„Man sollte nichts kaufen, bei dem man nicht ruhig schlafen kann“
Im Fragebogen
„Man sollte nichts kaufen, bei dem man nicht ruhig schlafen kann“
Christian Kahler, Fondsmanager und früherer Chefstratege der DZ Bank, setzt wie Warren Buffett auf „gute Unternehmen“
Herr Kahler, wann und womit haben Sie Ihr erstes eigenes Geld verdient?
In meinem Heimatdorf im Sauerland habe ich in einem Getränkemarkt gearbeitet und dort mein erstes eigenes Geld verdient. Das war übrigens auch ein gutes Fitnesstraining, denn damals gab es noch keinen Gabelstapler oder Hubwagen im Laden. Wir haben die Getränkekisten alle von Hand bewegt – und das waren manchmal Hunderte am Tag.
Wofür haben Sie es ausgegeben?
Das meiste habe ich gespart. Aber als sportbegeisterter Mensch hatte ich schon immer ein gutes Mountainbike, mit dem ich damals gerne durch die heimischen Wälder gefahren bin. Ein Teil des Ersparten ging aber auch für die neuesten Musik-CDs drauf.
Was war ihr erstes Investment an den Märkten?
Ein wichtiger Meilenstein war die Möglichkeit, ab Mitte der 1990er Jahre über Amazon eine große Auswahl an amerikanischen Börsenbüchern erwerben zu können. In Deutschland gab es damals gefühlt nur die Bücher von Kostolany, die mich nie angesprochen haben. So war meine erste Aktie nach der Lektüre des Buches zur Dividendenstrategie „Dogs of the Dow“ ein klassischer Dividendentitel, die Aktie von Philip Morris.
Was war ihr erfolgreichstes Investment?
2008 las ich in dem Buch „Poor Charlie's Almanack“ über den „Lollapalooza-Effekt“ von Charlie Munger. Bei diesem Effekt wirken mehrere Faktoren aus verschiedenen Disziplinen zusammen und erzeugen so ein exponentielles Ergebnis. Beim Erfolg von Coca-Cola beispielsweise wirken die Faktoren Marke, Zucker als Suchtstoff, Preissetzungsmacht, Verhaltenskonditionierung der Kunden, Logistik und Skaleneffekte in der Produktion zusammen. Munger hat das in diesem Buch ausführlich dargestellt.
Ein paar Wochen später entdeckte ich in einer Zeitung eine Liste mit stark wachsenden Unternehmen. Darunter war auch die kleine Firma „Hansen Natural“, die ihren Umsatz regelmäßig verdoppelte. Wie konnte ein kalifornischer Orangensafthersteller das schaffen? Im Geschäftsbericht fand ich schnell die Antwort: Der Erfolg des Energydrinks „Monster Beverage“ war für das Wachstum verantwortlich, nicht die Säfte. Als Europäer kannte ich den Erfolg von Red Bull und sah hier die Chance, die "Lollapalooza“-Erfolgsstory von Coca Cola zu wiederholen, allerdings im kleineren Markt der US-Energy Drinks.
Im Frühjahr 2009 habe ich Aktien von Monster Beverage gekauft. Mein Einstiegskurs lag bei etwas über einem Dollar pro Aktie. Aktuell steht die Aktie bei 51 Dollar und ich bleibe investiert.
An welches Fehlinvestment erinnern Sie sich?
Richtig viel Geld habe ich mit einzelnen Aktien noch nicht verloren. Aber ich habe oft „Errors of Omission“ gemacht, Versäumnisfehler. Ich habe zu oft auf Sondersituationen wie Spin-offs oder sehr günstig bewertete Aktien gesetzt. Irgendwann sind die Kurse zwar gestiegen, aber es hat lange gedauert. Investieren ist wie Autofahren – mit dem richtigen Fahrzeug kommt man schneller ans Ziel.
Treffen Sie Ihre private Anlageentscheidungen allein, oder beraten Sie sich mit jemandem?
Im privaten Aktienbereich entscheide ich allein. Allerdings liegt viel privates Geld in unserem Aktienfonds. Bei den Depots der Kinder versuche ich, sie aktiv in die Anlageentscheidungen einzubeziehen. In der Vergangenheit haben wir dann überlegt, ob Aktien von Firmen wie Pepiso oder Autozone spannender sind. Kinder mögen Marken, die sie gut kennen. Und meistens haben sie auch einen guten Riecher. Peter Lynch lässt grüßen.
Gibt es eine bestimmte Anlagestrategie, die Sie verfolgen?
Auf gute Unternehmen setzen. In unserem Fonds investieren wir in 30 bis 35 Aktien von Unternehmen, die sich bereits langfristig bewährt haben. Sie besetzen dominante Marktpositionen und schaffen Mehrwert für die Aktionäre. Zudem ist eine gute Kapitalallokation, also wie das Unternehmen überschüssige Liquidität einsetzt, ein entscheidender Mosaikstein. Unser Anlagestil ist geprägt von Qualität, Ausdauer, Sparsamkeit, ruhige Hand, Fortschritt. Damit fühlen sie mich Kompagnon Jochen Kurz und ich sehr wohl. Man sollte nichts kaufen, bei dem man nicht ruhig schlafen kann oder bei dem man sich unwohl fühlt.
Welche Kennzahlen sind für Sie wichtig, wenn Sie sich ein Wertpapier näher anschauen?
Drei Faktoren sind für mich bei der Erstbewertung eines Unternehmens wichtig: die Qualität des Geschäftsmodells, die Qualität des Managements und die Qualität des Marktes, in dem das Unternehmen tätig ist. Dabei verwende ich die Kennzahl Betriebskapitalrendite (Return on Capital Employed), die mir sagt, wie gut die Qualität des Geschäftsmodells ist. Die Gewinnmarge zeigt mir, wie gut das Management die Preisgestaltung beherrscht, und die Qualität des Marktes sehe ich, wenn ich mir das prognostizierte Umsatzwachstum anschaue. Diese drei Werte addiere ich im Kopf. Ein Gesamtwert über 80 ist gut, alles über 100 ist sehr gut und bei Werten über 120 habe ich ein exzellentes Unternehmen, dass viel Aufmerksamkeit verdient. Normiert man diesen einfachen Qualitätsscore, indem man ihn durch die aktuelle Bewertung, z.B. EV zu Ebit, dividiert, sieht man auf einen Blick, welche Top-Unternehmen günstig bewertet sind.
Haben Sie bei der Geldanlage ein Vorbild?
Obwohl Charlie Munger und Warren Buffett den größten Einfluss auf meinen Investmentstil haben, habe ich nicht nur diese beiden als Vorbilder. Ich habe im Laufe der Jahrzehnte viele sehr gute Investoren beobachtet und versuche immer noch, täglich dazuzulernen. Dazu gehören Investoren wie der Brite Nick Sleep oder Sanjay Baskhi aus Indien, die viel von ihrem Wissen preisgeben. Jeder, der langfristig, sagen wir über einen Zeitraum von zehn oder 15 Jahren, eine gute Performance hat, hat auf seine Weise etwas richtig gemacht. Alle Top-Investoren und auch Top-Trader haben aus meiner Sicht übrigens drei Dinge gemeinsam: Einfachheit im Prozess, Fokussierung auf wenige Portfolio-Positionen und eine teilweise extreme Disziplin im eigenen Anlagestil.
Ihr Motto beim Investieren lautet?
Don't lose money.
Welches Buch sollten Anleger gelesen haben?
Wirklich gute Anlagebücher sind rar, viele Autoren kommen einfach nicht zum Punkt, bleiben im philosophischen Teil stecken. Ich empfehle Bücher von Investoren, die nachweislich hohe Renditen erzielt haben. Das Buch, das immer auf meinem Schreibtisch liegt, ist „Letters to shareholders“, ein chronologisches Kompendium der Geschäftsberichte von Warren Buffett von 1965 bis heute. Sehr gut gefällt mir auch das Buch „Good stocks cheap“ von Professor und Value-Investor Kenneth Jeffrey Marshall. Mit ihm habe ich im Laufe der Jahre Hunderte von Unternehmen analysiert. Ansonsten lese ich gerne Bücher über Allokationsentscheidungen. Dazu gehört derzeit „The Art of Execution“ von Lee Freeman-Shor, einem erfolgreichen britischen Dachfondsmanager. Er hat untersucht, wie Investoren mit Verlusten und Gewinnen umgehen und was die Besten anders machen.
Welches Wertpapier oder welche Assetklasse würden Sie auf Jahressicht empfehlen?
Aktien bleiben langfristig die sicherste Anlage, weil hinter den Unternehmen Gründer, Manager und Mitarbeiter stehen, die es sich in den Kopf gesetzt haben, jede Woche hart zu arbeiten, um mit ihren Produkten und Ideen das Leben der Kunden zu verbessern. Diesen Spirit gibt es bei Staatsanleihen nicht. Das macht mir die Entscheidung leicht.
Sie haben eine Million Euro und müssen diese mit einem Anlagehorizont von zehn Jahren investieren. Wie würden Sie das Geld anlegen bzw. aufteilen?
Die Antwort ist einfach: Ich würde das Geld in unseren Aktienfonds investieren. Der Zeitpunkt ist günstig, wir decken viele Wachstumstrends wie die Digitalisierung des Zahlungsverkehrs und die Premiumisierung des Konsums ab und haben die richtigen Unternehmen im Fonds.
Den Fragebogen in voller Länge lesen Sie auf www.boersen-zeitung.de