Greenwashing

Vorgaben für nachhaltiges Investieren über Fonds

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht will nach den Worten des BaFin-Direktors Thorsten Pötzsch sicherstellen, dass, „wo ESG draufsteht, auch Nachhaltigkeit drin ist“.

Vorgaben für nachhaltiges Investieren über Fonds

Von Martin Haisch und Elmar Bindl *)

Als Greenwashing wird die Bezeichnung und das Vermarkten von Finanzprodukten als nachhaltig verstanden, die die Anforderungen an ESG-konforme (Environmental, Social, Governance) Investments nicht erfüllen. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht will nach den Worten des BaFin-Direktors Thorsten Pötzsch sicherstellen, dass, „wo ESG draufsteht, auch Nachhaltigkeit drin ist“. Sie hat deshalb den Entwurf einer Richtlinie für nachhaltig ausgerichtete Investmentvermögen veröffentlicht, zu dem sich die Fondsindustrie äußern konnte.

Der Vorstoß ist grundsätzlich zu begrüßen, denn angesichts der relativ allgemein gehaltenen Offenlegungs- und der Taxonomieverordnung der EU fehlt es bislang an detaillierten Anforderungen für die Einstufung von Fonds als nachhaltige Finanzprodukte. So ist aktuell z.B. noch unklar, ob bzw. welche Mindestgrenzen für nachhaltige Investments eingehalten werden müssen.

Drei Lösungsmöglichkeiten

Der Richtlinienentwurf betrifft Publikumsinvestmentvermögen, die im Namen einen Nachhaltigkeitsbezug – z.B. grün/green, nachhaltig/sustainable oder ESG – aufweisen oder als explizit nachhaltig vertrieben werden. Insoweit stellt die BaFin Anforderungen an die Anlagebedingungen der Fonds auf, damit die Nachhaltigkeit auch tatsächlich sichergestellt ist. Es bestehen hier drei Lösungsmöglichkeiten: durch entsprechende Ausgestaltung der Anlagegrenzen, der Anlagestrategie oder durch Nachbildung eines nachhaltigen Index.

In der ersten Variante muss der Fonds zu mindestens 75% in nachhaltige Vermögensgegenstände investieren, wobei neben positiven Vorgaben auch Ausschlusskriterien bezüglich Anlagen festgelegt werden müssen. Die zweite Möglichkeit besteht darin, dass bei der Auswahl von mindestens 75% der Vermögensgegenstände Nachhaltigkeitsgesichtspunkte/-faktoren eine entscheidende Rolle spielen oder bei der Fondsverwaltung insgesamt eine nachhaltige Anlagestrategie verfolgt wird. Schließlich kann der Fonds auch einen nachhaltigen Index nachbilden. In allen Varianten muss außerdem sichergestellt sein, dass kein Umwelt- oder Sozialziel erheblich beeinträchtigt wird (sog. Do-not-significant-harm-Prinzip) und die Prinzipien einer guten Governance bzw. Unternehmensführung angewendet werden.

Der Entwurf wirft aber auch Fragen auf. So ist unter anderem unklar, ob und wie die oben genannten drei Ausgestaltungsvarianten abzugrenzen sind und auf welche Größe sich die 75-Prozent-Grenze bezieht. Weitere Klarstellungen durch die BaFin wären hier wünschenswert. Auch steht der Wert von 75% selbst in der Kritik. Insoweit ist aber nicht zu verkennen, dass die BaFin der Fondsindustrie bereits entgegengekommen ist. In einem Vorentwurf war nämlich noch ein Mindestwert von 90% vorgesehen. Keine Aussagen trifft der Richtlinienentwurf in Bezug auf Spezialfonds, die für deutsche institutionelle Investoren von herausragender Bedeutung sind. Auch hier geht der Trend eindeutig dahin, in sog. Artikel-9- (dark green) oder zumindest in Artikel-8-Produkte (light green) im Sinne der Offenlegungsverordnung zu investieren. Dies gilt nicht nur für Anlagen in erneuerbare Energien, sondern z.B. auch für Immobilieninvestments.

In Bezug auf den letztgenannten Bereich ist auch der Gesetzgeber in letzter Zeit vermehrt tätig geworden. So schreibt das Gesetz zum Aufbau einer gebäudeintegrierten Lade- und Leitungsinfrastruktur für die Elektromobilität vom 28.3.2021 die Ausstattung von Gebäuden mit Einrichtungen zu Elektromobilität in zunehmendem Maße vor. Ferner hat der Steuergesetzgeber im Fondsstandortgesetz vom 28.5.2021 die Stromlieferung aus erneuerbaren Energien und den Betrieb von Ladestationen für die sog. gewerbesteuerliche Grundstückskürzung für unschädlich erklärt, soweit die Einnahmen hieraus nicht mehr als 10% der Mieteinnahmen betragen. Das heißt, die Immobilienerträge unterliegen auch dann nicht der Gewerbesteuer, wenn daneben Einnahmen aus der Stromerzeugung und -lieferung in geringem Umfang erzielt werden.

Einheitlichkeit herstellen

Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass Fondsanbieter neue Immobilienobjekte, aber auch ihren Altbestand mit Fotovoltaikanlagen, E-Ladestationen, Wallboxen und Ähnlichem ausstatten wollen oder auch ökologische Mobilitätskonzepte für Wohngebäude oder ganze Quartiere anbieten möchten. Ziel sind nachhaltige Immobilieninvestments, was von Anlegern schon jetzt stark nachgefragt wird. Allerdings gibt es auch bei den rechtlichen Rahmenbedingungen noch Handlungsbedarf. Dies betrifft z.B. Fondsrecht und Fondssteuerrecht, das gegebenenfalls niedrigere Grenzen für die Unschädlichkeit von Stromerzeugung und -lieferung vorsieht, als dies jetzt für die Gewerbesteuer ausdrücklich geregelt wurde. Der Gesetzgeber und die Verwaltung sind hier aufgerufen, einheitliche Regelungen für Direkt- und Fondsinvestments zu schaffen, damit auch dieser wichtige Bereich einen noch stärkeren Beitrag zur Energiewende leisten kann.

*) Dr. Martin Haisch und Dr. Elmar Bindl sind Partner von Noerr.

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