Recht und Kapitalmarkt

Allgemeine MAC-Klauseln nur eingeschränkt von Nutzen

Urteil zu Hexion/Huntsman auch für den deutschen Markt richtungsweisend

Allgemeine MAC-Klauseln nur eingeschränkt von Nutzen

Von James Black und Anna Krupkina *)Die jüngere Rechtsprechung und Marktentwicklungen unterstreichen die Wichtigkeit einer präzise formulierten Material-Adverse-Change- (MAC)-Klausel, wenn sie dem Erwerber bei einem geplanten Unternehmenskauf den beabsichtigten Schutz gegen wesentliche nachteilige Entwicklungen bei der Zielgesellschaft vor Vollzug des Erwerbs geben soll. Die Klauseln sind in den USA zum Schutz der Vertragspartner bei einer wesentlich nachteiligen Veränderung (“Material Adverse Change”) der Grundlagen von Kaufverträgen entwickelt worden.Da es bislang keine maßgebenden Entscheidungen von deutschen Gerichten zu dem Thema MAC-Klausel gibt, sind die Entwicklungen in den USA gerade vor dem Hintergrund der stets steigenden Internationalisierung des Geschäfts mit Fusionen und Übernahmen (Mergers & Acquisitions, kurz M & A) wohl auch für den deutschen Markt als richtungsweisend zu sehen. Das Ende vorigen Jahres gefällte Urteil in Sachen Hexion Specialty Chemicals Inc. versus Huntsman Corp. hat bestätigt, dass es für einen Käufer fast unmöglich ist, auf Basis einer klassischen, allgemein formulierten MAC-Klausel ein MAC nachzuweisen. Die Schwierigkeit eines Käufers, von einer solchen MAC-Klausel Gebrauch zu machen, wurde durch die Entscheidung des Chemiekonzerns Dow Chemical im März dieses Jahres, seinen Streit bezüglich der Übernahme von Rohm & Haas in Höhe von 15,3 Mrd. Dollar beizulegen und die umstrukturierte Übernahme zu vollziehen, bestätigt. Mehr KlarheitDas Hexion-Urteil hat manche wichtige Punkte klargestellt. Erstens liegt kein MAC vor, wenn die Parteien die Verantwortung des Verkäufers für die relevanten nachteiligen Veränderungen in anderen Klauseln des Vertrages ausgeschlossen haben – zum Beispiel wenn die Prognosen zur Zielunternehmensentwicklung zum Zeitpunkt des Vollzugs viel niedriger sind als beim Kaufvertragsabschluss, aber der Kaufvertrag die Verantwortung des Verkäufers für Prognosen ausschließt. Zweitens darf kein MAC nach einer unspezifisch formulierten Klausel abgerufen werden, wenn der Käufer schon bei Unterzeichnung des Kaufvertrags wusste, dass mit der entsprechenden nachteiligen Entwicklung zu rechnen ist. Im Fall Hexion wurden potenzielle Verschlechterungen beim Geschäft der Zielgesellschaft schon im Bewertungsmodell des Erwerbers berücksichtigt und bildeten deshalb kein MAC. Daraus folgt, dass es riskant ist, sich bei heutigen Erwerben auf eine MAC-Klausel bezüglich allgemeiner Marktentwicklungen zu verlassen, weil immer argumentiert werden kann, dass ein weiterer Abschwung absehbar war.Drittens müssen sich die nachteiligen Veränderungen bei einem strategischen Kauf den Erwartungen gemäß eher Jahre lang als nur Monate lang auswirken, um als MAC zu gelten. Laut Gericht ist es schwierig, solche künftigen Auswirkungen nachzuweisen.Aus diesen Punkten ist zu entnehmen, dass eine allgemein formulierte MAC-Klausel keinen bedeutenden Schutz für Erwerber bietet, da sie letztlich im Zusammenhang mit den im Kaufvertrag vereinbarten Verkäufer-Garantien ausgelegt wird und wohl lediglich unvorhersehbare Entwicklungen abdeckt. Um den Auslegungsspielraum so weit wie möglich einzugrenzen, sollte der Erwerber sich daher auf die Aushandlung von präzisen Szenarien konzentrieren, die explizit als MAC zu sehen wären – mit dem damit einhergehenden Ergebnis, dass der Erwerber von der Pflicht, die Transaktion zu vollziehen, befreit wird. Diese könnten sich beispielsweise auf bestimmte operative oder Finanzkennzahlen beziehen, die zum Zeitpunkt des Vollzugs eingehalten werden müssen. Zusätzlich könnte die Verwirklichung von bestimmten, im Rahmen der Käufer-Due-Diligence identifizierten Risiken ausdrücklich als MAC definiert werden. Nicht völlig weglassenTrotz der eingeschränkten Nützlichkeit von allgemeinen MAC-Klauseln als Ausweg aus Transaktionen sollten diese jedoch nicht völlig weggelassen werden. In Ergänzung zu spezifischen Szenarien, die explizit als MAC definiert sind, kann eine allgemeine MAC-Klausel dem Käufer einen Hebel geben, um den Verkäufer in unerwarteten Extremfällen zu Nachverhandlungen über den Kaufpreis oder andere wichtige Bedingungen zu zwingen. Beispielsweise haben im oben erwähnten Fall Dow Chemical und die Aktionäre von Rohm & Haas bei den Nachverhandlungen auf Basis des von Dow Chemical behaupteten MAC eine erhebliche Investition in die Zielgesellschaft durch den Verkäufer vereinbart.—-*) James Black ist Partner und Anna Krupkina Associate bei White & Case in Frankfurt.