INVESTMENTFONDS - GASTBEITRAG

Aktuelle Bewertungen weisen auf das Wachstumspotenzial von Aktien hin

Börsen-Zeitung, 13.2.2013 Der verstorbene Sir John Templeton hat gesagt: "Zu kaufen, wenn andere verkaufen, und zu verkaufen, wenn andere kaufen - das verlangt großen Mut, macht sich aber bezahlt." In den vergangenen Jahren hat der Markt, wie aus...

Aktuelle Bewertungen weisen auf das Wachstumspotenzial von Aktien hin

Der verstorbene Sir John Templeton hat gesagt: “Zu kaufen, wenn andere verkaufen, und zu verkaufen, wenn andere kaufen – das verlangt großen Mut, macht sich aber bezahlt.” In den vergangenen Jahren hat der Markt, wie aus Diagramm 1 ersichtlich, insgesamt Aktien verkauft und festverzinsliche Papiere gekauft. Wer 2012 gegen den Strom geschwommen ist, hat profitiert, denn die Aktienmärkte in den USA und weltweit verbuchten meist Gewinne (jeweils abzulesen am S & P 500 Index bzw. am MSCI World Index). Der Aufwärtstrend war aber nicht so stark, dass viele Anleger die den Aktienmärkten oft eigene höhere Volatilität in Kauf genommen hätten. Die Abflüsse waren auf eine veränderte Marktdynamik zurückzuführen, unter anderem infolge verstärkter Risikoaversion und demografischer Verschiebungen. Doch auch Anleihen bergen Anlagerisiken, die oft übersehen werden. Anleger wechseln FavoritenIn den zurückliegenden zehn Jahren zum 30. September 2012 zogen US-Anleger fast 500 Mrd. Dollar von den Aktienmärkten ab und investierten über 800 Mrd. Dollar in Rentenwerte. Auf Jahresbasis sind die Zahlen ähnlich dramatisch. Dieselben Daten belegen, dass die Nettoströme in Rentenfonds in den vier Jahren zum 30. September 2012 höher ausfielen als die Zuflüsse in Aktienfonds, Renten-ETF und Aktien-ETF zusammen.Ein Blick auf historische Daten für die vergangenen 15 Jahre zeigt, dass sich die Anlageströme in Aktienfonds meist parallel zu den Gewinnen auf den US-Aktienmärkten entwickelten. Dieselben Daten machen ferner deutlich, dass es Ende 2009 zur ersten echten Abkopplung der Kapitalströme von den Renditen kam, als die Jahreserträge zwar positiv ausfielen, die Mittelflüsse in Aktien aber negativ blieben. Das setzte sich bis 2012 fort, als der MSCI World Index in den zwölf Monaten zum 31. Dezember 2012 über 16,5 % abwarf, während aus auf die USA, internationale Märkte und bestimmte Sektoren spezialisierten Aktienfonds im selben Zeitraum über 81,6 Mrd. US-Dollar abflossen. Diese Abkopplung lässt uns vermuten, dass die Anleger befürchten, die Aktienerträge könnten sich künftig verhalten entwickeln. Der Rückgang von Aktienanlagen seit 2008 ist unseres Erachtens aber nicht allein durch die Anlegerstimmung zu erklären. Andere Faktoren könnten ebenfalls eine Rolle spielen.Nach unserer Meinung liegen zwei demografische Faktoren vor, die die Marktströme beeinflussen: eine risikoscheuere jüngere Generation in den USA und eine alternde Bevölkerung in den Industrieländern. Im letzten Jahrzehnt haben Anleger die beiden schlimmsten Bärenmärkte seit der Weltwirtschaftskrise erlebt. Infolgedessen hat offenbar die Risikobereitschaft abgenommen, vor allem bei jüngeren Leuten, die in der Vergangenheit besonders risikofreudig waren.Der zweite Faktor, die Bevölkerungsalterung, könnte eine strukturelle Kapazitätsverschiebung auf den Aktienmärkten darstellen. Ältere Anleger haben in der Regel mehr Anlagekapital zur Verfügung als jüngere, da sie mehr Zeit hatten, um Geld zu verdienen und anzusparen. Mit fortschreitendem Alter der geburtenstarken Jahrgänge in den USA und den meisten anderen Industrieländern sind diese von der Vermögensbildung auf den Kapitalerhalt umgestiegen und engagieren sich in historisch weniger volatilen festverzinslichen Anlagen statt in Aktien.Während die Zuflüsse in Aktien zurückgingen, waren Anleihen und andere festverzinsliche Anlagen Nutznießer, da die meisten Anleger historisch niedrige Volatilität mit festverzinslichen Anlagen gleichsetzen. Anleihen haben sich durch diese Kapitalflüsse generell besser entwickelt, denn die Nachfrage hat für niedrige Renditen und hohe Kurse gesorgt.Aber auch die aggressive und (im historischen Vergleich) unkonventionelle Geldpolitik der US-Notenbank und anderer Zentralbanken weltweit hat die Kurse von Anleihen in die Höhe getrieben. Diese Politik zur Förderung von Konsum und Wirtschaftswachstum hat die Zinsen niedrig gehalten und die Kurse von Anleihen dadurch zusätzlich gesteigert. Reale Renditen wie 1930Im Zusammenspiel mit historisch niedrigen Zinsen haben die ständig zunehmenden Kapitalflüsse in Rentenwerte Anleihen verteuert und Unternehmen – auch solchen mit eher höheren Risiken – billigere Finanzierungsmöglichkeiten eröffnet, als es ihrem allgemeinen Risikoprofil normalerweise entsprochen hätte. Aufgrund dieser Faktoren ist der Kursanstieg bei US-Unternehmensanleihen längerfristig sogar noch drastischer, als zu erwarten wäre. In den fortlaufenden annualisierten Zehnjahreszeiträumen liegen reale Renditen vor wie zuletzt Mitte der 1930er Jahre. Diese Entwicklung wirft jedoch Fragen auf: Ist ein Extrem erreicht, und wenn ja, ist das Niveau haltbar?Es lässt sich zwar nicht mit Sicherheit sagen, ob die Anleihezinsen so niedrig bleiben können oder nicht, oder ob die Anleihekurse vor einer Rückkehr zum Mittelwert stehen, doch wir finden die Argumente für gute Aussichten für Aktien überzeugend. Im Folgenden werden die Gründe für unseren positiven Ausblick eingehender erläutert.In der Vergangenheit haben US-Aktien nach Phasen mit Rückständen hinter US-Anleihen Rallys verzeichnet. Generell sind die annualisierten Überrenditen (US-Aktienerträge abzüglich der Renditen von Staatsanleihen) seit 2000 klar negativ ausgefallen. Der relative Minderertrag war seit Mitte der 1930er Jahre nicht mehr so groß. In der Phase nach der unterdurchschnittlichen Entwicklung Mitte der 1930er Jahre verzeichneten Aktien einen kräftigen Aufwärtstrend. Geringe ErwartungenNiedrige Erwartungen lassen sich meist leichter übertreffen. Auf geringe Erwartungen folgen oft gute Ergebnisse. So könnte es kommen, wenn ein langsam wachsendes Unternehmen Ertragsschätzungen übertrifft und sein Aktienkurs anzieht. Bei starkem Wachstum, aber zu hohen Erwartungen sind die Erträge manchmal gering. Sind die Wachstumsraten jedoch niedrig, aber der Markt rechnet mit einem noch schwächeren Ergebnis, ist das Ertragspotenzial unter Umständen groß. In letzter Zeit sind die Ertragsprognosen für US-Unternehmen allgemein zurückgegangen – auf den tiefsten Stand seit einem Jahr. Diese Erwartungen könnten selbst für ein wachstumsschwaches Umfeld zu pessimistisch sein. Unsere Analysen weisen jedoch darauf hin, dass diese geringen Erwartungen in die aktuellen Marktergebnisse eingepreist bleiben könnten.Eine weitere Nachwirkung der Finanzkrise von 2008 hat US-Verbraucher zu Nettosparern werden lassen, die Schulden tilgen und sichere Anlagehäfen suchen. Daher gingen die Konsumausgaben für Gebrauchsgüter (wie Haushaltsgeräte, Möbel und Elektronik) ebenso wie für Verbrauchsgüter (Artikel, die regelmäßig gekauft, verbraucht und ersetzt werden) zurück und liegen derzeit nach wie vor unter dem Trend. Diese Tendenz schlug sich auch in den Einzelhandelsumsätze nieder, da weiter wenig Geld ausgegeben wird.Es zeigt sich, dass die Konsumausgaben für Gebrauchsgüter allein in Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) so niedrig sind wie zuletzt vor über 30 Jahren. Die Ausgaben können ihren langfristigen Trend früher oder später wieder aufnehmen. Die Unternehmensnachfrage liegt unter dem Trend, viele Unternehmen sind aber liquide. Der US-Unternehmenssektor wirkt generell robust: freie Cash-flows in Relation zum BIP, Kapitalrenditen und Liquidität der Bilanzen sind historisch extrem hoch, Unternehmensverschuldung und Finanzierungskosten historisch extrem oder zumindest sehr niedrig.Trotz dieser Faktoren liegen die entscheidenden Anlageinvestitionen von Unternehmen unter ihrem historischen Niveau. Um ihre Marktstellung zu wahren, müssen Unternehmen aber früher oder später alte Anlagen ersetzen, modernisieren, technisch aufrüsten und Bestände erneuern. Insbesondere die unter dem Trend liegenden Anlageinvestitionen, die alternden Anlagen und das unterdurchschnittliche Niveau bei Neuaufträgen für Informationstechnologieprodukte deuten auf wieder verstärkte Investitionen hin. Solche Ausgaben heizen in aller Regel die Aktienmärkte an. Eckpfeiler der KapitalanlageEs ist die optimale Zeit, an Aktien zu denken. Die Zinsen für US-Anleihen können zwar niedrig bleiben oder gegen null gehen, doch in unseren Augen spricht ebenso viel dafür, dass sie in den kommenden Jahren steigen und die Anleihekurse drücken könnten. Festverzinsliche Werte sind und bleiben vermutlich ein Eckpfeiler der Kapitalanlage, und sollten das auch, doch wir erkennen derzeit gute Gründe für eine Berücksichtigung von Aktien.Die aktuellen Bewertungen und Markttrends weisen auf Wachstumspotenzial für Aktien hin. Dessen ungeachtet haben diversifizierte Aktienanlagen dieselben potenziellen Effekte wie immer: Sie bieten langfristig das nötige Potenzial zum Erhalt und zur Mehrung von Vermögen.