GastbeitragDatenmanagement

Start-up-Gründer unterschätzen Datenschutz als Erfolgsfaktor

Innovationen und Marketing stehen für Unternehmensgründer in aller Regel im Vordergrund. Datenmanagement und Datenschutz kommen oft zu kurz, sind aber von entscheidender Bedeutung.

Start-up-Gründer unterschätzen Datenschutz als Erfolgsfaktor

Start-up-Gründer unterschätzen Datenschutz als Erfolgsfaktor

Effiziente Datenverarbeitung schafft Transparenz und Anpassungsfähigkeit in Krisenzeiten

Von Jyn Schultze-Melling*)

Die Welt der Start-ups lockt nach wie vor Gründerpersönlichkeiten mit innovativen Ideen und dem Ehrgeiz, sie zu realisieren. Der Datenschutz auf der anderen Seite ist zwar oft in den Schlagzeilen, wird jedoch meist als Innovationshemmnis, Bürokratiemonster und vor allem als unberechenbare Risikoquelle wahrgenommen. Kein Wunder, dass Gründer die Auseinandersetzung mit Datenschutzvorschriften und das Managen ihrer Daten als lästige und zeitraubende Verpflichtung betrachten. Die Folge: Selbst in erfolgreichen Start-ups werden Datenschutz-Compliance und Datenmanagement oft stiefmütterlich behandelt. Dabei sind sie von entscheidender Bedeutung für nachhaltigen Unternehmenserfolg – aus mehreren Gründen.

Ressourcen sparen

Erstens: Ein effektives Datenmanagement spart Ressourcen. Spätestens, seitdem die Geldmärkte ausgetrocknet sind und Gründer für jegliche Finanzierung hart kämpfen müssen, gilt: Eine effiziente Datenverarbeitung ist für Start-ups überlebenswichtig. Ein ordentliches Datenmanagement trägt wesentlich zur Kostenersparnis bei. Wenn Start-ups beispielsweise nicht wissen, woher die Daten ursprünglich kommen, wo diese heute gespeichert sind, wofür sie von wem benötigt werden und wie gefährdet sie sind, neigen sie oft dazu, unnötigerweise alle Daten als äußerst sensibel zu behandeln und so Ressourcen zu verschwenden.

Ein effizientes Datenmanagement ist auch beim Lizenzmanagement vorteilhaft. Start-ups, die wissen, welche Daten tatsächlich benötigt werden, können Lizenzkosten, Speicherplatz und Backup-Aufwand einsparen und somit ihre monatlichen Betriebskosten teils drastisch senken.

Relevant für die Bewertung

Datenschutzrechtliche Probleme sind nicht der Hauptgrund für das Scheitern von Start-ups: Oft gibt es schlicht keinen Marktbedarf für ihre Produkte und Dienstleistungen, und hieran vermag das solideste und verantwortungsbewussteste Datenmanagement nichts auszurichten. Allerdings spielt der Wert der Daten und insbesondere des Kundenstamms eine entscheidende Rolle bei strategischen Übernahmen oder einem Ausstieg der Gründer. Die Bewertung eines Unternehmens hängt stark von der Nutzbarkeit dieser Daten ab. Wenn beispielsweise Kundendaten ohne ordnungsgemäße Einwilligung erhoben wurden, birgt dies für den Käufer ein ganz erhebliches Risiko.

Deswegen werden in der Praxis immer öfter Experten mit Datenschutz-Audits beauftragt, um im Falle einer Übernahme sicherzustellen, dass Daten tatsächlich werthaltig sind und alle Datenschutzmaßnahmen effektiv umgesetzt werden. Schwerwiegende Mängel in diesem Bereich können den Deal gefährden oder zumindest den Kaufpreis erheblich senken. Daher ist der Datenschutz und vor allem seine professionelle Dokumentation gerade für Gründer, die von Anfang an einen erfolgreichen Ausstieg planen, ein äußerst wichtiges Thema.

In Krisen überlebenswichtig

Zweitens: Datenmanagement schafft Anpassungsfähigkeit in Krisenzeiten. Ein solides Datenmanagement bietet jungen Unternehmen Flexibilität bei der anfänglichen Gestaltung und späteren Weiterentwicklung ihrer Angebote. Es ermöglicht den Entscheidungsträgern, den Überblick darüber zu behalten, welche Daten von wem wofür verwendet werden dürfen und welche nicht. Das kann in Krisenzeiten sogar überlebenswichtig sein, wie Beispiele der vergangenen Jahre gezeigt haben. Pivots, also radikale Änderungen im Geschäftsmodell, sind in der Start-up-Szene weit verbreitet.

Nur wenige erfolgreiche Unternehmen von heute tun noch genau das, was sie sich ursprünglich vorgestellt hatten. Ein gutes Datenmanagement schafft verlässliche Transparenz, und die ermöglicht es Start-ups, rechtzeitig das Ruder herumzureißen und strategische Maßnahmen zu ergreifen, um das Unternehmen zu retten. Und gerade dann ist es entscheidend, die Grenzen der rechtlich zulässigen Verwendung der Kundendaten genau zu kennen, egal ob es sich um einen Zoom-out-Pivot, einen Zoom-in-Pivot oder einen Customer-Need-Pivot handelt.

Vertrauen sichern

Dritter Grund ist der Schutz vor Sanktionen und Vertrauensverlust. Start-ups sind häufig Ziel von Datenschutzaufsichtsbehörden. Verstöße gegen den Datenschutz können zu erheblichen rechtlichen Konsequenzen führen. Hohe Geldstrafen wurden bereits gegen Unternehmen verhängt, die Betroffenenrechte missachteten oder unerwünschte Werbe-E-Mails versendeten. Datenschutzverstöße können zudem nicht nur teuer werden, sondern auch das Vertrauen von Kunden, Geldgebern und Partnern nachhaltig erschüttern. Und genau dieses Vertrauen ist heute so wichtig wie nie zuvor.

Essenzielles Management-Thema

Datenschutz ist also viel mehr also eine rechtliche Verpflichtung und sollte nicht nur mit einem Mindestmaß an Aufwand gehandhabt werden, um irgendwie die Zeit bis zur nächsten Finanzierungsrunde zu überbrücken. Datenschutz ist ein essenzielles Management-Thema für das Gründer-Team, das sich betriebswirtschaftlich, strategisch und auch beim Verkauf von Unternehmensanteilen auswirkt.

Gerade junge Unternehmen können nicht nur durch Innovation, sondern auch durch Professionalität und Verantwortungsbewusstsein das Vertrauen von Kunden, Geldgebern und Geschäftspartnern gewinnen – und das ist auch in heutigen Zeiten von entscheidender Bedeutung für das Wachstum des Unternehmens.

Dr. Jyn Schultze-Melling ist Partner der KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH.

*) Dr. Jyn Schultze-Melling ist Partner der KPMG Law Rechtsanwaltsgesellschaft mbH.
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