GastbeitragGeldanlage

Finfluencer sind ebenso erfolgreich wie rechtlich umstritten

Anlagetipps über soziale Netzwerke finden viele Follower, doch die Risiken sind immens.

Finfluencer sind ebenso erfolgreich wie rechtlich umstritten

Finfluencer sind ebenso erfolgreich
wie rechtlich umstritten

Verbreitung von Anlagetipps über Soziale Netzwerke birgt hohe Risiken

Von Gero von Pelchrzim und Marco A. Succu *)

*) Dr. Gero von Pelchrzim und Marco A. Succu sind Rechtsanwälte der Kanzlei Von Pelchrzim Strafverteidiger.

Sie heißen Madamemoneypenny, Investmentpunk oder Dividendenbackpacker: „Finfluencer“ sind Influencer, die Geldanlagetipps zu Finanzanlagen und Finanzdienstleistungen über die Sozialen Netzwerke veröffentlichen. Die zehn erfolgreichsten Finfluencer allein haben auf Instagram über 2 Millionen Follower. Der heiße Trend birgt aber straf- und haftungsrechtliche Fallstricke für die Finfluencer – und besondere Risiken für Anleger.

Feste Größe

Influencer sind zu einer festen Größe in der Marketing-Welt geworden. Längst werden in den Sozialen Medien aber nicht mehr nur Beautyartikel und Urlaubsschnäppchen beworben, sondern auch Finanzprodukte. Dabei richten sich die Finfluencer vor allem an eine junge Zielgruppe, die auf Instagram, Tiktok und YouTube unterwegs ist.

Doch wer als Finfluencer tätig wird, unterliegt strengen Auflagen und Vorschriften. Grundsätzlich sind Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen in Deutschland nur erlaubt, wenn und soweit eine Erlaubnis der zuständigen BaFin nach dem Kreditwesengesetz (KWG) vorliegt. Wer ohne Erlaubnis aktiv ist, dem drohen Geldstrafen oder bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe. Die größte Rolle in der Praxis spielen dabei die ohne Erlaubnis betriebene Anlagenvermittlung und die erlaubniswidrige Anlageberatung.

In Fällen der Anlagenvermittlung leitet der Finfluencer den Kauf- oder Verkaufswunsch des Anlegers an denjenigen weiter, der mit dem Anleger ein Geschäft betreiben will. Für eine solche Anlagenvermittlung kann es genügen, wenn Finfluencer ihre Beiträge und Videos mit Links zu kooperierenden Anlageberatern versehen.

Dagegen liegt eine Anlageberatung vor, wenn dem Anleger persönliche Empfehlungen gegeben werden, die auf „eine Prüfung der persönlichen Umstände des Anlegers gestützt oder als für ihn geeignet dargestellt wird.“ Auch hier besteht ein Risiko für Finfluencer, wenn sie ihre Finanztipps an den persönlichen Umständen ihrer Follower orientieren – zum Beispiel „Geeignet für alle Ärzte zwischen 35 und 40 Jahren mit mehr als 80.000 Jahresbrutto.“ Finanztipps stellen zwar keine Anlageberatung dar, wenn sie „ausschließlich über Informationsverbreitungskanäle oder für die Öffentlichkeit bekannt gegeben“ werden. Allerdings kann der Fall schon wieder anders liegen, wenn man Finanztipps in geschlossenen Chat-Gruppen oder über private Nachrichten in Sozialen Netzwerken austauscht.

EU-Verordnung schließt Lücke

Finfluencer sind auch von den Pflichten nach der europarechtlichen Marktmissbrauchsverordnung (MMVO) betroffen. Um Lücken im Anlegerschutz zu schließen, zielt die MMVO explizit auf „Empfehlungen oder Vorschläge zu Anlagestrategien in Bezug auf ein oder mehrere Finanzinstrumente oder Emittenten, die für Verbreitungskanäle oder die Öffentlichkeit vorgesehen sind“. Anders als für die Anlageberatung nach dem KWG genügt hierfür die allgemeine Adressierung der Interessenten ohne individuellen Einschlag. Somit unterfällt ein Großteil der Anlageempfehlungen in den Sozialen Medien der MMVO und löst Pflichten für Finfluencer aus – sie riskieren Geldbußen von bis zu 500.000 Euro pro Verstoß.

Die Pflichten zur Objektivität und Transparenz sind umfangreich. Wer Anlageempfehlungen im Sinne der MMVO abgibt, muss in angemessener Weise dafür Sorge zu tragen, dass Informationen objektiv dargestellt und Interessen oder Interessenskonflikte hinsichtlich der empfohlenen Finanzinstrumente offengelegt werden. Zudem besteht die Pflicht, weitgehende Angaben zur eigenen Identität zu machen, sowie zur Identität derer, die an der Erstellung der Empfehlung mitgearbeitet haben oder zu denen insoweit eine Kooperation besteht. Es muss auch sichergestellt werden, dass Tatsachen von bloßen Mutmaßungen klar unterschieden werden und dass alle Informationsquellen klar und unmissverständlich sind. Prognosen sind als solche zu kennzeichnen.

Selbsternannte Experten

Auch für Verbraucher bestehen Risiken, wenn sie ihre Anlageentscheidung anhand von Informationen treffen, die sie in den Sozialen Medien finden. Schnell besteht die Gefahr, auf einen selbsternannten Experten reinzufallen. Anleger sollten prüfen, mit wem sie es zu tun haben und worauf sich das behauptete Fachwissen des Finfluencers gründet. Auch sollte man sich nicht von vielen Likes und Kommentaren blenden lassen.

Besonders gefährlich sind spezielle Betrugsmaschen des Kapitalmarkts. Unseriöse Akteure können den Kurs und Preis eines Finanzinstruments durch das sog. Scalping gezielt beeinflussen, dass alle Anleger ihr komplettes Investment verlieren können. Beim Scalping werden Kaufempfehlungen für Wertpapiere abgegeben, wobei der Empfehlende selbst das Wertpapier kurz zuvor erworben hat, um die nach der Empfehlung eintretende Kurssteigerung durch die Veräußerung der eigenen Wertpapiere gewinnbringend zu nutzen. Der Tippgeber selbst hält große Anteile dieser in Wahrheit wertlosen Wertpapiere; durch den Verkauf fällt der Kurs in aller Regel massiv und oft so weit ab, dass sämtliche andere Anleger ihr Geld verlieren.

Dr. Gero von Pelchrzim und Marco A. Succu sind Rechtsanwälte der Kanzlei Von Pelchrzim Strafverteidiger.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.