RECHT UND KAPITALMARKT - IM INTERVIEW: MARTIN FEICK

"Anonymität des Kontos wird bei Erbfällen sehr teuer erkauft"

Schwarzgeld in der Schweiz: Familie sollte Streitpotenzial nicht erben

"Anonymität des Kontos wird bei Erbfällen sehr teuer erkauft"

– Herr Dr. Feick, viele Deutsche haben ein Bankkonto in der Schweiz. Was ist im Hinblick auf den Erbfall zu beachten?Wichtig ist zunächst einmal sicherzustellen, dass auch nach einem Erbfall weiter über das Konto verfügt werden kann. Gerade in turbulenten Zeiten an den Finanzmärkten ist es ärgerlich, wenn die Erben nicht auf das Depot zugreifen können und tatenlos mit ansehen müssen, wie die auf dem Depot verwahrten Aktien fallen. Der Erblasser sollte schon zu Lebzeiten vorsorgen. Er kann etwa eine Kontovollmacht über seinen Tod hinaus erteilen.- Wird die in der Schweiz akzeptiert?Häufig nicht. Deshalb sollte man mit der Bank besprechen, wie die Verfügungsmacht sichergestellt werden kann. Andernfalls droht eine monatelange Hängepartie, da die Bank nur nach Vorlage eines Erbscheins Auszahlungen oder Umschichtungen vornehmen wird.- Ist auch ein gemeinschaftliches Konto zu empfehlen?Möglich ist auch, dass der Erblasser das Konto mit einer weiteren Person, meistens dem Ehegatten, als “Oder-Konto” führt. Dann kann nach dem Tod des einen Kontoinhabers der andere weiter allein über das Konto verfügen. Das Oder-Konto hat aber auch seine steuerlichen Tücken. Der Bundesfinanzhof hat kürzlich erst entschieden, dass dann, wenn ein Ehegatte größere Einzahlungen auf ein beiden Ehegatten gehörendes Gemeinschaftskonto leistet, eine Schenkung in Höhe der Hälfte des Einzahlungsbetrags an den anderen Ehegatten vorliegen kann. Dies kann aber vermieden werden, wenn die Gatten schriftlich festhalten, dass im Innenverhältnis zwischen ihnen nur derjenige über das Vermögen verfügen darf, der das Geld auf das Konto eingezahlt hat.- Was passiert, wenn es mehrere Erben gibt und der Erblasser Schwarzgeld in der Schweiz gehortet hatte?Grundsätzlich gilt, egal ob es ein oder mehrere Erben sind, dass der Erbfall eine gute Gelegenheit ist, mit der vom Verstorbenen begangenen Steuerhinterziehung aufzuräumen und eine strafbefreiende Selbstanzeige abzugeben. Tun die Erben dies nicht, machen sie sich selbst der Steuerhinterziehung strafbar. Die Erben müssen nicht nur für sich eine Erbschaftsteuererklärung abgeben, in der das Konto in der Schweiz zu erwähnen ist, sondern auch für den Erblasser die noch offenen Einkommensteuererklärungen.- Bei mehreren Erben kann es unterschiedliche Einstellungen geben: Der eine muss aus beruflichen Gründen, etwa weil er Beamter ist, auf Ehrlichkeit dringen, der Zweite lebt im Ausland und hat kein Problem mit dem deutschen Fiskus, und der Dritte setzt darauf, dass die deutschen Steuerbehörden ihnen schon nicht auf die Schliche kommen. Was raten Sie?Grundsätzlich ist unser Rat, die Selbstanzeige noch zu Lebzeiten des Erblassers vorzunehmen, damit die Familie dieses Streitpotenzial gar nicht erst erbt. Ist der Erbfall schon eingetreten, kann man nur empfehlen, dass sich alle Erben auf die Abgabe einer gemeinsamen Selbstanzeige verständigen. Dies gelingt auch meistens, wenn man dem Erben, der das Schwarzgeld nicht offenlegen will, klarmacht, dass seine Steuerhinterziehung mit Sicherheit entdeckt wird, wenn die anderen Erben das Schweizer Konto angeben.- Was würde sich mit Blick auf das deutsch-schweizerische Abkommen ändern?Wenn ein Erblasser nach Inkrafttreten des Abkommens verstirbt, haben die Erben folgende Wahl: Entweder sie legen das Konto dem deutschen Fiskus innerhalb eines Jahres offen, dann fällt ganz normal Erbschaftsteuer an. Legen sie das Konto nicht offen, wird pauschal und anonym eine Steuer in Höhe von 50 % des Vermögens an das deutsche Finanzamt überwiesen. Die Anonymität des Kontos wird also bei Erbfällen sehr teuer erkauft. Bei Schenkungen gilt übrigens diese pauschale Abgeltung nicht. Wird ein Schwarzgeldkonto nach Inkrafttreten des Abkommens verschenkt, machen sich aber sowohl Schenker als auch Beschenkter wegen Steuerhinterziehung strafbar, wenn sie die Schenkung in Deutschland nicht angeben.—-Dr. Martin Feick ist Partner bei Schilling, Zutt & Anschütz. Die Frage stellte Walther Becker.