaltetem Vermögen von 100 Mrd. Euro ein.

In Europa und Deutschland dominieren seit längerem Transaktionen in Energieinfrastruktur und digitale Infrastruktur. Im Fokus liegt hier der Ausbau der erneuerbaren Energien, insbesondere der Wind- und Solarenergie, im Rahmen der Energiewende. Sowohl mit Blick auf Windenergieanlagen an Land als auch auf See liegt Deutschland beispielsweise deutlich hinter den ursprünglichen Zielen der Politik zurück. Daraus erwächst wiederum ein enormes Potenzial für Investoren. Gleiches gilt im Übrigen für den Netzausbau.

Datenzentren gefragt

Datenzentren standen 2023 in Europa für fast zwei Drittel aller Transaktionen im Bereich digitale Infrastruktur. Die Nachfrage ist ungebrochen hoch und dürfte durch vermehrte Cloud- und KI-Anwendungen weiter signifikant steigen. Der Standort des Datenzentrums ist dabei von einer räumlichen Nähe zu Kraftwerken und Kommunikationsknotenpunkten abhängig, die relevant für die Rechenleistung sind. Während einzelne industrielle Abnehmer bisher Bedarfe im Bereich von 200 bis 300 Megawatt verzeichneten, benötigen die größeren Betreiber von Rechenzentren wie zum Beispiel Google oder Amazon inzwischen eine Kapazität von einem Gigawatt und mehr. Dies treibt nebenbei zusätzlich den Investitionsbedarf im Hinblick auf Energieinfrastruktur.

Glasfaser-Investoren ernüchtert

Der noch vor wenigen Jahren ausgebrochene Hype um den Ausbau von Glasfasernetzen ist hingegen merklich abgeebbt. Die Markteintrittsbarrieren sind hier zwar vergleichsweise gering und die regulatorischen Vorgaben überschaubar. In der Folge engagierten sich anfänglich viele neue Investoren in dem Bereich. Der kräftige Wettbewerb, gestiegene Zinsen sowie die Inflation der Bau- und Lohnkosten haben indes den Investitionsaufwand explodieren lassen. In Verbindung mit der vielerorts unter den Erwartungen liegenden Nachfrage der Haushalte ist Ernüchterung eingekehrt. Aktuell ist der Glasfasermarkt von Konsolidierungsbestrebungen geprägt.

Staat prüft zunehmend kritischer

Das Interesse an deutschen Unternehmen besteht weltweit – von Amerika bis Asien. Damit steht oftmals automatisch die Frage nach dem „Ausverkauf“ von Know-how und kritischer Infrastruktur im Raum. Infrastruktureinrichtungen wie beispielsweise Stromnetze, Kraftwerke, Telekommunikation, IT-Sicherheit, Wasserversorgung und der Schienen- und Luftverkehr sind prädestiniert dafür, Gegenstand der immer engmaschiger greifenden deutschen und europäischen Investitionskontrollregime zu werden. Das in den letzten Jahren stetig verschärfte Außenwirtschaftsrecht bietet dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) dafür weitreichende Möglichkeiten.

Mehr als Drohgebärden

So können nicht nur ausländische Investitionen in den Bereichen klassischer, so genannter „kritischer Infrastruktur“ überprüft und nötigenfalls untersagt werden. Vielmehr erstreckt sich der Kontrollmechanismus seit einigen Jahren auch auf Unternehmen, die Anwendungen im Bereich der künstlichen Intelligenz (KI), Cloud Computing, des autonomen Fahrens oder branchenspezifische Software für kritische Infrastrukturen entwickeln.

Dass es sich hier um mehr als bloße Vorsorgemaßnahmen oder zahnlose Drohgebärden handelt, ist offensichtlich. 2018 scheiterte die Veräußerung des Übertragungsnetzbetreibers 50Hertz an den Energieversorger State Grid Corporation of China. Und auch die Pläne der chinesischen Reederei Cosco Shipping Ports, ein Containerterminal des Hamburger Hafens zu übernehmen, wurden zumindest teilweise untersagt. In beiden Fällen hatte das BMWK Bedenken angemeldet.

An Hürden gewöhnt

Institutionelle Anleger haben sich mittlerweile an diese Hürden im Transaktionsgeschäft gewöhnt und sind auch im Umgang mit staatlichen Akteuren eingespielt. Gleichwohl führen gesetzliche Unschärfen und ein großer, kaum überprüfbarer Auslegungsspielraum des BMWK nach wie vor zu Verzögerungen und geringerer Transaktionssicherheit für ausländische Investoren. Erfahrene Investoren und Berater planen dies heute aber freilich ein – und lassen sich davon nicht abschrecken.

Stärken im Vergleich zu strategischen Investoren

Infrastruktureinrichtungen werden deshalb weiter ein beliebtes Ziel für Private-Equity-Investoren bleiben. Sie können hier im Wettbewerb um begehrte Anlageziele ihre Stärken im Vergleich zu strategischen Investoren ausspielen. Womöglich erfordern hochregulierte Sub-Sektoren spezielles Wissen, über das Private Equity nur in Teilen verfügt. Doch es gibt häufig vergleichbare Infrastrukturunternehmen mit ähnlichen finanziellen Eigenschaften, die eben diesen regulierten Industrien nahe stehen. Sie bieten zumeist – bei möglicherweise erhöhtem Risiko – größeres Wachstumspotential und Realisierungschancen. Für Private Equity macht sie gerade das zum „Perfect Fit“.

*) Dr. Matthias Annweiler ist Rechtsanwalt von Sidley in München.

Dr. Matthias Annweiler ist Rechtsanwalt von Sidley in München. Er berät Private-Equity-Fonds, Vermögensverwalter und strategische Investoren im Zusammenhang mit M&A-Transaktionen und einem Fokus auf Infrastrukturinvestitionen.