Sanierung

„Ein Debt-to-Equity-Swap hat großes Potenzial, ist aber komplex“

Gleich mehrere Unternehmen stehen derzeit vor einem Debt-to-Equity-Swap. Welche Chancen und Risiken das bietet, erläutert Rechtsanwalt Thomas Dömmecke von Schultze & Braun.

„Ein Debt-to-Equity-Swap hat großes Potenzial, ist aber komplex“

Helmut Kipp

Herr Dömmecke, der Immobili­en-Investmentmanager Corestate Capital hat eine Umwandlung von Forderungen in Eigenkapital be­schlossen, beim Autozulieferer Leoni und beim Mode-Discounter Takko wird darüber diskutiert. Warum kommt es zu solchen Sanierungsmaßnahmen?

Aktuell befinden sich zahlreiche Unternehmen in einer herausfordernden Situation – sowohl was die Liquidität als auch was die bilanzielle Situation betrifft. Zugleich sind Fremdkapitalgeber, insbesondere Banken, sehr vorsichtig geworden, weitere Mittel zur Verfügung zu stellen. Die Bedeutung alternativer Finanzierungslösungen für Unternehmen steigt daher. Ein Debt-to-Equity-Swap, kurz DES, kann Teil einer solchen Lösung sein.

Worin liegt die Attraktivität eines Debt-to-Equity-Swaps?

Zum einen kann ein Unternehmen damit unter Umständen eine Insolvenz vermeiden. Eine insolvenzrechtliche Überschuldung wird beseitigt. Unter Umständen wird sogar die akute Zahlungsunfähigkeit vermieden – etwa wenn die Forderung eines Großgläubigers fällig wird und dieser für einen DES gewonnen werden kann. Zudem kann durch den DES die Eigenkapitalquote des Unternehmens steigen. Dadurch verbessert sich die langfristige Perspektive des Unternehmens. Ein DES kann aber auch für die Gläubiger attraktiv sein: Sie wechseln dadurch in die Gesellschafterposition und können künftig an einer positiven Geschäftsentwicklung teilhaben, statt in einer Insolvenz ihre Forderung weitgehend zu verlieren.

Wie hoch fällt im Regelfall der Gläubigerverzicht aus?

Das lässt sich pauschal nicht sagen. Hier ist stets eine konkrete Bewertung anzustellen, die auch einbezieht, wie viel die Forderung des Gläubigers – auch unter Berück­sichtigung von Sicherheiten – noch wert ist und wie viel die zu erwerbende Beteiligung. Es zeigt sich, dass ein DES für Gläubiger ein großes Potenzial hat, aber eben auch komplex ist.

Was sind die größten Risiken einer solchen Transaktion?

Wie gesagt, grundsätzlich muss eine Bewertung der einzubringenden Forderung erfolgen. Dabei besteht das Risiko einer Überbewertung, also dass die Anteile mehr wert sind als die eingebrachten Forderungen. Der Gläubiger bleibt dann einen Teil seiner Einlage schuldig. Kommt es zur Insolvenz, wird er wegen der Differenz vom Insolvenzverwalter zur Kasse gebeten. Neben dieser sogenannten Differenzhaftung sollten Gläubiger, die einen DES an­streben, auch das Risiko einer Fol­geinsolvenz des Zielunternehmens im Blick haben. In einem solchen Fall ist es etwa möglich, dass For­derungen der beteiligten Gläubiger, die weiter bestehen, also nicht umgewandelt werden, dann unter bestimmten Bedingungen nur ­nachrangig berücksichtig werden können.

Wie häufig scheitern die Pläne?

Da in der Regel nur die erfolgreichen DES bekannt werden, ist das schwer zu sagen. Es ist allerdings sogar möglich, dass an sich wirtschaftlich erfolgreiche DES-Transaktionen am Ende doch noch scheitern – etwa, wenn Verträge des Zielunternehmens sogenannte Change-of-Con­trol-Klauseln beinhalten. Die Vertragspartner können dann zu einer Kündigung berechtigt sein, wenn sich die Eigentümerstruktur ändert. Zudem kann ein DES in der Regel nicht gegen die Altgesellschafter durchgesetzt werden.

Wie können die Hindernisse gemeistert werden?

Bei einem DES in einem Insolvenzplanverfahren oder einer außergerichtlichen Restrukturierung nach dem neuen StaRUG ist das Change of Control-Risiko deutlich geringer. Das Gleiche gilt für das Blockadepotenzial der Altgesellschafter, da es in diesen Verfahren möglich ist, in die Gesellschafterrechte einzugreifen. Insbesondere für Banken, die sich am Zielunternehmen im Rahmen eines DES nicht beteiligen können oder möchten, bietet sich zudem ein Treuhandmodell an.

Thomas Dömmecke ist Rechtsanwalt bei Schultze & Braun. Der Transaktionsspezialist hat mehrere Debt-to-Equity-Swaps begleitet.

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