Influencer als regulatorische Herausforderung
Von Simon Grieser*)
Social-Media-Influencer sind ein fester Bestandteil für den Vertrieb und die Werbung für Finanzdienstleistungsprodukte geworden. Durch die erhebliche Reichweite der Influencer vermittelt durch ihre Follower konzentrieren sich die Aufsichtsbehörden zunehmend auf Social-Media-Influencer und die Marken und Produkte, für die sie werben.
So hat zum Beispiel unlängst die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde, die Wertpapiermarktregulierungsbehörde der EU, die Vorschriften erläutert, die in Fällen gelten, in denen eine Person mit Sitz in oder außerhalb der EU Informationen verbreitet, die eine Anlageentscheidung über EU-Finanzinstrumente (z. B. Aktien oder Anleihen) für ein breites Publikum vorschlagen.
Influencer unterliegen daher einer Reihe von regulatorischen Anforderungen, Verstöße können sich sowohl auf den Influencer persönlich als auch auf die Marke, mit der er zusammenarbeitet, auswirken. Gerade wenn die angesprochenen Kunden ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland haben, können insbesondere Erlaubnispflichten des Wertpapierinstitutsgesetzes (WpIG) und des Kreditwesengesetzes (KWG) zu beachten sein. Nicht alle Finanzdienstleistungsprodukte, für die geworben wird, fallen automatisch in den regulierten Bereich. Um in den Anwendungsbereich des WpIG bzw. des KWG zu fallen, muss es sich bei dem in Rede stehenden Produkt um ein Finanzinstrument im Sinne dieser Gesetze handeln.
Der Begriff der Finanzinstrumente umfasst nach der Legaldefinition zum Beispiel Aktien, sonstige Unternehmensbeteiligungen (insbesondere Anteile, die eine Beteiligung am Ergebnis eines Unternehmens gewähren), Genussrechte, Schuldverschreibungen, Anteile an Investmentvermögen, Geldmarktinstrumente, Devisen, Derivate und Kryptowerte. Dieser weite Anwendungsbereich der regulierten Produkte zeigt bereits auf, dass Tätigkeiten in diesem Bereich schnell in eine regulierte Tätigkeit münden können.
Allerdings sind nicht jegliche Tätigkeiten Finanzinstrumente betreffend erlaubnispflichtig. Die Tätigkeit selbst muss vielmehr ebenfalls reguliert sein. Insoweit kommen insbesondere zwei erlaubnispflichtige Tätigkeiten in Betracht. Zu nennen sind hier die Anlagevermittlung und die Anlageberatung.
Diese Tatbestände können grundsätzlich auch einschlägig sein, wenn der Influencer seinen Sitz im Ausland hat, seine gewerbliche Dienstleistung aber zielgerichtet an den deutschen Markt bzw. an Kunden mit Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland anbietet.
Anlagevermittlung
Die Anlagevermittlung erbringt demnach auch derjenige, der bewusst und final auf einen Anleger einwirkt, damit dieser ein Geschäft über die Anschaffung oder über die Veräußerung von Finanzinstrumenten abschließt. Wer einem Anleger ein konkretes Geschäft über die Anschaffung oder über die Veräußerung eines Finanzinstrumentes vorstellt und ihn zu überzeugen versucht, dieses Geschäft abzuschließen, übt üblicherweise eine erlaubnispflichtige Tätigkeit aus.
Wer dagegen nur den Kontakt zwischen dem Anleger und einem Veräußerer von Finanzinstrumenten herstellt, betreibt nicht die Anlagevermittlung. Wer daher nur einen Hinweis auf ein bestimmtes Geschäft über die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten gibt, ohne bewusst und final auf den Anleger einzuwirken, um dessen Abschlussbereitschaft herbeizuführen, erbringt nicht die Anlagevermittlung.
Das Gleiche gilt für die bloße Benennung von an einem Erwerb von Finanzinstrumenten interessierten Anlegern gegenüber Anbietern von Finanzinstrumenten. Ein für die Anlagevermittlung erforderliches Einwirken zur Herbeiführung der Abschlussbereitschaft liegt in aller Regel nur vor, wenn ein konkretes Geschäft über die Anschaffung oder Veräußerung von Finanzinstrumenten Gegenstand der Kommunikation zwischen Vermittler und Anleger ist.
Vielfach wird es aufgrund der allgemein gehaltenen Kommunikationsformen des Influencers an einem solchen Einwirken fehlen, so dass der Tatbestand der Anlagevermittlung als nicht erfüllt anzusehen wäre.
Die Anlageberatung wird gesetzlich als die Abgabe von persönlichen Empfehlungen an Kunden oder deren Vertreter, die sich auf Geschäfte mit bestimmten Finanzinstrumenten beziehen, sofern die Empfehlung auf eine Prüfung der persönlichen Umstände des Anlegers gestützt oder als für ihn geeignet dargestellt wird und nicht ausschließlich über Informationsverbreitungskanäle oder für die Öffentlichkeit bekannt gegeben wird, definiert.
Kernelement der regulierten Tätigkeit ist damit die Empfehlung eines Finanzinstrumentes, die „nicht ausschließlich über Informationsverbreitungskanäle und die Öffentlichkeit“ verbreitet wird. Hierdurch werden an das breite Publikum gerichtete Ratschläge wie allgemeine Information von Kunden über bestimmte Arten von Finanzinstrumenten sowie Anlageempfehlungen und Anlagestrategieempfehlungen, sofern nicht direkt an einzelne Personen gerichtet, aus der Anlageberatung ausgenommen. Nicht unter die regulierte Anlageberatung fallen daher die Berichterstattung in Zeitungen, im Fernsehen sowie im Internet.
Auch wenn ein Influencer seine Informationen zu bestimmten Finanzinstrumenten in seinem Follower-Kreis zirkuliert, wird man von einem unbestimmten Personenkreis aus Sicht der Regulierung ausgehen können, da diese Situation mit einem Abonnement einer Zeitschrift zu vergleichen ist. Daher scheidet in tatsächlicher Hinsicht vielfach eine erlaubnispflichtige Anlageberatung aus. Von Empfehlungen unterscheiden sich Finanzanalysen bzw. Anlageempfehlungen dadurch, dass sie sich zwar ebenfalls auf bestimmte Finanzinstrumente beziehen und konkrete Handlungsempfehlungen enthalten, aber an einen unbestimmten Personenkreis gerichtet sind. An die Abgabe einer Finanzanalyse bzw. Anlageempfehlung knüpfen zwar keine direkten Erlaubnispflichten, allerdings Anforderungen an die ordnungsgemäße Darstellung und Informationsaufbereitung.
Kosten-Nutzen-Abwägung
Aufgrund der Grenzen der erlaubnisfreien Tätigkeiten und um einen möglichst großen Handlungsspielraum vorzuhalten, kann es ratsam sein, eine entsprechende Erlaubnis zu beantragen. Allerdings wird sich oftmals das Kosten-Nutzen-Verhältnis einer Erlaubnisbeantragung und Aufrechterhaltung nicht rechtfertigen, so dass andere Optionen in Erwägung zu ziehen sind.
Vertraglich gebundener Vermittler ist, wer die Anlagevermittlung und die Anlageberatung ausschließlich für Rechnung und unter der Haftung eines Einlagenkreditinstituts oder Wertpapierhandelsunternehmens (sogenanntes Haftungsdach) erbringt. Das Haftungsdach muss sich der Tätigkeit des vertraglich gebundenen Vermittlers zurechnen lassen. Allerdings benötigt der Vermittler dann auch keine eigenständige Erlaubnis. Die Befreiung beruht auf der Überlegung, dass viele rechtlich selbständige Mitarbeiter, die etwa als Handelsvertreter für die genannten Institute tätig sind, eher mit angestellten Mitarbeitern als mit selbständigen Wertpapierdienstleistungsunternehmen vergleichbar sind.
Die Tätigkeit eines vertraglich gebundenen Vermittlers wird aufsichtsrechtlich dem Haftungsdach, für das er tätig wird, in vollem Umfang zugerechnet. Damit sind Letztere zum Beispiel auch für die Einhaltung der wertpapieraufsichtsrechtlichen Wohlverhaltensregeln durch den vertraglich gebundenen Vermittler verantwortlich und unterliegen insoweit der Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Für den vertraglich gebundenen Vermittler bzw. Influencer bietet diese Konzeption darüber hinaus auch den Vorteil, dass dieser auf das regulatorische Wissen des Haftungsdaches bei der Gestaltung seiner Berichte und Informationen zurückgreifen kann.
Die Informationen über Finanzprodukte durch Influencer über Social-Media-Kanäle können zwar unter Umständen zu regulatorischen Erlaubnisanforderungen und sonstigen Verhaltensanforderungen führen. Allerdings bietet das gesetzliche Konzept des vertraglich gebundenen Vermittlers eine robuste Lösungsmöglichkeit, die die regulatorischen Fallstricke erheblich reduzieren kann und ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis aufweist.
*) Dr. Simon G. Grieser ist Partner von Reed Smith in Frankfurt am Main.