Rückforderungsvorbehalt für Abfindungen von Banken wäre nicht akzeptabel
Rückforderungsvorbehalt für Abfindungen von Banken wäre nicht akzeptabel
FAQs der BaFin sollen Verwaltungsvorschrift werden – Klarstellung wünschenswert
Von Hans-Peter Löw *)
Die einvernehmliche Beendigung von Arbeitsverhältnissen gegen Zahlung einer Abfindung ist weitverbreitete Praxis. Sie erspart beiden Parteien einen langwierigen Prozess vor dem Arbeitsgericht mit ungewissem Ausgang. Im Zuge der Finanzkrise hat der Gesetzgeber nach 2008 den regulatorischen Rahmen für Finanzinstitute verschärft. Vergütungssysteme bei Banken müssen den Anforderungen der Institutsvergütungsverordnung (IVV) entsprechen. Das betrifft auch Abfindungen, die wie variable Vergütung behandelt werden. Das bedeutet, dass sie zusammen mit Bonuszahlungen nicht mehr als 100% der fixen Vergütung betragen dürfen, in Ausnahmefällen erhöht sich die Grenze auf 200%.
Variable Vergütung
Weiterhin ist nach § 7 IVV sicherzustellen, dass sowohl bei Gewährung als auch bei Auszahlung der Abfindung das Institut eine angemessene Eigenmittel- und Liquiditätsausstattung und die kombinierten Kapitalpufferanforderungen des Kreditwesengesetzes (KWG) dauerhaft aufrechterhalten werden können. Die Risikotragfähigkeit, die mehrjährige Kapitalplanung und die Ertragslage sind dabei hinreichend zu berücksichtigen. Entsprechende Prüfungen müssen dokumentiert werden.
Weitere Verschärfungen
Erleichterungen gibt es für privilegierte Abfindungen nach § 5 Abs. 6 IVV, für die weder der Bonuscap noch die Anforderungen nach § 7 IVV gelten. Privilegiert sind Abfindungen, auf die ein Anspruch nach Gesetz oder Sozialplan oder aufgrund eines Urteils oder Prozessvergleichs besteht. Das gleiche gilt für Abfindungen, die im Falle einer betriebsbedingten Beendigung oder zur Abwendung eines unmittelbar drohenden gerichtlichen Verfahrens einen Betrag nicht überschreiten, der anhand einer vorher abstrakt festgelegten Formel berechnet wurde. Die Behandlung von Abfindungen als variable Vergütung hat auch zur Konsequenz, dass ihre Höhe der Leistung im Zeitverlauf Rechnung tragen muss und negative Erfolgsbeiträge oder Fehlverhalten des Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin nicht belohnen darf. Diesen Grundsatz möchte die BaFin nunmehr heranziehen, um weitere Verschärfungen für Abfindungsvereinbarungen vorzuschreiben.
Im Juni dieses Jahres hat sie ein Konsultationsverfahren über Fragen und Antworten zur Institutsvergütungsverordnung eingeleitet mit dem Ziel, diese „FAQs“ als bindende Verwaltungsvorschrift zu erlassen. Darin heißt es unter anderem mit Bezug auf Abfindungen: „…hat jedes Institut durch entsprechende vertragliche Vereinbarungen sicherzustellen, dass mit Wirkung für die Zukunft Abfindungsansprüche gekürzt oder ersatzlos gestrichen werden können“.
Gegenleistung erbracht
Diese Formulierung könnte so verstanden werden, dass jedenfalls in Aufhebungsverträgen, bei denen das Beendigungsdatum in der Zukunft liegt, eine Abfindung nur unter einem Clawback, also einem Rückforderungsvorbehalt, gewährt werden kann. Das wäre nicht akzeptabel. Mit einer Aufhebungsvereinbarung verzichten Mitarbeitende auf ihren Kündigungsschutz und erhalten im Gegenzug eine Abfindung. Niemand wird auf den Kündigungsschutz verzichten, wenn die Höhe der Gegenleistung unsicher ist. Und es gibt auch keinen rechtlichen Grund für eine solche Regelung. Die Gegenleistung für die Abfindung ist der Verzicht auf den Kündigungsschutz. Diese Gegenleistung ist mit Abschluss des Aufhebungsvertrages erbracht und unabhängig von Ereignissen, die danach eintreten.
Ergebnis praxisuntauglich
Die gegenteilige Auffassung würde dazu führen, dass Mitarbeitende einem Rückforderungsvorbehalt allenfalls dann zustimmen, wenn die Vereinbarung unter der auflösenden Bedingung des Rückforderungsfalles stünde. Dieses Ergebnis ist praxisuntauglich.
Diese Interpretation wird auch von der IVV nicht getragen. Die BaFin stützt sich auf § 5 Abs. 2 und 3 IVV, wonach Vergütungssysteme unangemessen ausgestaltet sind, wenn sie dazu verleiten, unverhältnismäßige Risiken einzugehen. Das soll etwa der Fall sein, wenn einzelvertraglich für den Fall der Beendigung der Tätigkeit Ansprüche auf Leistungen begründet werden und diese Ansprüche selbst bei negativen individuellen Erfolgsbeiträgen oder bei Fehlverhalten der Höhe nach unverändert bleiben. Es geht also um die Steuerungswirkung der Abfindung.
Höhere Risikofreudigkeit
Die IVV geht von der Vorstellung aus, dass Mitarbeitende, die sich einer Abfindung bei Vertragsbeendigung sicher sein können, in ihrem geschäftlichen Gebaren eine höhere Risikofreudigkeit entfalten werden. Dieser Ansatz ist vor dem Hintergrund des regulatorischen Gesamtkonzepts der IVV durchaus plausibel. Er kann konsequenterweise nur für einen negativen individuellen Erfolgsbeitrag oder ein Fehlverhalten gelten, das nach Vereinbarung der Abfindung verwirklicht wird.
Eine Reduzierung oder gänzliche Streichung der Abfindung für Sachverhalte, die vor Vereinbarung der Abfindung liegen, ist demgegenüber nicht gerechtfertigt, und zwar auch dann nicht, wenn sie erst nach Vereinbarung der Abfindung bekannt werden. Es fehlt dann an der Steuerungswirkung durch die Abfindung.
Klarstellung wünschenswert
Für den weit überwiegenden Anteil praktischer Fälle, bei denen zeitgleich mit der Abfindung eine Freistellung von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung vereinbart wird oder bei denen gar das Beendigungsdatum in der Vergangenheit liegt, ist ein Rückzahlungsvorbehalt für die Abfindung auch nach der strengeren Auffassung der BaFin nicht geboten. Es ist zu wünschen, dass dieser Sachverhalt im weiteren Verfahren klargestellt wird.