Im Interview:Anne Löhner und Heiko Gotsche, Latham & Watkins

Streitigkeiten in M&A-Deals lassen sich beilegen

Übernahmen bergen in unterschiedlichen Phasen der Transaktion teils beträchtliche Risiken. Anne Löhner und Heiko Gotsche, Anwälte der Kanzlei Latham & Watkins, erläutern mögliche Instrumente zur Streitbeilegung.

Streitigkeiten in M&A-Deals lassen sich beilegen

Im Interview: Anne Löhner und Heiko Gotsche

Streitigkeiten in M&A-Deals
lassen sich beilegen

Die Experten von Latham & Watkins zu Instrumenten gegen Transaktionsrisiken

Frau Löhner, Herr Gotsche, ein volatiles wirtschaftliche Umfeld sorgt für Unsicherheit in M&A-Deals. Welche vertraglichen Instrumente können den Parteien hier helfen?

Gotsche: Die aktuelle unsichere Lage macht es M&A-Parteien schwerer, zueinander zu finden. Dennoch bleiben Deals möglich. Abweichende Vorstellungen bei der Unternehmens- oder Risikobewertung können die Parteien zum Beispiel durch eine kreative Kaufpreisgestaltung überbrücken – etwa über Earn-out-Modelle oder Verkäuferdarlehen; Freistellungen sind ebenfalls eine Option. Mit Blick auf die grundlegenden Vollzugsrisiken wie regulatorische Freigaben oder gravierende Verschlechterungen des Geschäfts nach Signing (“material adverse change“ oder MAC) gibt es keine einheitliche Linie. Aber die Zeiten, in denen sämtliche Vollzugsrisiken einseitig dem Käufer aufgehalst wurden, sind vorbei. Ob das nun eine Renaissance von MAC-Rücktrittsrechten oder Finanzierungsvorbehalten mit sich bringt, darf zumindest für attraktive Assets mit mehreren Kaufinteressenten bezweifelt werden.

Ist bei unerwarteten Entwicklungen zwischen Signing und Closing immer klar zu erkennen, ob die Voraussetzungen für ein Sonderrücktrittsrecht etwa aufgrund eines MAC vorliegen?

Gotsche: Nein. In der Regel haben die Parteien ein gegenläufiges Verständnis vom selben Sachverhalt. Zwischen Signing und Closing verfügen Käufer und Verkäufer meist nicht über den selben Informationsstand. Auch die Interessenlage ist naturgemäß verschieden:
Während der Käufer befürchtet, ein schlechtes Geschäft gemacht zu haben, hat der Verkäufer den vereinbarten
Kaufpreis vielleicht schon längst verplant. Bei Streit über eine unerwartet negative Geschäftsentwicklung bzw.
das Vorliegen eines daraus folgenden Rücktrittsgrundes begeben sich die
Parteien rasch in eine heikle Phase der Ungewissheit kurz vor Vollzug.

Wie werden Streitigkeiten der Parteien in der Regel beigelegt?

Löhner: Gerade bei M&A-Transaktionen werden die Parteien zunächst versuchen, gemeinsam eine Lösung zu finden. Für den Fall, dass Verhandlungen scheitern oder nicht in Betracht kommen, greifen die Parteien meist auf Standard-Schiedsklauseln zurück, wie sie zum Beispiel die Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) oder die Internationale Handelskammer (ICC) zur Verfügung stellen. Ein wesentlicher Faktor dabei ist, dass die Parteien ihre Schiedsrichter selbst wählen und dabei auf relevante Expertise achten können. Vertraulichkeit spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Und Schiedssprüche sind international häufig leichter zu vollstrecken als ausländische Gerichtsurteile.

Ist das die einzige Option?

Löhner: Neben der Grundsatzentscheidung private Schiedsverfahren vs. staatliche Gerichtsverfahren gibt es weitere Optionen. Soll es sehr schnell gehen, kommt der einstweilige Rechtsschutz in Betracht. Manche Schiedsorganisationen bieten zudem beschleunigte „Fast Track“-Verfahren an. Auch Schiedsgutachterverfahren werden für bestimmte Fragestellungen häufig vereinbart.

Gibt es Fallstricke beim einst- weiligen Rechtsschutz durch Schiedsgerichte?

Löhner: Grundsätzlich sind Schieds­gerichte neben den staatlichen Gerichten gleichermaßen zuständig für Eil-Maßnahmen. Die Parteien haben also grundsätzlich die Wahl. Allerdings können Schiedsgerichte zwar einstweilige Regelungen anordnen. Werden die jedoch nicht freiwillig befolgt, muss der Gegner die zwangsweise Durchsetzung vor den ordentlichen Gerichten bean­tragen.

Inwieweit bietet Fast Track Arbitration in solchen Fällen schnelle und rechtssichere Lösungen?

Löhner: Fast Track-Schiedsverfahren ermöglichen einen zügigen, endgültigen Schiedsspruch. Dafür können die Parteien vertragliche Regelungen vorsehen und etwa auf eine mündliche Verhandlung verzichten oder die Anzahl und den Umfang einzureichender Schriftsätze begrenzen. Daran zeigt sich gleichzeitig, dass dieser Weg nicht von Vorneherein für jeden Fall geeignet ist.

Gotsche: Wenn sich die Parteien auf eine MAC-Klausel verständigen, kann es sich aber anbieten, gleichzeitig ein Fast Track-Schiedsverfahren zu regeln. So besteht die Chance, in der begrenzten Zeit zwischen Signing und Closing eine verbindliche Entscheidung über das Vorliegen der Rücktrittsvoraussetzungen zu erhalten.

Dr. Anne Löhner ist Litigation Partnerin, Dr. Heiko Gotsche Corporate Partner von Latham & Watkins. Die Fragen stellte Sabine Wadewitz.

Dr. Anne Löhner ist Litigation Partnerin, Dr. Heiko Gotsche Corporate Partner der Kanzlei Latham & Watkins.

hhh
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