Neue EU-Regeln für Banken aus Drittstaaten
Neue EU-Regeln für Banken
aus Drittstaaten
EU-Richtlinie CRD VI verändert Anforderungen für den Marktzugang
Von Bernd Geier *)
Am 9. Juli 2024 ist die Richtline (EU) 2024/1619 zur Änderung der Capital Requirements Directive (CRD) in Kraft getreten (sog. CRD VI). Sie verpflichtet Mitgliedstaaten, innerhalb von 18 Monaten nationales Recht so umzugestalten, dass Drittstaatenbanken Kernbankdienstleistungen nicht mehr grenzüberschreitend in der EU erbringen dürfen, sondern nur noch über Zweigstellen oder Tochtergesellschaften.
Das Verbot betrifft das Einlagen-, Kredit-, und Garantiegeschäft. Ausgenommen bleibt – aus Sicht der CRD VI − die Erbringung dieser Dienstleistungen als Nebendienstleistung (z.B. Einlagen und Kredite zur Finanzierung von Wertpapieraufträgen), das Intrabankengeschäft, Reverse-Solicitation Situationen und Geschäfte mit (bestimmten) Bestandskunden, die vor dem 11. Juli 2026 als Kunden gewonnen wurden. Auch sieht die neue CRD selbst bereits vor, gegebenenfalls weitere Unternehmen der Finanzbranche vom Verbot auszunehmen. Hierzu sollen die ESAs bis Mitte nächsten Jahres einen Bericht erstellen.
Liste auf BaFin-Webseite
Die grenzüberschreitende Erbringung solcher Dienstleistungen ist bislang im Rahmen der Freistellung nach § 2 Abs. 5 Kreditwesengesetz (KWG) zulässig, solange das Institut für seine in Deutschland betriebenen Geschäfte keiner zusätzlichen Aufsicht durch die BaFin bedarf.
Schweizer Institute erhalten – im Rahmen der sogenannten vereinfachten Freistellung – den direkten Zugang auch zum deutschen Privatkundenmarkt; im Übrigen ermöglicht die Freistellung Drittstaatenbanken den direkten Zugang zu professionellen Kunden, insbesondere auch geeigneten Gegenparteien, und unter Vermittlung deutscher Institute – auch den indirekten Zugang zu Privatkunden.
Entsprechend weist die BaFin auf ihrer Website zahlreiche Institute aus, die aktuell von der Freistellung Gebrauch machen. Konkret richtet sich die Betroffenheit der Institute nach Inhalt und Umfang der erteilten Freistellung, insbesondere nach den erfassten Dienstleistungen.
Zu Lasten des Instituts
Bestehende Freistellungen für die grenzüberschreitende Erbringung des Einlagen-, Kredit-, und Garantiegeschäfts können künftig nach Auffassung der BaFin gegebenenfalls nicht mehr aufrecht erhalten bleiben. Dies gilt auch für die vereinfachte Freistellung Schweizer Banken. Freistellungen wurden in der Vergangenheit typischerweise lediglich unter Widerrufsvorbehalt erteilt. Die Anpassung der Verwaltungsakte an eine geänderte Rechtslage ist daher grundsätzlich auch zu Lasten des Instituts möglich (§ 49 VwVfG). Auf Basis des Referentenentwurfs zum CRD-VI-Umsetzungsgesetz steht zu erwarten, dass Freistellungen für Bankdienstleistungen, die außerhalb der künftig geltenden Ausnahmen erbracht werden sollen, von der BaFin widerrufen werden.
Details noch nicht geklärt
Zur Bestimmung, ob und in welchem Umfang bestehende Freistellungen widerrufen werden, fragt die BaFin daher nunmehr von betroffenen Instituten zusätzlich Informationen ab. So werden mit der CRD-VI-Umsetzung neue Kriterien für die Zulässigkeit der Freistellung relevant, die bislang nicht vorgetragen werden mussten. Die Details der künftig für Deutschland geltenden Anforderungen sind noch noch nicht abschließend geklärt. Unklar ist zum Beispiel, ob der deutsche Gesetzgeber plant, den weiteren Begriff der Nebendienstleistung in der CRD VI im Rahmen der Umsetzung in Deutschland einengend lediglich auf Wertpapiernebendienstleistungen nach MiFID II zu beziehen. Dann stünde zum Beispiel das Einlagengeschäft nicht zur Verfügung.
Instituten wird nunmehr frühzeitig die Möglichkeit eröffnet, ihr Geschäftsmodell und die Art und Weise, wie Dienstleistungen (künftig) erbracht werden sollen, der BaFin vorzutragen. Entscheidend ist dabei unter anderem die Frage, ob und wie das Einlagen-, Kredit- und Garantiegeschäft künftig mit Wertpapiergeschäften, Anlageberatung und/oder Portfoliomanagement verknüpft wird.
Im Falle des Widerrufs der Freistellung können Kernbankendienstleistungen künftig nur noch über eine zugelassene Zweigstelle oder ein zugelassenes Tochterunternehmen in der EU erbracht werden. Die CRD VI führt für Zweigstellen einheitliche Mindestanforderungen ein. Bislang unterlag die Regulierung nationalem Recht, in Deutschland § 53 KWG.
Zwei Klassen
Die CRD VI unterscheidet künftig zwei Klassen: Zur Klasse 1 gehören u.a. Zweigstellen mit mehr als 5 Mrd. Euro Vermögenswerten und Verbindlichkeiten und Zweigstellen, die in erheblichem Umfang Privatkundeneinlagen hereinnehmen. Inhalt und Umfang der aufsichtsrechtlichen Anforderungen richtet sich nach der Zuordnung zu einer der Klassen. Darüber hinaus kann insbesondere bei systemrelevanten Zweigstellen eine Umwandlung in ein Tochterunternehmen (mit selbständiger Lizenz) angeordnet werden.
Der Zugang von Drittstaateninstituten wird mit der CRD VI daher erheblich beschränkt und auf ein einheitliches (höheres) Regulierungsniveau innerhalb der EU gehoben. Die Verwaltungspraxis der BaFin in Bezug auf Freistellungen steht (erneut) vor einem Umbruch.
*) Prof. Dr. Bernd Geier ist Partner der Kanzlei Rimon Falkenfort in Frankfurt.