GastbeitragInvestitionskontrolle

Regulatorisches Umfeld erschwert M&A-Transaktionen

Neue Regelungen erhöhen die Gefahr, dass Behörden grenzüberschreitende Fusionen und Übernahmen untersagen oder nur mit Auflagen freigeben. Dies führt zu erheblicher Verunsicherung, da klare Vorhersagen zur Dauer und zum Ausgang der Prüfungen oft nicht möglich sind.

Regulatorisches Umfeld erschwert M&A-Transaktionen

Das regulatorische Umfeld
erschwert M&A-Transaktionen

Längere Prüfverfahren bergen Risiken und bremsen Übernahmeprojekte

Von Rainer Traugott *)

Das regulatorische Umfeld für Fusionen und Übernahmen (M&A) hat sich in den letzten Jahren erheblich verändert und stellt Unternehmen vor neue Herausforderungen. Entscheidungen der zuständigen Behörden über grenzüberschreitende Fusionen und Übernahmen sind schwerer vorhersehbar geworden. Dies führt zu Verunsicherung bei den beteiligten Unternehmen, da die Transaktionssicherheit neben der Bewertung der wichtigste Aspekt für die Parteien ist. Sind Dauer und Ausgang der regulatorischen Prüfungen in einer Transaktion unklar, erschwert dies die Planung und Durchführung des Projekts erheblich.

Dreiklang

Früher konnten Transaktionsparteien das Risiko von Einwänden der Kartellbehörden und den diesbezüglichen Zeitaufwand in der Regel im Vorhinein gut einschätzen. Heute ist dies oft anders. Zu der kartellrechtlichen Fusionskontrolle sind außerdem weitere Prüfverfahren hinzugekommen, nämlich außenwirtschaftsrechtliche Prüfverfahren in einer Vielzahl von Ländern und seit Kurzem auch Prüfverfahren gemäß der Foreign Subsidies Regulation (FSR) auf EU-Ebene. Dieser Dreiklang aus kartellrechtlicher Fusionskontrolle, außenwirtschaftlicher Kontrolle und FSR muss nun bei jeder größeren Transaktion berücksichtigt werden.

Herausforderungen für M&A-Anwälte

M&A-Anwälte sind häufig die ersten Ansprechpartner für Entscheider in den Unternehmen zu allen wesentlichen Aspekten einer Transaktion und bemühen sich, den Mandanten möglichst klare Empfehlungen zu geben. Dabei versuchen sie, die Warnhinweise zu Risiken so kurz wie möglich zu halten oder sogar ganz wegzulassen. Die jüngsten Entwicklungen machen es jedoch zunehmend schwieriger, diesem Anspruch gerecht zu werden. Eine enge Zusammenarbeit mit Spezialisten, also Kartellrechtlern, Außenwirtschaftsrechtlern und FSR-Experten, ist daher besonders wichtig. Ihre Erfahrung und Expertise sind im aktuellen regulatorischen Umfeld unerlässlich, um pragmatische Lösungsansätze und möglichst belastbare Vorhersagen zu Dauer und Komplexität der verschiedenen Prüfverfahren zu entwickeln.

Auswirkungen auf Vertragsverhandlungen und -gestaltungen

Die gestiegenen regulatorischen Risiken haben auch Auswirkungen auf Vertragsverhandlungen und -gestaltungen. Jede Partei will regulatorische Risiken gerne der anderen zuschieben. In den verkäuferfreundlichen Märkten der letzten Jahre konnten Verkäufer häufig sogenannte „Hell or High Water“-Klauseln durchsetzen, denen zufolge Käufer alles Erdenkliche tun müssen, um Freigaben von den Behörden zu erhalten. Dies kann zum Beispiel die Zusage sein, erforderlichenfalls Teile des Zielunternehmens oder sogar des eigenen Unternehmens zu verkaufen. Inzwischen hat sich die Marktsituation jedoch geändert. Häufig gibt es weniger Kauf-Interessenten, sodass sich Unternehmensverkäufer bisweilen damit abfinden müssen, gewisse regulatorische Risiken selbst zu tragen.

Härtere Verhandlungen

Die geänderten Marktbedingungen und die gestiegene Rechtsunsicherheit führen dazu, dass länger und härter verhandelt wird. Wenn unklar ist, ob ein Fall einfach oder schwierig gelagert ist und wie lange erforderliche Prüfungen dauern, gilt es, eine Vielzahl von Punkten in der Vertragsdokumentation zu lösen – dies erweist sich zuweilen als schwierig, insbesondere, wenn die Anwälte der beteiligten Parteien zu den möglichen Risiken unterschiedliche Einschätzungen haben.

Es kann aber noch schlimmer kommen: Manche Gespräche über an sich sinnvoll erscheinende Zusammenschlüsse werden derzeit wegen zu großer regulatorischer Unsicherheiten schon in einer frühen Phase beendet, oder Gespräche werden erst gar nicht aufgenommen. Wenn es doch zu einer Einigung kommt, können die längeren regulatorischen Verfahren zu weiteren Herausforderungen führen. So akzeptiert die Finanzaufsicht BaFin regulatorische Bedingungen bei öffentlichen Übernahmen in der Regel nur, wenn die Transaktion innerhalb von zwölf Monaten vollzogen werden kann. Wissen die Beteiligten, dass es länger dauern wird, bedarf es einer intensiven Abstimmung mit der Behörde. Zudem ist es bei langen Verfahren möglich, dass der Kaufpreis aufgrund vertraglicher, gegebenenfalls gestufter Verzinsungsklauseln erheblich steigt.

Auch positive Seiten

Auch bei den Verhandlungen zur Akquisitionsfinanzierung können lange regulatorische Prüfverfahren zu zusätzlichem Aufwand und einer Verteuerung der Finanzierung führen. Insbesondere sind die Kreditgeber gefragt, ihre Kreditzusagen sehr lange für eine Auszahlung bei Vollzug des Erwerbs aufrecht zu erhalten. Schließlich besteht das Risiko, dass der Erwerber nach langer regulatorischer Prüfungszeit ein ganz anderes Unternehmen übertragen bekommt, als er gekauft hat, weil sich im Unternehmen inzwischen vieles geändert hat.

Für die Zeit zwischen Unterzeichnung und Vollzug lassen sich zwar vertragliche Regelungen treffen. Diese dürfen aber wegen des kartellrechtlichen Vollzugsverbot nicht so weit gehen, dass der Käufer die Geschicke des Zielunternehmens in dieser Zwischenzeit wirklich wesentlich beeinflussen könnte.

Trotz der Herausforderungen gibt es auch positive Seiten im neuen regulatorischen Umfeld. In Bieterverfahren kann das regulatorische Umfeld wesentliche Vorteile im Wettbewerb mit anderen Bietern bringen, wenn man sich in ihm besser zu bewegen versteht als andere. Dies gilt gerade auch für deutsche Unternehmen, die in vielen Jurisdiktionen außenwirtschaftsrechtlich als unbedenklicher angesehen werden, als Käufer aus vielen anderen Ländern.

*) Dr. Rainer Traugott ist Partner im Münchner Büro von Latham & Watkins.

*) Dr. Rainer Traugott ist Partner im Münchner Büro von Latham & Watkins.

Dr. Rainer Traugott ist Partner im Münchner Büro von Latham & Watkins. Er berät deutsche und internationale Mandanten in komplexen Transaktionen und gesellschaftsrechtlichen Fragen.