GastbeitragWachstumschancengesetz

Steuerliche Verschärfungen für die Immobilienbranche

Die Immobilienbranche hat sich mit dem Wachstumschancengesetz auf spürbare steuerliche Veränderungen einzustellen.

Steuerliche Verschärfungen für die Immobilienbranche

Steuerliche Verschärfungen
für die Immobilienbranche

Wachstumschancengesetz passt Regelungen zur Zinsschranke an

Von Andreas Griesbach *)

Das Wachstumschancengesetz soll Unternehmen durch Steuervereinfachung und mehr Steuerfairness entlasten. Für die Immobilienbranche enthält der Regierungsentwurf neben einigen wenigen Verbesserungen erhebliche steuerliche Verschärfungen; sie sollte sich frühzeitig mit den Folgen des Gesetzes beschäftigen.

Der Bundestag hat den Gesetzesentwurf am 17. November 2023 beschlossen. Der Bundesrat hatte in seiner Stellungnahme vom 20. Oktober gefordert, viele Vorschriften anzupassen oder zu streichen. Durch seine Forderungen sollte sich die Entlastungswirkung des Wachstumschancengesetzes deutlich verringern. Offen bleibt, inwieweit das Urteil des Bundesverfassungsgerichts Berücksichtigung finden wird. Der Bundesrat soll am 15. Dezember seine Zustimmung zum Gesetzesentwurf erteilen.   

2008 erstmals eingeführt

Für die Immobilienbranche hätten insbesondere die Anpassung der Regelungen zur Zinsschranke sowie die geplante Einführung einer Zinshöhenschranke erhebliche Auswirkungen, sollte das Gesetz in der Form umgesetzt werden. Worum geht es?

Mit der Unternehmenssteuerreform 2008 wurde die sogenannte Zinsschranke erstmals eingeführt mit dem Ziel der längerfristigen Sicherung des deutschen Steuersubstrats. Bei der Zinsschrankenregelung handelt es sich vereinfacht ausgedrückt um eine Beschränkung des Betriebsausgabenabzugs von Zinsaufwendungen. Die Regelung wurde konzipiert, unabhängig von der Rechtsform des Zinsschuldners, der Klassifizierung der zugrunde liegenden Verbindlichkeit als lang- oder kurzfristig, als reine inländische oder grenzüberschreitende Finanzierung oder etwa der Frage, ob es sich beim Zinsgläubiger um eine nahestehende Person handelt oder nicht.

Relevante Fragen bleiben offen

Zukünftig soll die Freigrenze von 3 Mill. Euro nur einmal für alle gleichartigen Betriebe, die unter einer einheitlichen Leitung derselben Person oder Personengruppe stehen oder auf deren Leitung dieselbe Person oder Personengruppe unmittelbar oder mittelbar beherrschenden Einfluss ausüben kann, Anwendung finden. Nach geltender Rechtslage wird in Konzernfällen mit mehreren Immobilientochtergesellschaften die Freigrenze für jede einzelne Tochtergesellschaft in voller Höhe gewährt. Dies liegt daran, dass jede der Immobilientochtergesellschaften als Betrieb im Sinne der Regelung betrachtet wird. Voraussetzung für die Zusammenfassung mehrerer Gesellschaften zu einem Betrieb wäre somit die „Gleichartigkeit“ des Geschäftsbetriebs.

Hierzu wird im Entwurf und auch in der Begründung allerdings nicht näher Stellung genommen, sodass relevante Fragen offenbleiben: Ist die Vermietung einer gewerblichen Single-Tenant Immobilie gleichartig zur Vermietung von Wohnraum an viele Parteien? Wie viele Parteien sind erforderlich, um nicht mehr von Gleichartigkeit zu reden? Ist die Vermietungstätigkeit eines Projektentwicklers, der in Schwestergesellschaften zur Projektgesellschaft eigenen Immobilienbestand hält, gleichartig?

Ausdrücklich gewünscht

Die Änderung wird bei Immobiliengesellschaften mit mehreren Objektgesellschaften dazu führen, dass die Abziehbarkeit von Zinsaufwendungen deutlich reduziert wird. Dies ist nach der Gesetzesbegründung auch ausdrücklich gewünscht. Es sollen Gestaltungen, bei denen ein Unternehmer mehrere Tochterkapitalgesellschaften gründet und diesen Darlehen gewährt, deren jährlicher Zins knapp unterhalb der Freigrenze von 3 Mill. Euro liegt, verhindert werden. Bei rein inländischen Strukturen stellt sich allerdings die Frage, was genau vermieden werden soll, denn der Darlehensgeber wird seine Zinserträge ganz normal der Besteuerung zuführen.

Darüber hinaus sind weitere Verschärfungen bei der Stand-Alone-Klausel, dem Zinsbegriff und der Nutzung von Zinsvorträgen geplant. Die Ausnahme von der Zinsschranke wird zukünftig nur noch dann greifen, wenn kein Gesellschafter zu mindestens 25% an der Gesellschaft, die den Zinsabzug begehrt, beteiligt ist. Auf eine Konzernzugehörigkeit ist nicht mehr zu achten. Zukünftig sollen neben den Vergütungen für Fremdkapital auch wirtschaftlich gleichwertige Aufwendungen und sonstige Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beschaffung von Fremdkapital unter den Zinsbegriff fallen. Dies umfasst u.a. Bereitstellungszinsen und rein kalkulatorische Zinsen. Der Abzug von Zinsvorträgen wird nur noch möglich sein, soweit ausreichend verrechenbares Ebitda vorhanden ist.

Zusätzlich zur Verschärfung der Abziehbarkeit von Zinsaufwendungen plant die Ampel-Regierung im Wachstumschancengesetz die Einführung einer Zinshöhenschranke. Diese soll bei Geschäftsbeziehungen zwischen nahestehenden Personen zum Gegenstand haben, den Zins der Höhe nach zu begrenzen. Dies soll zusätzlich zu den Regelungen zur Beschränkung des Betriebsausgabenzugs und zum Fremdvergleich Anwendung finden. Zukünftig soll der Zinssatz nur noch maximal 2 Prozentpunkte höher sein dürfen als der Basiszinssatz nach § 247 BGB. In Zeiten steigender Zinsen und sinkender Bautätigkeiten wirken diese Maßnahmen in Summe eher kontraproduktiv.

Nicht alles im Gesetzesentwurf ist negativ. So ist die Einführung einer degressiven Gebäude-Afa vorgesehen, die für Wohngebäude mit Baubeginn ab 1. Oktober 2023 (befristet auf sechs Jahre) gelten soll. Das soll die Schaffung von Wohnraum fördern. Fraglich ist, ob nicht auch andere Baubereiche gefördert werden müssten. Zudem soll die Erzeugung und Abgabe regenerativer Energie im Gebäudesektor verbessert werden durch Anhebung der „Schmutzgrenze“ von 10 auf 20%. Und der mit dem Vierten Corona-Steuerhilfegesetz auf zwei Jahre erweiterte Verlustrücktrag soll um ein weiteres Jahr auf drei Jahre ausgedehnt werden.

*) Andreas Griesbach ist Head of Real Estate und Partner bei Baker Tilly.

Andreas Griesbach ist Head of Real Estate und Partner bei Baker Tilly.