GastbeitragGesetzesreform

Personengesellschaften mit gravierenden rechtlichen Anpassungen konfrontiert

Das Gesetz zur Modernisierung des Rechts der Personengesellschaften ist die bedeutendste Reform für den Firmenkreis seit mehr als 100 Jahren.

Personengesellschaften mit gravierenden rechtlichen Anpassungen konfrontiert

Auf Personengesellschaften kommen gravierende rechtliche Änderungen zu

Unternehmen sollten rechtzeitig Verträge anpassen

Lars Figura und Ulrich Thölke *)

Von Januar 2024 an treten für Personengesellschaften zahlreiche Änderungen in Kraft. Gesellschaften sollten jetzt ihre Gesellschaftsverträge anpassen, denn Bestimmungen, die zum neuen Recht in Widerspruch stehen, können ab nächstem Jahr ungültig sein. Die Änderungen betreffen etwa Gesellschaftsbeschlüsse, den Sitz der Gesellschaft oder die Einführung eines Gesellschaftsregisters.

Am 1. Januar 2024 tritt das Gesetz zur Modernisierung des Rechts der Personengesellschaften, kurz MoPeG, in Kraft. Die Zahl der betroffenen Gesellschaften ist riesig: Mehr als 400.000 Personengesellschaften weist das Statistische Bundesamt allein in seiner letzten Umsatzsteuerstatistik aus.

Gestaltungsmöglichkeiten

Darunter sind viele Familienunternehmen in den Rechtsformen der OHG, KG und GmbH & Co. KG, Zusammenschlüsse von Angehörigen der freien Berufe in der Rechtsform der Partnerschaftsgesellschaft und kleingewerbliche Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR). In dieser Zahl noch gar nicht enthalten sind die vielen Personengesellschaften, die keine umsatzsteuerpflichtigen Geschäfte betreiben, also insbesondere solche, die etwa als Tochtergesellschaften innerhalb von Konzernen vermögensverwaltend tätig sind.

Das MoPeG ist das bedeutendste Gesetzgebungsprojekt im Personengesellschaftsrecht seit mehr als 100 Jahren und schafft viele zeitgemäße Gestaltungsmöglichkeiten. In vielen Punkten passt es die gesetzlichen Regelungen nur an die Entwicklungen in Rechtsprechung und Vertragspraxis an – für bestehende Gesellschaftsverträge ist das in aller Regel unproblematisch.

Anders liegt es hingegen bei Änderungen des sogenannten dispositiven Rechts, also gesetzlichen Vorschriften, die dann gelten, wenn der Gesellschaftsvertrag das Thema nicht oder nur unvollständig regelt. Die nun beginnende Zeit der ordentlichen Gesellschaftsversammlungen, in denen über die Jahresabschlüsse des Vorjahres befunden wird, bietet die Gelegenheit, den Kreis der Gesellschafter zu informieren und das Notwendige zu veranlassen.

Fristen zur Anfechtung

Die bisherige Rechtslage kennt für die OHG und die KG kein Beschlussmängelrecht, weshalb die meisten Gesellschaftsverträge individuelle Regelungen vorsehen. Ab dem Jahr 2024 wird das Beschlussmängelrecht in den §§ 110 HGB ff geregelt. Diese Vorschriften sind teils zwingend, teils dispositiv. Die Klagefrist für kodifizierte Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen beträgt nach der neuen Regel drei Monate ab Bekanntgabe des Beschlusses. Diese Frist kann auf einen Monat verkürzt werden, ebenfalls ab Bekanntgabe des Beschlusses.

Probleme mit bestehenden Gesellschaftsverträgen können sich typischerweise an zwei Stellen ergeben: Sieht der Vertrag eine Klagefrist von vier Wochen vor, so ist die Frist nach der neuen Gesetzeslage zu kurz und damit unwirksam. Dann gilt die Dreimonatsfrist, mit entsprechend längerer Unsicherheit.

Neues Gesellschaftsregister

Auch wenn der Gesellschaftsvertrag eine Frist von einem Monat vorsieht, aber nicht ab Bekanntgabe des Beschlusses, sondern ab dem Tag der Gesellschafterversammlung, ist regelmäßig die Mindestfrist ebenfalls nicht gewahrt.

Das Gesetz führt ein Gesellschaftsregister für Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) ein. Die Eintragung ist freiwillig und nicht Voraussetzung für die Rechtsfähigkeit der GbR. Sie ist aber Voraussetzung für den Erwerb so genannter „eingetragener Rechte“: Dazu gehören die Eintragung in das Grundbuch, in das Schiffsregister oder die Eintragung als Gesellschafterin in die Gesellschafterliste einer GmbH oder das Aktienregister eine AG. Deshalb kann für viele Gesellschaften die Registeranmeldung sinnvoll oder sogar erforderlich sein, was in der Gesellschafterversammlung zu Diskussionen führen kann: Je nach Interessenlage können in der mit der Eintragung möglichen Publizität Vor- und Nachteile gesehen werden, so kann durch schlichten Registerauszug die Existenz und die Vertretungsbefugnis von GbR-Gesellschaftern im Rechtsverkehr nachweisbar sein. In jedem Fall muss man diesbezüglich den kommenden Jahreswechsel im Blick haben: Eine GbR, die 2024 GmbH-Anteile erwerben möchte, muss sicher sein, dass ihre vorherige Eintragung im Gesellschaftsregister gelingt, oder anderweitig vertragliche Vorsorge treffen.

Sitzwahlrecht

Schließlich eröffnet das MoPeG auch ganz neue Gestaltungsspielräume, etwa die Öffnung der Personenhandelsgesellschaften für die freien Berufe oder die Möglichkeit, im Gesellschaftsvertrag einen so genannten Vertragssitz festzulegen, der mit dem tatsächlichen Sitz der Verwaltung nicht übereinzustimmen braucht. Damit wird es erstmals möglich, die Verwaltung einer Personengesellschaft rechtssicher ins Ausland zu verlegen, ohne ihre Anerkennung als deutsche Gesellschaft vor deutschen Gerichten zu gefährden. Zukünftig bestehen daher Gestaltungsmöglichkeiten, die naheliegend insbesondere steuerliche Überlegungen oder die persönliche Lebensführung von Gesellschaftern als Hintergrund haben werden.

*) Dr. Lars Figura und Dr. Ulrich Thölke sind Partner der KPMG Law Rechtsanwalts-
gesellschaft.

Dr. Lars Figura und Dr. Ulrich Thölke sind Partner der KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft.