GastbeitragStiftungsrecht

Was die Reform des Stiftungsrechts für Unternehmen bedeutet

Die Stiftungsreform erledigt Streitfragen und macht das deutsche Stiftungsrecht zukunftsfähig. Aus Unternehmenssicht sind die Präzisierung der Vorstandshaftung und der Regelungen über spätere Satzungsänderungen zu begrüßen.

Was die Reform des Stiftungsrechts für Unternehmen bedeutet

Was die Reform des Stiftungsrechts für Unternehmen bedeutet

Zivilrechtliche Regelungen werden im BGB zusammengeführt – Bedeutung des Stifterwillens

Von Thomas Winkemann*)

Bereits im Jahr 2021 hat der Bundestag das Gesetz zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts beschlossen. Die für die Praxis wichtigsten Änderungen beziehen sich auf die zivilrechtlichen Grundlagen der Stiftung, die im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt werden. Diese Regelungen sind am 1. Juli 2023 in Kraft getreten. Das Stiftungsregistergesetz, das die Einrichtung eines bundesweiten Stiftungsregisters vorsieht, tritt erst am 1. Januar 2026 in Kraft. Aus Sicht von Unternehmen, die eine Stiftung gründen wollen oder mit Stiftungen verbunden sind, sind die folgenden Aspekte besonders relevant.

Bislang waren die Regelungen des Stiftungsrechts teilweise im BGB enthalten und teilweise in den Stiftungsgesetzen der 16 Bundesländer. Durch die Stiftungsreform werden die zivilrechtlichen Regelungen im BGB zusammengeführt und weiterentwickelt. Die landesrechtlichen Stiftungsgesetze sollen künftig im Wesentlichen die Stiftungsaufsicht regeln.

Ewigkeits- und Verbrauchsstiftung

Stiftungen werden in aller Regel auf Dauer errichtet. Daher leitet sich der Begriff der Ewigkeitsstiftung ab. Das Gesetz erlaubt es aber künftig auch, eine sogenannte Verbrauchsstiftung zu errichten, deren Vermögen innerhalb eines bestimmten Zeitraums für den Stiftungszweck verbraucht werden soll. Die neu eingeführte Regelung ist bereits auf Kritik gestoßen.

Es erscheint praxisfern, dass der Stifter bereits bei der Gründung einen festen Zeitraum für die Existenz der Stiftung festlegen soll. Es wird deshalb bezweifelt, dass sich die Verbrauchsstiftung in der jetzigen Fassung durchsetzen wird. In der Praxis wird sich vermutlich eine sogenannte Hybridstiftung als Kombination aus Ewigkeitsstiftung und Verbrauchsstiftung durchsetzen.

Oberste Maxime für die Ausrichtung der Stiftung bleibt der Stifterwille, der besondere Bedeutung für spätere Änderungen der Satzung hat. Künftig wird neben dem dokumentierten historischen Stifterwillen jedoch auch auf den mutmaßlichen Stifterwillen abgestellt, also darauf, was der Stifter im Interesse der Stiftung vermutlich gewollt hätte.

Änderungen der Satzung

Dies erleichtert die Anpassung der Stiftung an geänderte Lebensverhältnisse. Es wird aber mit Recht kritisiert, dass auch das neue Stiftungsrecht dem Stifter nach Errichtung der Stiftung keine Möglichkeit gibt, den einmal festgelegten Stifterwillen nachträglich zu ändern.

Für eine Satzungsänderung gab es bisher im BGB keine ausdrückliche Regelung. Künftig ist ein dreifach abgestuftes Verfahren vorgesehen. Eine Änderung des Zwecks der Stiftung oder eine erhebliche Beschränkung des Stiftungszwecks ist nur unter der Voraussetzung möglich, dass der Stiftungszweck nicht mehr dauerhaft und nachhaltig erfüllt werden kann oder das Gemeinwohl gefährdet.

Betrifft die jeweilige Satzungsänderung die prägenden Merkmale der Stiftung (z. B. Name, Sitz, Art und Weise der Zweckerfüllung und Verwaltung des Grundstockvermögens), müssen sich die Verhältnisse nach Errichtung der Stiftung wesentlich verändert haben und die Änderung muss erforderlich sein, um die Stiftung an diese veränderten Verhältnisse anzupassen. Sonstige Satzungsänderungen sind bereits möglich, wenn diese der Erfüllung des Stiftungszwecks dienen.

Aufsicht muss genehmigen

Sämtliche Satzungsänderungen sind künftig von der Aufsichtsbehörde zu genehmigen. Der Stifter sollte von der im neuen Stiftungsrecht enthaltenen Möglichkeit Gebrauch machen, in die Satzung individuelle Vorgaben für künftige Satzungsänderungen aufzunehmen. Bestehende Stiftungen sollten prüfen, ob ihre Satzung mit diesen Vorgaben im Einklang steht.

Eine wichtige Neuerung enthält die Stiftungsreform für kapitalschwache Stiftungen, die nicht imstande sind, ihren Zweck dauerhaft zu erfüllen: Ihnen steht künftig die Möglichkeit der Fusion von Stiftungen offen.

Haftung des Vorstands

Besonders relevant für unternehmensverbundene Stiftungen ist die Haftung des Vorstands. Diese war in den Stiftungsgesetzen der Länder teilweise unterschiedlich ausgestaltet. Durch die Stiftungsreform wurde sie vereinheitlicht und konkretisiert. So haften unentgeltlich tätige Organmitglieder oder solche, deren Tätigkeitsvergütung 84.000 Euro p.a. nicht übersteigt, künftig nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Ansonsten gilt für unternehmerische Entscheidungen wie im Aktienrecht künftig die sog. Business Judgement Rule: Eine Haftung scheidet aus, wenn die handelnden Personen bei ihrer Entscheidung unter Beachtung der gesetzlichen und satzungsgemäßen Vorgaben vernünftigerweise annehmen durften, auf Grundlage angemessener Information zum Wohl der Stiftung zu handeln.

Streitfragen erledigt

Die Stiftungsreform ist trotz der aufgezeigten Kritikpunkte positiv zu bewerten. Sie erledigt bisherige Streitfragen und macht das deutsche Stiftungsrecht zukunftsfähig. Aus Unternehmenssicht besonders zu begrüßen sind die Präzisierung der Haftung des Vorstands und der Regelungen über spätere Änderungen der Satzung.

*) Dr. Thomas Winkemann ist Partner im Berliner Büro der Wirtschaftssozietät Görg.

Dr. Thomas Winkemann

Partner im Berliner Büro der Wirtschaftssozietät Görg

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