EU erweitert Anforderungen für Kryptodienstleister
Helmut Kipp
Herr Schmid, die EU nimmt Kryptowährungen ins Visier, um Geldwäsche und Terrorfinanzierung einzudämmen. Was genau plant die Kommission?
Mit einer Neufassung der Geldtransferverordnung und einer Verordnung zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (mit unmittelbarer Geltung für Verpflichtete) sollen alle Anbieter von Kryptodienstleistungen in die Pflicht genommen werden, KYC-Verfahren, also Know Your Customer, bei Neukunden durchzuführen und deren Identität festzustellen. Bislang galt diese Pflicht für bestimmte Anbieter und Transaktionen. Hierdurch soll die Nachverfolgbarkeit von Kryptotransaktionen bei allen Kryptodienstleistungen sichergestellt werden. Was Kryptodienstleistungen genau sind und wer Anbieter von Kryptodienstleistungen ist, ergibt sich aus der MiCA-Verordnung, der EU-Verordnung zu Markets in Kryptoassets.
Welche Folgen ergeben sich für die Anbieter von Kryptos?
Der Kreis der Verpflichteten wird durch die neuen Verordnungen erweitert auf alle Anbieter von Kryptodienstleistungen. Dies umfasst insbesondere die Pflicht, KYC-Verfahren bei Neukunden vorzunehmen und Identitäten zu verifizieren. Bei der Speicherung der Identitätsdaten ist ein besonderer Wert auf Datenschutz und -sicherheit zu legen.
Reichen die Maßnahmen aus?
Derzeit sind drei verschiedene Formen von Kryptowallets – Geldbörsen, die private Schlüssel für den Transfer von Kryptowerten speichern – relevant:
Wallets bei den Handelsplattformen selbst, die beim Kauf von Kryptowerten automatisch angelegt werden
Software-Wallets, bei denen private Schlüssel in einem Computerprogramm oder einer Smartphone-App gespeichert werden
Hardware-Wallets, die meist wie ein USB-Stick aussehen und private Schlüssel auf einem speziellen kryptografischen Chip speichern und ein Auslesen durch Dritte über Trojaner oder Viren verhindern
Generell kann jeder eine Soft- oder Hardware-Wallet erwerben und dort Kryptowährungen mit anderen Teilnehmern der Blockchain tauschen. Dies kann/soll aufgrund der Dezentralität von Blockchains ohne zentrale Regulierungsinstanz auch durch den neuen Maßnahmenkatalog der EU nicht verhindert oder beschränkt werden. Der freie und anonyme Tausch von Kryptowährung zwischen Nutzern bleibt daher möglich und kann theoretisch auch zum Transfer illegaler Gelder weiterverwendet werden. Der Tausch von Kryptowährungen gegen beispielsweise Fiatgeld fällt dann aber unter die KYC-Anforderungen, sodass die Maßnahmen für die Verhinderung von Geldwäsche durchaus ihren Beitrag leisten können.
In welchem Umfang laufen Geldwäsche und Terrorfinanzierung über Kryptowährungen?
Es ist davon auszugehen, dass Kryptowährungen durchaus eine Rolle spielen. Ob durch Kryptowährung eine größere Gefahr besteht als bei Fiatgeld, sei dahingestellt. Eine Gleichstellung von Kryptogeld und Fiatgeld bezüglich der Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung erscheint angebracht.
Welche Folgen für den Kryptomarkt erwarten Sie?
Die Auswirkungen werden für Nutzer vermutlich kaum zu merken sein, da diese heute schon ihre Identität auf Handelsplattformen verifizieren müssen. Nur bei Diensten, die bislang nicht unter diese Pflicht fielen, müssen nun zusätzliche Prozesse eingeführt werden. Dies wird bei den betroffenen Diensten zu Aufwand führen.
Welche Einwände haben Kritiker?
Kryptowährungen unterscheiden sich zu Fiatgeld insbesondere dadurch, dass die zugrundeliegende Blockchain-Infrastruktur, zum Beispiel Ethereum, nicht nur dem Tausch von Kryptogeld wie zum Beispiel Ether dient, sondern auch weitere Funktionen wie Smart-Contract-Funktionalitäten bietet und daher weit über eine bloße Zahlungsmöglichkeit hinausgeht. Diese Funktionalitäten dürfen durch eine Überregulierung nicht gestört werden. Zudem profitieren Blockchains durch ihre Dezentralität und Freiheit der Benutzung, was ebenfalls durch eine Überregulierung nicht beeinträchtigt werden darf.
Dr. Alexander Schmid ist Rechtsanwalt bei der internationalen Wirtschaftskanzlei CMS Deutschland.
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