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Auf den japanischen Verbraucher kommt es an

Börsen-Zeitung, 27.4.2013 Statt des gewohnt leisen Auftritts hat die Notenbank Japans mit einem Paukenschlag für Aufmerksamkeit gesorgt: An der Börse, unter Wirtschaftsexperten und auch bei den Konsumenten Japans. Knapp 1,3 Bill. Euro (169 Bill....

Auf den japanischen Verbraucher kommt es an

Statt des gewohnt leisen Auftritts hat die Notenbank Japans mit einem Paukenschlag für Aufmerksamkeit gesorgt: An der Börse, unter Wirtschaftsexperten und auch bei den Konsumenten Japans. Knapp 1,3 Bill. Euro (169 Bill. Yen) will die Bank of Japan (BoJ) innerhalb von zwei Jahren in die heimische Wirtschaft investieren. Ein ungewöhnlicher Schritt für die sonst verhalten agierende Zentralbank.Die Finanzspritze der BoJ und die “Abenomics”, die Wirtschaftspolitik des Premierministers Shinzo Abe, lassen Investoren wieder stärker auf Japan blicken. Die Maßnahmen zeigen Wirkung. Der Nik- kei 225 stieg kräftig an. Doch noch wichtiger ist ein anderer Stimmungsmesser, der oft vergessen wird: Es kommt auf Herrn und Frau Watanabe – das japanische Äquivalent zu Herrn und Frau Müller in Deutschland – an, wenn das Land die Deflation hinter sich lassen will. Erst wenn der Konsument seine Bedenken überwindet und sein Geld nicht in der Hoffnung auf weiter sinkende Preise zurückhält, sondern es zügig ausgibt, kann der Kreislauf durchbrochen werden. Und genau dafür gibt es inzwischen Anzeichen.In den vergangenen Jahren mussten sich Japans Arbeitnehmer einschränken. So hatten viele Unternehmen ihre Kosten gesenkt, um wettbewerbsfähiger zu werden. Dafür wandelten viele auch Vollzeitjobs in Teilzeitstellen um. Die Folge: Die Japaner wurden noch sparsamer als sie es wegen des stetigen Preisverfalls ohnehin schon waren und die Deflation verstärkte sich.Doch der Trend scheint zu drehen. So verkündeten zum Beispiel in den vergangenen zwei Monaten Lawsons und Familymart, zwei der größten Verbrauchermarktketten des Landes, Lohnsteigerungen um gut 2 %. Da beide zusammen mehr als 17 000 Filialen landesweit unterhalten, geht davon eine erhebliche Signalwirkung aus.Wenn weitere Unternehmen Schritte in eine ähnliche Richtung einschlagen, wären das die ersten bedeutenden Lohnerhöhungen in dieser Branche seit zwei Jahrzehnten. Das lässt den japanischen Otto Normalverbraucher auf mehr Geld hoffen und damit eher an steigende als an fallende Preise glauben. Dauert diese Entwicklung an, kann sich die bloße Inflationserwartung in eine echte Inflation wandeln. Die Volkswirtschaft würde also reflationiert. Konsumlust erwachtDie Finanzmärkte sagen uns schon jetzt, dass das Potenzial dafür in Japan vorhanden ist. Für Immobilienaktien wird diese Entwicklung bereits eingepreist, sie entwickelten sich zuletzt sehr positiv. Denn von der erwachenden Konsumlust erwartet man, dass die Nachfrage nach Ladenflächen steigen, die Leerstandsquote sinkt und die Profitabilität der Immobilienunternehmen sich erhöht. Das ist gut für die japanische Binnenwirtschaft. Die exportorientierten Unternehmen profitieren vom schwachen Yen sowie Verbesserungen der globalen Wirtschaft. Ein Blick auf die indexgebundenen Anleihenmärkte zeigt, dass Anleger in feste Zinsen bereits eine Inflation von 1,3 % p. a. über die nächsten fünf Jahre erwarten.Zugegebenermaßen sind Japans indexgebundene Anleihenmärkte nicht so liquide wie in anderen Ländern. Da wir jedoch dieses Jahr mit einer negativen Inflationsrate begonnen haben, bedeutet ein Durchschnitt von 1,3 % eine ziemlich rasche Progression in Richtung einer Inflation von 2 %, also dem neuen Ziel der BoJ. Das alles darf sicher nicht darüber hinwegtäuschen, dass es beim Übergang von Deflation zu Inflation Probleme geben kann. Denn steigende Einkommen sind zwar gut für den Konsumenten, doch sie lasten auch auf der Profitabilität der Arbeitgeber, also den Unternehmen. Dennoch gibt es keinen Anlass zur Sorge, sondern zu einem gewissen Optimismus für die Watanabes und die japanischen Aktien.—-Nathan Gibbs Fondsmanager des Schroder ISF Japanese Equity Alpha