GastbeitragVerbraucherschutz

EU setzt neue Regeln für Verbraucherfinanzierungen

Mit der EU-Verbraucherkreditrichtlinie werden die Regelungen für Leasing, Kreditkartenforderungen und "Buy now, pay later" erweitert und Aufklärungspflichten verschärft.

EU setzt neue Regeln für Verbraucherfinanzierungen

EU setzt neue Regeln
für Verbraucherfinanzierungen

Strengere Vorgaben für Leasing, Kreditkartenforderungen und "Buy now, pay later"

Von Jördis Heckt-Harbeck *)

Mit der Verbraucherkreditrichtlinie CCD II (Consumer Credit Directive II) soll der Schutz der europäischen Verbraucher, die einen Kredit beantragen, weiter gestärkt werden. Die neue Richtlinie wurde am 30. Oktober im EU-Amtsblatt veröffentlicht und tritt bereits in Kürze – am 20. November 2023 – in Kraft. Die CCD II sieht nach der letzten Richtlinie zum Verbraucherkredit aus dem Jahr 2008 wesentliche Änderungen für das Kreditgeschäft vor, von denen neben dem klassischen Verbraucherkredit auch weitere Geschäftsmodelle betroffen sind. Der europäische Gesetzgeber reagiert so auf die Weiterentwicklung des Marktes in den vergangenen Jahren und die daraus resultierenden potenziellen zusätzlichen Risiken für Verbraucher.

Deutlich weiter gefasst

Der Anwendungsbereich der Regelungen für Verbraucherkredite wird unter der CCD II deutlich weiter gefasst und Aufklärungspflichten werden verschärft. Bisher waren von den besonderen Verbraucherschutzregelungen Kleinstkredite mit einem Betrag von unter 200 Euro und bestimmte kurzfristige, sowie zins- und gebührenfreie Darlehen ausgenommen. Davon konnten insbesondere das Kreditkartengeschäft und „Buy now, pay later“-Dienstleistungen, die sich im Onlinehandel großer Beliebtheit erfreuen, profitieren. Bei Letzteren handelt es sich um Geschäftsmodelle, bei denen der Verkäufer oder ein Drittanbieter dem Verbraucher die Möglichkeit des Rechnungs- oder Ratenkaufs oder eines anderen typischerweise nicht regulierten flexiblen Zahlungsmodells anbietet.

Durch den Wegfall der bisherigen Ausnahmen qualifizieren solche Modelle künftig aus zivilrechtlicher Perspektive ebenfalls als Verbraucherkredite und unterfallen damit den für diese strengeren Regelungen. Anbieter solcher Finanzierungslösungen könnten zudem zukünftig einem Zulassungs- bzw. Registrierungs- und Beaufsichtigungsprozess durch die nationalen Aufsichtsbehörden unterliegen. Änderungen kommen weiterhin auf Leasinggeber zu.

Neues Muster

Bisher gelten nur solche Leasingverträge als Verbraucherkredite, die einen anschließenden Erwerb des geleasten Gegenstands zwingend vorsehen (zum Beispiel in bestimmten Formen des Finanzierungsleasings). Die CCD II erweitert den Anwendungsbereich nun auch auf solche zunehmend verbreiteten Verträge, die einen Erwerb des Gegenstands lediglich wahlweise ermöglichen (sogenannte „agility“-Modelle).

Mit der Erweiterung einher geht auch ein neues Muster zur Erfüllung der vorvertraglichen Informationspflichten (sog. Standard European Consumer Credit Information oder SECCI).

Crowdfunding

Der ursprüngliche Entwurf der CCD II, den die EU-Kommission im Juni 2021 vorlegte, sah noch die Regulierung bestimmter Crowdfunding-Dienstleistungen vor, da diese bislang nicht in der europäischen Verordnung für Schwarmfinanzierungsdienstleister geregelt sind.

Regelungen zum Crowdfunding sind in der finalen Richtlinienfassung jedoch nicht mehr enthalten. Vielmehr ist für voraussichtlich Ende 2025 eine separate Überprüfung des Verbraucherschutzrahmens von Kreditnehmern in Crowdfundingstrukturen vorgesehen. Nach wie vor können Plattformanbieter aber in den Anwendungsbereich der CCD II fallen, wenn sie selbst als Kreditgeber oder -intermediär auftreten. Neue Pflichten treffen Kreditgeber auch im Bereich des sogenannten. Digital Lending. Sofern diese die für sie verpflichtende Kreditwürdigkeitsprüfung in automatisierter Form durchführen, sollen Verbraucher einen Anspruch auf menschliches Einschreiten bzw. eine Nachprüfung durch hinreichend qualifiziertes Personal des Kreditgebers haben.

Kreditgeber treffen künftig zudem sogenannte Wohlverhaltenspflichten, die mit besonderen Anforderungen an Kenntnisse und Fähigkeiten des Personals, Vergütungsstrukturen und an das Risikomanagement (einschließlich Prozesse zur frühzeitigen Feststellung von Zahlungsschwierigkeiten der Kreditnehmer) einhergehen. Auch gewisse Praktiken in der Werbung, die gegenüber Verbrauchern irreführend sein könnten, sollen untersagt und Warnhinweise vorgesehen werden.

Frage des Widerrufsrechts

Die CCD II greift auch das Thema des „ewigen Widerrufsrechts“ auf. Erhalten Verbraucher bestimmte Vertragsbedingungen und -informationen nicht, so können sie nach der aktuellen Rechtslage einen Vertrag in der Regel zeitlich unbeschränkt – also auch noch viele Jahre später – widerrufen. Die Ausübung dieses Widerrufsrechts wird nun teilweise auf einen Zeitraum von 12 Monaten und 14 Tagen nach Vertragsschluss beschränkt, soll jedoch weiterhin nicht ablaufen, wenn der Verbraucher nicht über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist.

Der deutsche Gesetzgeber hat nun insgesamt 24 Monate Zeit, die Richtlinie in deutsches Recht umzusetzen. Die neuen Regelungen sollen dann drei Jahre nach Inkrafttreten der CCD II anwendbar sein.

Kreditgeber und -intermediäre tun also gut daran, aufmerksam zu verfolgen, was der der deutsche Gesetzgeber hier für sie bereithalten wird.

*) Jördis Heckt-Harbeck ist Counsel im Bereich Kapitalmarktrecht bei Linklaters.

Jördis Heckt-Harbeck ist Counsel im Bereich Kapitalmarktrecht bei Linklaters