Neuer Schutzschirm gegen Folgen des Ukraine-Kriegs
Von Markus Paffenholz und
Stefan Lengermann*)
Vor wenigen Tagen wurden neue Fördermöglichkeiten der KfW und der Bürgschaftsbanken der Länder zur Abmilderung der negativen Folgen des Ukraine-Kriegs und der beschlossenen Gegensanktionen bekannt gegeben. Betroffene Unternehmen erhalten auf diese Weise (auf Antrag und ohne rechtlichen Anspruch) erleichterten Zugang zu zinsvergünstigten Krediten (teilweise mit Haftungsfreistellung/Bürgschaft). Die Förderprogramme waren von Banken und Unternehmen im Vorfeld bereits mit einiger Spannung erwartet worden, nachdem es von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck Anfang März eine entsprechende Ankündigung gegeben hatte.
Über fast alle Branchen hinweg sind viele Unternehmen direkt oder indirekt von den Kriegs- und Sanktionsfolgen betroffen, beispielsweise in Form steigender Rohstoff- und Energiekosten. KfW und Bürgschaftsbanken können in wesentlichen Teilen auf die Regelungen der erst vor kurzem ausgelaufenen, in den Pandemiejahren sorgfältig entwickelten Corona-Sonderprogramme zurückgreifen und tun dies offenbar auch. Zwar sind noch nicht alle Einzelheiten bekannt, doch Marktteilnehmer müssen beim Studium der neuen Sonderprogramme nicht bei null anfangen und finden schnell Orientierung.
Was ist bekannt? Die KfW hat ein neues „KfW-Sonderprogramm UBR“ (Ukraine, Belarus, Russland) ins Leben gerufen. Anträge auf Förderkredite können bei ihr seit dem 9. Mai gestellt werden. Bereits seit dem 29. April sind zudem auch Anträge bei den Bürgschaftsbanken und unter dem Großbürgschaftsprogramm möglich. Die Programme sind zunächst bis zum Ende dieses Jahres befristet. Bis dahin müssen die entsprechenden Kreditverträge abgeschlossen sein. Die Fördermittel stehen Unternehmen grundsätzlich unabhängig von ihrer Branche und Größe offen, wenn zumindest eines der folgenden Zugangskriterien erfüllt wird:
Umsatzrückgang durch weggebrochenen Absatzmarkt (in den letzten drei Jahren mindestens 10% des Umsatzes in den UBR-Märkten)
nachgewiesene Produktionsausfälle in den Ländern Ukraine, Belarus und Russland
nachgewiesene Produktionsausfälle aufgrund fehlender Rohstoffe und Vorprodukte
Schließung von Produktionsstätten in Russland, Ukraine oder Belarus
besonders hohe Betroffenheit durch die gestiegenen Energiekosten (Energiekostenanteil mindestens 3% vom Jahresumsatz 2021).
Liegt dies vor, können mittelständische und große Unternehmen sowie freiberuflich Tätige KfW-Förderdarlehen von bis zu 100 Mill. Euro erhalten, für welche die beantragende Hausbank mit 70 bis 80% (je nach Unternehmensgröße) von ihrer Haftung freigestellt wird. Als Laufzeit sind hier zwei bis sechs Jahre beantragbar, davon bis zu zwei Jahre tilgungsfrei. Ebenfalls mit bis zu sechsjähriger Laufzeit ist auch die direkte Beteiligung der KfW an einer Konsortialfinanzierung über in der Regel mindestens 25 Mill. Euro möglich. Die Risikoübernahme der KfW ist dann auf 70% der Konsortialfinanzierung bzw. 50% der Gesamtverschuldung des Unternehmens begrenzt. Im Rahmen der angepassten Bund-Länder-Bürgschaftsprogramme sind darüber hinaus beispielsweise bei der Bürgschaftsbank NRW die Bürgschaftsobergrenzen auf 50% (bei Kredithöhe bis 5 Mill. Euro) beziehungsweise 80% (bei Kredithöhe bis 3,125 Mill. Euro) angehoben worden, welche auch KMU und Existenzgründern offenstehen.
Die Kombination von Förderdarlehen mit anderen Fördermitteln ist grundsätzlich möglich. Zudem darf das Unternehmen zum 31.12.2021 (nicht: 31.12.2019!) nicht als „Unternehmen in Schwierigkeiten“ qualifiziert werden. Auch Umschuldungen und Nachfinanzierungen sind ausgeschlossen, Gewinnentnahmen und Dividendenzahlungen nur eingeschränkt zulässig. Ebenfalls gilt wieder die Betrachtung des Unternehmensverbundes.
Über die Hausbank
Für den Beantragungsweg gilt das gewohnte Hausbankenprinzip, das heißt, die Beantragung erfolgt über Banken und Sparkassen. Das seit dem Corona-Sonderprogramm bekannte (modifizierte) „Fast-Track-Verfahren“ findet ebenfalls erneut Anwendung. Die KfW verzichtet damit bei Kreditbeträgen bis 3 Mill. Euro bzw. 10 Mill. Euro (bei Erfüllung entsprechender Kriterien) auf eine eigene Risikoprüfung, was die Gewährung der Förderung im Einzelfall deutlich beschleunigt.
Stand heute ist jedoch noch zu beachten, dass die Gewährung in allen Fällen erst dann erfolgen kann, wenn der Bundesregierung die benötigte beihilferechtliche Genehmigung der EU-Kommission vorliegt, wozu sie sich allerdings bereits in weit fortgeschrittenen Gesprächen befinden soll. Ungeachtet der damit verbleibenden Restunsicherheit erscheinen uns das Förderziel und die begonnene Umsetzung richtig. Die gerade erst veröffentlichten Bedingungen und Merkblätter dürften in der nächsten Zeit eine weitere Konkretisierung erfahren. Wir erwarten, dass zumindest in Teilen die gerade erst ausgelaufenen Corona-Sonderprogramme als sinnvolle Blaupause dienen werden.
*) Markus Paffenholz ist Partner, Stefan Lengermann Senior Manager bei Baker Tilly.