GastbeitragBesteuerung

Wachstumschancengesetz führt Risikobewertungsverfahren ein

Internationale Normierung soll für Rechtssicherheit in der Bewertung von Besteuerungsrisiken sorgen. Neureglungen finden sich im Entwurf des Wachstumschancengesetzes

Wachstumschancengesetz führt Risikobewertungsverfahren ein

Wachstumschancengesetz führt Risikobewertungsverfahren ein

Normierung soll Einschätzung von Steuerrisiken unterstützen

Von Christian Heider und Cornelia Andree *)

Der Referentenentwurf zum Wachstumschancengesetz sieht die gesetzliche Normierung eines internationalen Risikobewertungsverfahrens vor. Dieses Verfahren ist auf Kooperation und Transparenz ausgelegt, wonach die Finanzverwaltungen zweier oder mehrerer Staaten auf Antrag des Steuerpflichtigen eine Einschätzung zu Risiken von Steuerausfällen für bereits verwirklichte Sachverhalte abgeben sollen. Sofern dieses Risiko als gering eingeschätzt wird, kann von einer Prüfung des Sachverhalts im Rahmen einer späteren Betriebsprüfung abgesehen werden.

Internationaler Hintergrund

Mit dem geplanten internationalen Risikobewertungsverfahrens möchte der deutsche Gesetzgeber eine Grundlage für das International Compliance Assurance Programme (ICAP) der OECD oder den European Trust and Cooperation Approach (ETACA) der EU schaffen, beides Programme zur Bewertung von Besteuerungsrisiken und Erhöhung von Planungssicherheit in Besteuerungsfragen. Zwar beteiligt sich die deutsche Finanzverwaltung auch schon bisher an diesen Verfahren. Eine spezifische Rechtsgrundlage hat es bislang jedoch nicht gegeben.

Die nunmehr vorgesehene Regelung in dem neuen § 89b Abgabenordnung-Entwurf soll zum Ausdruck bringen, dass solche Risikobewertungsverfahren mit deutscher Beteiligung möglich sind und überdies Rechtsklarheit und -sicherheit für die Beteiligten schaffen. Darüber hinaus wird angestrebt, durch zielgerichtetes und strukturiertes Vorgehen zu einer Bewertung eines möglichen Besteuerungsrisikos zu kommen.

Mitwirkungspflichten

Das Risikobewertungsverfahren soll auf Antrag des Steuerpflichtigen bei dem zuständigen Finanzamt oder auf Anregung eines anderen Staates durchgeführt werden. Antragsbefugt sind inländische Konzernobergesellschaften im Sinne des Country-by-Country-Reportings (CbCR) sowie inländische Konzerneinheiten, soweit eine dieser Konzerneinheiten den Umsatzschwellenwert für die Erstellung eines Master File in Höhe von 100 Mill. Euro überschreitet.

Bereits im Zeitpunkt der Antragstellung hat der Steuerpflichtige alle für die Prüfung erforderlichen Unterlagen beizubringen sowie zuzusichern, dass er seinen Mitwirkungspflichten an diesem Verfahren vollumfänglich nachkommen wird.

Der Referentenentwurf regelt verschiedene Ausschlussgründe, wann dem antragberechtigten Steuerpflichtigen der Zugang zum Verfahren versagt werden soll. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Steuerpflichtige aus den Erfahrungen der letzten fünf Jahre – zum Beispiel im Rahmen der Betriebsprüfung – als nicht kooperativ eingeschätzt wird. Eine fehlende Kooperation wird zum Beispiel dann unterstellt, wenn Steuererklärungen, Country-by-Country-Reportings oder Master Files nicht oder nicht rechtzeitig abgegeben wurden.

Freiwilliger Prozess

Nach dem Referentenentwurf soll das Risikobewertungsverfahren als ein freiwilliges Verfahren ausgestaltet werden, das Elemente der Außenprüfung und des zwischenstaatlichen Auskunftsaustauschs beinhaltet. Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) koordiniert das Verfahren mit den beteiligten nationalen und internationalen Finanzbehörden. Im Rahmen einer Abstimmung sollen sich die Finanzbehörden der teilnehmenden Staaten bemühen, zu einer einheitlichen Einschätzung zu kommen, ob die untersuchten Sachverhalte ein geringes oder nicht geringes Risiko beinhalten oder eine Einschätzung nicht möglich ist. Eine detaillierte Prüfung von Belegen soll dabei in der Regel nicht vorgesehen sein. Vielmehr erfolgt die Einschätzung der Besteuerungsrisiken insbesondere unter Beachtung des Umfangs und der Plausibilität der vorgelegten Informationen, der zu erwartenden steuerlichen Auswirkungen und des zu erwartenden zeitlichen und personellen Aufwands einer vertieften Sachverhaltsprüfung. Die Finanzbehörden sollen das Verfahren nicht mit einem einheitlichen Votum beenden müssen.

Das Verfahren soll regelmäßig durch Übersendung des Risikobewertungsberichts beendet werden, in dem u.a. die bewerten Sachverhalte beschrieben und steuerliche Risiken der bewerteten Sachverhalte eingeschätzt werden. Hierin ist das Votum der inländischen Finanzverwaltung aufzunehmen. Ein zusammengefasster Bericht, in dem außerdem die Bewertungen der ausländischen beteiligten Behörden wiedergegeben werden, ist möglich, aber nicht zwingend.

Bindungswirkung

Ergibt das Risikobewertungsverfahren, dass das steuerliche Risiko der untersuchten Sachverhalte gering ist, kann die Finanzverwaltung bei einer Betriebsprüfung insoweit auf die Ermittlung der Verhältnisse des Steuerpflichtigen verzichten. Ferner soll das Ergebnis des Verfahrens bei der Bestimmung des Umfangs der Außenprüfung berücksichtigt werden.

Für den Steuerpflichtigen bedeutet die geplante Normierung internationaler Risikobewertungsverfahren mehr Rechtssicherheit. Angesicht der umfangreichen Mitwirkungspflichten bei weitgehender Unverbindlichkeit der Verfahrensergebnisse sollte die Vorteilhaftigkeit eines solchen Verfahrens stets im Einzelfall abgewogen werden.

*) Dr. Christian Heider ist Steuerberater, Cornelia Andree Steuerberaterin bei Flick Gocke Schaumburg.

Dr. Christian Heider ist Steuerberater, Cornelia Andree Steuerberaterin bei Flick Gocke Schaumburg.

*) Dr. Christian Heider ist Steuerberater, Cornelia Andree Steuerberaterin bei Flick Gocke Schaumburg.