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"Anlagen in Private Equity werden in Europa systematisch benachteiligt"

Mackewicz-Studie: Aufsicht verhindert stärkere Allokation der Versicherungen

"Anlagen in Private Equity werden in Europa systematisch benachteiligt"

Von Walther Becker, Frankfurt Historisch niedrige Zinsen bereiten institutionellen Investoren Probleme, angemessene Renditen zu erwirtschaften. Staatsanleihen, die 50 Jahre lang als der sichere Hafen galten, haben sich zu Risikoanlagen entwickelt, und die zunehmende Regulierung nimmt immer mehr Einfluss auf die Entwicklung langfristiger Investitionsstrategien. Eines der wichtigsten Projekte in der Aufsicht über Finanzdienstleistungen auf EU-Ebene ist Solvency II. “Damit setzt die EU ihre politischen Interessen durch, indem Anlagen in Staatsanleihen systematisch bevorzugt werden, während für Private-Equity- und Infrastruktur-Investitionen 49 % Eigenkapital hinterlegt werden müssen”, moniert Detlef Mackewicz.Mackewicz hat mit seiner Beratungsgesellschaft für Institutionelle, Mackewicz & Partner, im Auftrag von Axa Private Equity und LGT Capital die alternativen Anlageklassen als Alternativen untersucht und kommt zu dem Schluss, dass Investoren mit Basel III und Solvency II mit Bestimmungen konfrontiert werden, “von denen heute schon absehbar ist, dass eine langfristig ausgerichtete Allokation des zur Verfügung stehenden Kapitals von gravierenden Problemen” begleitet werde.Die systematische Benachteiligung von Private Equity verwundere, sei doch in zahlreichen wissenschaftlichen Untersuchungen namhafter Universitäten und anderen Institutionen die hohe volkswirtschaftliche Bedeutung der Finanzinvestoren nachgewiesen worden. Vor diesem Hintergrund fragen sich die Autoren dieser Studie umso mehr, warum einer Anlageklasse, die einen Anteil von 0,6 % im Gesamtportfolio der deutschen Versicherungswirtschaft repräsentiere, so viel Aufmerksamkeit von den europäischen Aufsichtsbehörden geschenkt werde – “oder hat man sich etwa gar nicht sorgfältig über diese Anlageklasse informiert?” Der Anteil dieses Beteiligungsgeschäft in den Portfolios aller institutionellen Investorengruppen liege – mit Ausnahme der Family Offices – in geringer einstelliger Prozenthöhe. Family Offices weisen dagegen einen Private-Equity-Anteil von etwa 20 % auf. Sie verfolgten in erster Linie das Ziel, Kapital zu erhalten und haben laut Mackewicz damit weniger hohe Renditeansprüche als andere Großinvestoren. Versicherer z. B. versprechen ihren Kunden für Neuverträge nach Steuern, Inflation und Kosten noch 1,75 % als Garantieverzinsung für Lebens- und Rentenversicherungen, wobei Altverträge noch deutlich höher verzinst werden müssen. Family Offices haben bei ihren Anlagen größeren Entscheidungsspielraum als die übrigen Institutionellen und investieren seit Langem in Private-Equity-Fonds. Renten sind nicht sicherKnapp 2 400 deutsche institutionelle Investoren verwalten der Studie zufolge ein Kapitalvolumen von 2,1 Bill. Euro, was ungefähr dem Schuldenstand der öffentlichen Haushalte entspricht. Allein auf die identifizierten 20 größten Investoren entfällt ein Volumen von 1 260 Mrd. Euro. 20 Investorengruppen vereinen also etwa 60 % auf sich. Versicherungen bilden mit einem verwalteten Vermögen von 1 250 Mrd. Euro die größte Investorengruppe. Hiervon verwalten die 20 größten deutschen Assekuranzen 96 % des von allen 580 Versicherern verwalteten Kapitals. Festverzinsliche dominieren die Portfolios: Dies bedeute starke Abhängigkeit vom Bondmarkt. Lebensversicherer haben etwa vier Fünftel ihrer Anlagen dort allokiert.Mit Solvency II wird die Einführung von europaweit einheitlichen Maßstäben für die Bemessung des Eigenkapitals der Versicherer angestrebt. Private-Equity-Investitionen müssen aber mit 49 % Eigenkapital unterlegt werden. Die Eigenmittelanforderung für Staatsanleihen auch der Krisenländer beläuft sich auf 0 %, kritisiert Mackewicz.Haben Private Equity und Infrastruktur das Potenzial, Staatsanleihen zu substituieren? Allein die deutschen Versicherer haben ein jährliches Wieder- und Neuanlagevermögen von rund 240 Mrd. Euro. 2010 verfügten die deutschen Versicherer über einen Bestand von etwa 7,8 Mrd. Euro an Private-Equity-Anteilen, ein Plus von 635 Mill. Euro zur Vorperiode. Doch Private Equity und Infrastruktur würden, so schätzt Mackewicz, bis auf Weiteres nur von wenigen innovativen Investoren aufgenommen, die nicht vor komplexen, anspruchsvollen Anlageklassen scheuten.