RECHT UND KAPITALMARKT - IM INTERVIEW: CHRISTOPH APPEL

Ansprüche aus Investments vor der Finanzkrise verjähren

Unterschiedliche Fristen zu beachten - Nationale Besonderheiten

Ansprüche aus Investments vor der Finanzkrise verjähren

Herr Appel, mögliche Ansprüche gegen Berater und Finanzinstitute wegen Investments, die kurz vor der globalen Finanzkrise 2007 getätigt worden sind, drohen nun zu verjähren. Um welche Investments geht es?In den Jahren bis Mitte 2007 bestand ein regelrechter Run auf strukturierte Papiere, da viele Investoren ihr Geld beziehungsweise das ihrer Anleger investieren mussten. Wie sich in einigen Fällen herausstellte, waren diese Papiere nicht von der Qualität, wie sie angeboten worden waren. Sofern sich Anhaltspunkte oder gar Beweise dafür ergeben haben, dass bei Verkauf der Papiere falsche Angaben gemacht worden sind, können Investoren die in die Transaktion involvierten Beteiligten auf Schadenersatz verklagen.- Warum droht jetzt die Verjährung?Es ist anzunehmen, dass sich die in Anspruch Genommenen fünf Jahre nach Ausbruch der Krise auf Verjährung berufen. Dabei ist grundsätzlich nach dem Ort der Klageerhebung zu unterscheiden. In Deutschland verjähren Ansprüche regelmäßig in drei Jahren. Nach englischem Recht gilt für Schadenersatzansprüche wegen Vertragsverletzung oder Delikt eine Frist von sechs Jahren. Allerdings kann es sein, dass bei Anwendung sogenannter Borrowing Statutes auch englische oder amerikanische Gerichte die deutschen Fristen anwenden – wenn diese kürzer als die englischen bzw. amerikanischen sind, damit dem Kläger durch gezielte Wahl keine Vorteile entstehen.- Worauf kommt es dann insbesondere an?Wesentlich ist die Bestimmung des Zeitpunktes, an dem die Verjährungsfrist beginnt. Die regelmäßige Verjährungsfrist nach deutschem Recht beginnt erst zum Ende des Jahres zu laufen, in dem der Schaden entstanden ist und der Gläubiger des Schadenersatzanspruches Kenntnis erlangt hat von den Tatsachen, die den Anspruch begründen, und von der Person des Schuldners. Für vertragliche Ansprüche nach deutschem Recht könnte allerdings noch die mittlerweile abgeschaffte, aber für Altfälle weiterhin geltende Regelung des § 37b Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) gelten. Hiernach verjähren Ansprüche aus Wertpapierinvestments schon nach drei Jahren ab dem Zeitpunkt des Investments. Nach englischem und US-amerikanischem Recht gelten im Einzelnen andere Regelungen bezüglich des Fristbeginns.- Was können Investoren jetzt tun, um eine Verjährung ihrer Ansprüche zu vermeiden?Zunächst sollte geprüft werden, ob bei den verlustreichen Investments tatsächlich Anhaltspunkte für deliktisches Handeln auf Seiten der Anbieter der Papiere bestehen; dies wäre insbesondere dann der Fall, wenn der Anbieter gewusst hätte, dass die Qualität der dem Papier zugrunde liegenden Forderungen nicht der versprochenen Qualität entsprach und er somit vorhersehen oder damit rechnen konnte, dass der Anleger einen Schaden erleiden würde. Auch muss ermittelt werden, ob die in das Investment seinerzeit auf Seiten des Investors involvierten Personen Kenntnis von solchen Umständen hatten und seit wann.- Das heißt?Bei ausreichender Grundlage für eine Inanspruchnahme kann der Investor – je nachdem, wie schwerwiegend die Vorwürfe gegen den Anbieter sind, – direkt Klage einreichen oder mit diesem eine Verjährungsvereinbarung treffen. Danach wird die Verjährung für einen gewissen Zeitraum gehemmt, während dessen der Investor mit dem Anbieter über die Ansprüche verhandelt. Kommt keine Einigung zustande, kann dann noch Klage eingereicht werden.- Wo können solche Klagen eingereicht werden?Viele, wenn nicht die meisten der Transaktionen haben einen US-amerikanischen Bezug. So liegt es nahe, eine Klage zum Beispiel gegen Arranger in New York einzureichen. Aber auch eine Klage in England ist denkbar. Deutsche Anleger sollten immer überlegen, wo eine Klage sinnvoller ist, und die Vor- und Nachteile der jeweiligen Jurisdiktion gegeneinander abwägen. So kann der Kläger durch die in den USA und England vorgesehene Pre-Trial Discovery zwar weitere Informationen vom Beklagten erlangen; sie ist allerdings für einen deutschen Kläger aufwendig und teuer.—-Christoph Appel ist Rechtsanwalt und Junior-Partner der Kanzlei Oppenhoff & Partner. Die Fragen stellte Sabine Wadewitz.