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Atomalarm treibt Anleger zurück an den Geldmarkt

Aktien abgestoßen - Sicherheit und Werterhalt gewinnen an Bedeutung - ETF locken mit niedrigen Gebühren

Atomalarm treibt Anleger zurück an den Geldmarkt

Von Georg Blaha, Frankfurt Das katastrophale Erdbeben und der verheerende Tsunami in Nord-Japan sowie die Unsicherheit um das beschädigte Atomkraftwerk Fukushima ließen Europas Anleger in der beendeten Handelswoche aus Aktien flüchten. Auch wenn sich die zum Teil dramatischen Kursstürze zum Wochenende wieder etwas ausgeglichen haben, bleibt beispielsweise beim Euro Stoxx 50 immer noch ein Minus von 4,3 % stehen. Beim Dax ist es sogar ein Wochenverlust von 5,8 %.Liquide und sichere Produkte wie Geldmarktfonds dagegen haben Zuflüsse verzeichnet. Genaue Zahlen fehlen, doch Bankmanager bestätigen diesen Trend. Die Renditen für die kurzfristigen Geldmarktprodukte sind allerdings im Zeitalter der rekordniedrigen Leitzinsen eher dürftig. Wenn Geldmarktprodukte also nicht als langfristiges Investment taugen, so können sie Verluste minimieren und zum Werterhalt im Portfolio beitragen. Besonders die kostengünstigen börsengehandelten Fonds (ETF) bieten sich hier an.Während der Finanzkrise waren Geldmarktfonds trotz ihrer relativen Sicherheit nicht besonders gefragt gewesen und haben Nettoabflüsse verzeichnet. Darin spiegelte sich die große Nervosität an den Märkten wider, da Bankenpleiten plötzlich viel wahrscheinlicher wurden als zuvor. TrendwendeDie aktuell drohende Katastrophe in Japan mit all ihren Folgen hat eine andere Qualität: Ausfälle in den globalen Lieferketten, Konsumzurückhaltung und ein Rückfall Japans in eine Rezession können die Weltwirtschaft erschüttern, betreffen aber weniger das Weltfinanzsystem. Unsicherheit an den Aktienmärkten bei einem relativ stabilen Finanzsystem könnte den Geldmarkt für Anleger wieder attraktiver machen. Um von einer Trendwende zu sprechen, ist es aber noch zu früh. Sollte die Marktsituation Geldmarktanlagen begünstigen und sollten zudem Europas Notenbanken die Zinsen anheben, dürften Anleger mit kostengünstigen ETF besonders von dieser Entwicklung profitieren.Am Geldmarkt werden kurzfristige Gelder mit Fristigkeit von maximal einem Jahr gehandelt. Die Geldmarktsätze ergeben sich aus Angebot und Nachfrage der Teilnehmer. Zu ihnen zählen Zentralbanken, Geschäftsbanken, Versicherungen und andere institutionelle Akteure. Privatanleger können über Geldmarktfonds in Deutschland seit knapp zwanzig Jahren an diesem Markt partizipieren.Börsengehandelte Fonds (ETF) gibt es seit rund zehn Jahren. Diese bilden die Wertentwicklung eines zugrunde liegenden Index, Wertpapiers oder Rohstoff ab. Der Vorteil der ETF liegt zum einen in ihrer Liquidität, also dass sie an Börsen schnell ge- und verkauft werden können. Zum anderen ist die Management-Gebühr weit niedriger als bei Fonds, die von einem Manager verwaltet werden. Anleger können mit viel geringeren Abschlägen an Wertentwicklungen partizipieren. Schätzungen zufolge zählen bereits 45 % der Publikumsfonds zu den ETF. Eonia als BasisEuropäische Geldmarkt-ETF haben in der Regel direkt oder indirekt den Eonia-Zins zur Basis. Dieser Euro Overnight Index Average ist der Zins für Übernachtausleihungen von Europas Geschäftsbanken. Er schwankte in den vergangenen zwölf Monaten zwischen knapp über 0,3 % und knapp unter 0,9 %, also immer unter dem Leitzins der Eurozone von 1 %. Die Performance der Geldmarktprodukte der großen ETF-Anbieter kommt dann auch nicht über den längeren Eonia-Durchschnitt hinaus (vgl. Tabelle). Bisweilen bleibt die Performance sogar hinter den zugrunde liegenden Eonia-Indizes zurück. Die Ursache ist im sogenannten Tracking Error zu suchen, d. h. fehlender Genauigkeit in der Nachbildung der Indizes. ETF werden oft über Swap-Konstruktionen gebildet, welche den Index, das Wertpapier oder den Rohstoff selten 1 : 1 nachbilden können. Das gilt für alle ETF, nicht nur für die Geldmarktprodukte. AbsicherungsinstrumentIhren Zweck erfüllen Geldmarkt-ETF aber nicht als Renditetreiber, sondern als Absicherungsinstrument. Wer Gewinne oberhalb von Geldmarktzinsen erzielen will, muss natürlich Risiken eingehen. Um aber über einen längeren Zeitraum eine absolut positive Rendite zu erzielen, sollten Anleger auch den maximalen Kursverlust in einem Zeitraum im Auge behalten. Laut dem Vermögensverwalter Avana Invest betrug dieser am Aktienmarkt in den vergangenen elf Jahren immerhin zwei Mal rund 60 %. Das war noch vor der Dreifachkatastrophe in Japan, deren Auswirkungen auf die Weltwirtschaft und die Märkte noch lange nicht klar sind. Wenn Anleger ihren Maximalverlust klar definieren und rechtzeitig in risikolose Geldmarkt-ETF wechselten, könnten mehr als 50 % der Verluste vermieden werden, so Avana Invest. Der Asset Manager selbst setzt hierbei auf ein Trendfolgemodell, das für einzelne Branchen oder Märkte Signallinien bestimmt, aus denen sich Kauf- oder Verkaufslinien ableiten lassen.Geldmarkt-ETF können im Niedrigzinsumfeld auch eine Wette auf steigende Notenbankzinsen sein. Bei einer für die Eurozone wahrscheinlichen Erhöhung um 25 Basispunkte auf 1,25 % ist das allerdings eine Wette mit bescheidenem Potenzial. Die Devisenmärkte reagieren weit stärker auf Zinsänderungen als die Geldmärkte. Gehebelte Devisenprodukte zählen allerdings zu den riskantesten Anlagemöglichkeiten.