Alexander Vogt, Linklaters

Neuer Fondstyp zielt auf Entwicklungs­länder

Kapitalanlagegesetzbuch führt Förderungsfonds ein

Neuer Fondstyp zielt auf Entwicklungs­länder

Herr Vogt, am 2. August 2021 treten weitreichende Änderungen im Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) in Kraft. Unter anderem wird ein neuer Fondstypus, der Entwicklungsförderungsfonds eingeführt. Mit welcher Motivation?

EF-Fonds sind Vehikel für die kollektive Anlage von Kapital in Entwicklungsländern mit Strategien, die messbar zur Erreichung mindestens eines der UN-Nachhaltigkeitsziele beitragen. Es handelt sich um ein sehr breites Spektrum von möglichen Anlagestrategien – dazu gehören ganz grundsätzliche Entwicklungsschritte wie die Bekämpfung von Armut und Hunger, die Förderung von Gesundheit, Bildung, Geschlechtergleichheit und den Zugang zu bezahlbarer Energie. Darüber hinaus stehen aber auch die Förderung von Innovation und Wirtschaftswachstum, von nachhaltiger Industrialisierung und Landwirtschaft sowie Maßnahmen zum Klimaschutz und zum Schutz der Meere im Fokus. Das sind brandaktuelle globale Probleme.

Wie können EF-Fonds dabei helfen, diese Probleme zu lösen?

Die Lösung dieser dringenden Probleme ist unter anderem mit einem Finanzierungsbedarf verbunden, der die öffentlichen Entwicklungsförderungsbudgets der entwickelten Welt um ein Vielfaches übersteigt. Ohne die Mobilisierung von privatem Kapital aus reichen Ländern wird die riesige Finanzierungslücke nicht geschlossen werden können. Genau hier setzt das Konzept der EF-Fonds an. Denn ESG-Investments haben bei institutionellen Kapitalanlegern einen bedeutenden Stellenwert erlangt, Tendenz steigend. Mit EF-Fonds­ können zum Beispiel öffentliche Mittel eingesetzt werden, um Investments von privaten Anlegern vor Risiken zu schützen. Dadurch können risikoreiche Anlagestrategien in Entwicklungsländern für private Anleger attraktiv werden und, im Ergebnis, das für nachhaltige Entwicklung einsetzbare Kapital um ein Vielfaches gehebelt werden. Darüber hinaus müssen EF-Fonds­ gar keine öffentlichen Mittel einsetzen – sie können ausschließlich privatfinanziert sein.

Worin liegen die regulatorischen Anreize?

Vereinfacht gesagt, in der Flexibilität. Damit EF-Fonds in der Lage sind, die große Breite der denkbaren Anlagestrategien umzusetzen, erfährt der EF-Fonds vom Gesetzgeber einzigartige regulatorische Privilegien. EF-Fonds­ können in alle Vermögensgegenstände investieren, deren Verkehrswert ermittelt werden kann – das heißt, Aktien und Renten sowie Beteiligungen, Darlehen und Immobilien sind alles denkbare Anlageformen. EF-Fonds unterliegen keinen Leverage-Beschränkungen. Sie dürfen auch selbst unter vereinfachten organisatorischen Voraussetzungen Darlehen und Garantien vergeben. Schließlich können EF-Fonds sowohl in geschlossener Form  – das heißt ohne Rückgaberecht für die Anleger –  als auch in offener Form – also mit Rückgaberecht –  aufgelegt werden. Die vielfachen Strukturierungsmöglichkeiten – auch und insbesondere auf der Refinanzierungsseite – machen EF-Fonds besonders interessant. Allerdings sind sie nur für professionelle und semi-professionelle Anleger geeignet.

Werden sich EF-Fonds in Deutschland durchsetzen?

Ich gehe davon aus, dass sich EF-Fonds­ mit einer oft als „Blended Finance“ bezeichneten Kapitalstruktur, bestehend aus subordiniertem öffentlichem und vorrangigem privaten Anlagekapital, im Markt durchsetzen werden. Denn dieser Ansatz ermöglicht eine gute Risiko-Rendite für Anlagestrategien, die in Entwicklungsländern eine messbar positive ökologische und soziale Wirkung entfalten. Viele institutionelle Investoren ergänzen ihre Portfolioallokation durch derartige Anlagen. Mit einer entsprechenden Un­terstützung durch die öffentliche Hand werden sich EF-Fonds etablieren. Wünschenswert wäre allerdings eine steuerliche Privilegierung von EF-Fonds, wie sie im Gesetzgebungsverfahren gefordert wurde, also eine Umsatzsteuerbefreiung für die Verwaltungsgebühr die Befreiung von der Gewerbesteuer.

Was würde das bringen?

Diese Maßnahmen sind notwendig, wenn sich EF-Fonds in rein privatfinanzierter Form durchsetzen sollen, ansonsten weichen private Marktteilnehmer weiterhin auf ausländische Fondsstandorte mit günstigeren steuerlichen Rahmenbedingungen aus.

Alexander Vogt ist Partner von Linklaters.

Die Fragen stellte Sabine Wadewitz.