GastbeitragZukunftsfinanzierungsgesetz

Umfassende Umsatzsteuerbefreiung für die Verwaltung von alternativen Investmentfonds geplant

Der Referentenentwurf des Zukunftsfinanzierungsgesetzes sendet das Signal, für mehr Rechtssicherheit zu sorgen, Bürokratie abzubauen und Wettbewerbsnachteile für den Fondsstandort Deutschland zu beseitigen.

Umfassende Umsatzsteuerbefreiung für die Verwaltung von alternativen Investmentfonds geplant

Umfassende Umsatzsteuerbefreiung für die Verwaltung alternativer Investmentfonds

Referentenentwurf liegt vor – Überprüfungen werden überflüssig

Von Sebastian Gerhards
und Martin Freytag*)

Am 12.04.2023 wurde der Referentenentwurf des Zukunftsfinanzierungsgesetzes (ZuFinG) veröffentlicht. Der Entwurf sieht umfassende Änderungen im Steuerrecht, Finanzmarktrecht und Gesellschaftsrecht vor, wodurch bessere Rahmenbedingungen für Start-ups und Wachstumsunternehmen geschaffen und notwendige Zukunftsinvestitionen in die Digitalisierung und die klimaschutzgerechte Transformation der Wirtschaft ermöglicht werden sollen. Insbesondere sollen der deutsche Finanzmarkt und der Standort Deutschland attraktiver sowohl für nationale als auch für internationale Unternehmen und Investoren werden.

Für die Fondsbranche dürfte unter anderem die Erweiterung der Umsatzsteuerbefreiung für die Verwaltung von alternativen Investmentfonds (AIFs) eine zentrale Änderung darstellen. In Abkehr von der bisherigen Umsatzsteuerbefreiung für die Verwaltung nur bestimmter Investmentfonds sieht der Entwurf eine Erweiterung der Umsatzsteuerbefreiung für die Verwaltung sämtlicher Fonds im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB) vor. Zur Herstellung von Wettbewerbsgleichheit mit anderen europäischen Mitgliedstaaten, wie beispielsweise Luxemburg, soll der Anwendungsbereich der Umsatzsteuerbefreiung erweitert werden.

Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie

Unionsrechtliche Grundlage der Umsatzsteuerbefreiung für die Verwaltung von Sondervermögen ist die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie. Hiernach befreien die Mitgliedstaaten die Verwaltung von durch die Mitgliedstaaten als solche definierten Sondervermögen von der Umsatzsteuer. Der in Deutschland eingeschlagene Weg führt bislang dazu, dass die eher zurückhaltende Umsatzsteuerbefreiung zu einem Wettbewerbsnachteil im Vergleich zu anderen europäischen Jurisdiktionen führt.

Der Umfang der Umsatzsteuerbefreiung in § 4 Nr. 8 Buchst. h) des Umsatzsteuergesetzes (UStG) erstreckt sich nach bisheriger nationaler Rechtslage im Wesentlichen auf die Verwaltung von Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW), wie beispielsweise Aktien- und Rentenfonds sowie ETFs, auf die Verwaltung von mit diesen vergleichbaren AIFs sowie auf die Verwaltung von sogenannten Wagniskapitalfonds.

Die Vergleichbarkeit von AIFs mit OGAW ist bisher anhand von der Finanzverwaltung aufgestellten Kriterien im Einzelfall zu prüfen, was mit Rechtsunsicherheiten verbunden sein kann. Je nach Ausgestaltung können etwa geschlossene AIFs nicht von der Umsatzsteuerbefreiung profitieren, beispielsweise wenn etwa im Rahmen von PE-/VC-Fonds, Immobilienfonds oder Schiffsfonds nur in einen Anlagegegenstand investiert wird und somit keine Risikostreuung erfolgt.

Mehr Rechtssicherheit

Auch eine Einordnung als Wagniskapitalfonds, dessen Begrifflichkeit mit Unschärfen verbunden ist, ist anhand der im Umsatzsteuer-Anwendungserlass genannten Kriterien im Einzelfall zu beurteilen. Als Wagniskapitalfonds gelten etwa qualifizierte Europäische Risikokapitalfonds i. S. d. European-Venture-Capital-Verordnung sowie sonstige PE-/VC-Fonds, die den einschlägigen Kriterien entsprechen.

Durch die im Referentenentwurf des ZuFinG angelegte Änderung von § 4 Nr. 8 Buchst. h) UStG soll nun zukünftig die Verwaltung von sämtlichen AIFs gemäß § 1 Abs. 3 KAGB von der Umsatzsteuer befreit sein. Dies soll unabhängig von der Ausgestaltung des AIF als offener oder geschlossener AIF sowie der Qualifikation der Anleger und der Investitionsausrichtung des AIF gelten. Damit wäre die mitunter aufwendige Überprüfung überflüssig, ob die von der Finanzverwaltung formulierten Anforderungen an einen Wagniskapitalfonds oder einen mit OGAW vergleichbaren AIF erfüllt sind. Von der geplanten Regelung würden vor allem die Kapitalverwaltungsgesellschaften von geschlossenen Fonds, wie PE-/VC-Fonds, Infrastrukturfonds, Immobilien- und Projektentwicklungsfonds, Kryptofonds und Kreditfonds profitieren, die bisher zum Teil nicht in den Genuss der Umsatzsteuerbefreiung gekommen sind.

Die erweiterte Umsatzsteuerbefreiung soll voraussichtlich ab dem 01.01.2024 in Kraft treten. Eine Rückwirkung ist nicht vorgesehen. Nach Vorliegen der endgültigen Gesetzesänderung dürfte die vorsorgliche Untersuchung der jeweiligen Fondsdokumentation hinsichtlich eines Anpassungsbedarfs durch die Kapitalverwaltungsgesellschaften ratsam sein.

Wettbewerbsnachteile werden beseitigt

Nachdem im Jahr 2021 bereits die Umsatzsteuerbefreiung auf die Verwaltung von Wagniskapitalfonds erweitert wurde, ist die Erstreckung der Umsatzsteuerbefreiung auf sämtliche AIFs durch die geplante Gesetzesänderung ein erfreuliches Signal, für mehr Rechtssicherheit zu sorgen, Bürokratie abzubauen und Wettbewerbsnachteile für den Fondsstandort Deutschland zu beseitigen. Auch wenn es sich aktuell lediglich um einen Referentenentwurf des ZuFinG handelt, stimmt die gesetzgeberische Tendenz positiv und lässt hoffen, dass der Kostenfaktor „Umsatzsteuer“ bei der Verwaltung von AIFs demnächst generell der Vergangenheit angehört und weitere Erleichterungen zur Förderung des Finanzstandorts Deutschland vorgesehen werden. Durch die geplante Herstellung eines Level Playing Field im europäischen Wettbewerb dürfte auch eine steuerlich motivierte Abwanderung ins Ausland an Dynamik verlieren und die Erlangung ausländischer Kapitalzusagen beflügelt werden.

*) Sebastian Gerhards ist Rechtsanwalt im Bereich Steuerrecht von GSK Stockmann und Dr. Martin Freytag Rechtsanwalt im Bereich Investmentfonds der Kanzlei.

Sebastian Gerhards

Rechtsanwalt im Bereich Steuerrecht von GSK Stockmann

Dr. Martin Freytag

Rechtsanwalt im Bereich Investmentfonds von GSK Stockmann

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