Öffentliche Tauschangebote nur noch bei Free Float von 500 Mill. Euro?
Sabine Wadewitz.
Herr Kiefner, Herr Kiesewetter, das OLG Frankfurt hat vor kurzem bestätigt, dass die BaFin zu Recht das öffentliche Tauschangebot für Biofrontera untersagt hat. Was ist der Hintergrund?
Kiefner: Über ihre börsennotierte Tochtergesellschaft Heidelberger Beteiligungsholding wollte Deutsche Balaton die Biofrontera übernehmen und dabei den Biofrontera-Aktionären als Gegenleistung nicht Cash, sondern Aktien der Heidelberger Beteiligungsholding anbieten. Die BaFin hat das Tauschangebot mit der Begründung untersagt, die als Gegenleistung angebotenen Aktien seien nicht hinreichend liquide. Die Bieterin hat versucht, sich hiergegen zu wehren – ohne Erfolg: Das zuständige OLG Frankfurt hat zu Jahresbeginn die Untersagung bestätigt (Az. WpÜG-1/20).
Die Entscheidung enthält offenbar Aussagen, die Tauschangebote künftig deutlich erschweren könnten. Wie kommt es dazu?
Kiesewetter: Nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz dürfen bei einem Tauschangebot nur Aktien als Gegenleistung angeboten werden, die hinreichend liquide sind. Dadurch ist gewährleistet, dass die annehmenden Aktionäre die Gegenleistung jederzeit zu Geld machen können. Da das Gesetz nicht sagt, was „liquide“ genau bedeutet, hat die BaFin bislang eine Prognose anhand des Einzelfalls (Streubesitz des Bieters, historische Handelsdaten et cetera) vorgenommen. Das OLG Frankfurt hat nun – ohne dass das im konkreten Fall entscheidungserheblich war – Sympathie für eine Anknüpfung an die Finanzinstrumente-Aufzeichnungspflicht-Durchführungsverordnung erkennen lassen. Danach ist eine Aktie dann liquide, wenn der Streubesitz des Bieters mindestens 500 Mill. Euro beträgt und die Aktie täglich in einem bestimmten Umfang gehandelt wird. Damit schüttet das OLG ohne Not das Kind mit dem Bade aus.
Glauben Sie, dass die BaFin trotz der Entscheidung des OLG Frankfurt an ihrer bisherigen liberaleren Linie festhält?
Kiesewetter: Es ist zu hoffen, dass die BaFin an ihrer bewährten einzelfallbezogenen Verwaltungspraxis mit Augenmaß festhält. Doch es gibt Anlass zur Sorge: In einer vor einem Monat ergangenen Untersagung (Kromi Logistik AG) hat die BaFin die vom OLG favorisierten strengeren Kriterien zur Begründung herangezogen, obwohl auch ihre bisherige Verwaltungsauffassung für eine Untersagung vermutlich ausgereicht hätte. Würde das OLG Frankfurt dauerhaft Schule machen, wäre es zahlreichen Bietern künftig – unabhängig von der Größe der Zielgesellschaft – verwehrt, ein Tauschangebot abzugeben. Allein in Deutschland würden wahrscheinlich nur rund 80 Großunternehmen als Bieter die Kriterien erfüllen.
Wenn die BaFin auch künftig Tauschangebote billigen sollte, können dann Anleger diese Billigung vor dem OLG Frankfurt gerichtlich angreifen?
Kiefner: Nein, das ist nicht möglich. Grundsätzlich können nur die unmittelbar am Billigungsverfahren Beteiligten eine gerichtliche Überprüfung herbeiführen.
Wie sieht es mit Klagen aus, die direkt gegen den Bieter und dessen Tauschangebot erhoben werden?
Kiefner: Aktionäre der Zielgesellschaft, die das Angebot angenommen haben, haben nach der Postbank-Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2014 einen zivilrechtlich einklagbaren Anspruch auf Zahlung der angemessenen Gegenleistung. In erster Linie geht es dabei um die Höhe der Gegenleistung, also um die Frage, ob die Mindestpreisregeln beachtet wurden. Aktionäre könnten allerdings künftig bei gebilligten Tauschangeboten versuchen, auch die Art der Gegenleistung anzugreifen. Konkret würde das bedeuten, dass ein Aktionär zunächst das Tauschangebot annimmt und anschließend – wegen angeblicher Illiquidität der Tauschaktie – den Bieter gegen Rückgabe der Tauschaktie auf Zahlung eines Barbetrags in Anspruch nimmt. Wir halten ein solches Vorgehen für unzulässig, denn damit könnte nachträglich die im Gesetz vorgegebene Unterscheidung zwischen Bar- und Tauschangeboten eingeebnet werden.
Dr. Alexander Kiefner und
Dr. Matthias Kiesewetter sind
Partner von White & Case.
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