Kapitalanlage

Auf der Suche nach der Tarnkappenhausse

Anlageerfolge haben oft einfache Entstehungshintergründe - Abseits des Publikums ist Geduld gefragt

Auf der Suche nach der Tarnkappenhausse

Von Sascha Magsamen, FrankfurtDer zuverlässigste Weg, die Zukunft zu sehen, ist das Verstehen der Gegenwart. Der Spruch wird dem 1930 geborenen amerikanischen Zukunftsforscher John Naisbitt zugeordnet. Die Bedeutung dieser Worte zeigt sich vor allem am Kapitalmarkt, dem Ort, wo eigentlich nur die Zukunft gehandelt wird, de facto jedoch Gegenwart und Vergangenheit das Geschehen bestimmen. Tendenzen werden zu TrendsIm hektischen Alltagsgeschäft geht vielerorten der Blick für das offensichtlich Vorhandene verloren. Das dürfte ein Grund dafür sein, warum viele Trends von der Masse erst dann erkannt werden, wenn ein Großteil der Party schon vorüber ist. Doch genau die Trends, die nicht jeder sieht, und solche Tendenzen, die sich im Zeitablauf als neue Trends herauskristallisieren, bescheren den rechtzeitig positionierten Anlegern ordentliche Gewinne. Diese, nennen wir es Tarnkappenhausse, ist eines näheren Blickes wert. Unter Anlagegesichtspunkten gilt es dabei zu prüfen, ob solche schleichenden und öffentlich eher wenig beachteten Kursanstiege ein Muster vorweisen, welches Ableitungen für ein Analysemodell oder zumindest brauchbare Hinweise für die Einzelwertselektion zulässt. In den vergangenen zwölf Monaten gab es zuhauf Papiere, die einer breiteren Öffentlichkeit erstmals bekannt wurden und deren Kurs sich entsprechend positiv entwickelt hat – unabhängig von den Auswahlindizes. Ein gutes Beispiel gibt dabei etwa MPC Capital ab. Von dem Finanzdienstleister aus Hamburg wollte im September 2003 noch kaum ein Anleger etwas wissen. Bis auf wenige Institutionelle. Warum? Diese hatten erkannt, dass die Branche, in der MPC tätig war, boomte. MPC konzeptioniert und vertreibt offene und geschlossene Fonds und erwirtschaftet daraus einmalige Provisionserträge sowie im geringen Umfang laufende Bestandsvergütungen. Aufgrund der hohen individuellen Steuersätze in Deutschland und des entsprechenden Bedürfnisses vieler, sich dagegen mittels strukturierter Produkte zu “wehren”, standen und stehen geschlossen Fonds hoch im Kurs. Da MPC vor allem in den seit Jahren beliebten Schiffsfonds aktiv war, zeichnete sich die Erfolgsstory bereits Ende 2003 ab. Für Anleger, die sich mit dem Thema beschäftigt haben, war MPC damit ein logischer Kaufkandidat. Die Idee ging auf und bescherte der Aktie einen Höhenflug von 20 Euro bis zur 64,50-Euro-Marke. Deutsche SatellitentechnikSo nachvollziehbar die MPC-Hausse damit im Nachhinein war, so einfach konnte auch eine weitere Erfolgsstory am deutschen Aktienmarkt erahnt werden – OHB Technology, ein Raumfahrttechnologieanbieter. OHB liefert Bauteile für das im Aufbau befindliche Überwachungssystem der Bundeswehr, das “SAR-Lupe”-Projekt. Darüber wurde in den Medien ständig berichtet. Ein Großteil des Geschäfts wurde – auch schon vor dem Börsengang – mit der öffentlichen Hand abgewickelt, die ein zuverlässiger Zahler ist und dem Unternehmen, und damit den Aktionären, damit eine gewisse Planbarkeit beschert. Über all das kommunizierte die mittelständisch geführte Gesellschaft aus Bremen regelmäßig. Das bot Interessenten die Möglichkeit, nach dem verpatzten Start am Neuen Markt gutes Geld mit OHB zu verdienen. Zu den unspektakulären, jedoch cash-flow-trächtigen Gesellschaften gehört auch der Wehrtechnikkonzern Rheinmetall, dessen Aktie 2002 kaum ein Anleger zu mehr als 10 Euro kaufen wollte. Hier bot sich neben dem bekannten Produktportefeuille ein veränderungsbereites Aktionariat als Thema an. Rheinmetall notierten am Freitag mit 40 Euro.Neben diesen Einzelgeschichten, die für sich genommen alle einen gewissen Charme hatten, galt es nichtsdestotrotz vor dem Aktienkauf die bilanzielle Situation der Gesellschaft zu überprüfen, etwa Kurs-Buchwert-Verhältnis, freier Cash-flow sowie Dividendenfähigkeit. Ein gewisses Durchhaltevermögen sollte zudem mitgebracht werden. Antworten gibt das UmfeldNeben der storyindizierten Analyse hilft beim Investment auch der Praxistest. Das fällt bei Rheinmetall schwer, war bei Apple, Ebay und Research in Motion umso leichter. Wenn im Umfeld plötzlich viele Bekannte zu virtuellen Flohmarktgängern mutieren, spricht das für das Ebay-Geschäftsmodell. Das Gleiche gilt für den Blackberry von Research in Motion, das neueste Spielzeug der globalen Arbeitsnomaden. Vom Geräteanbieter Apple gar nicht zu reden. Mit dem Ipod, dem tragbaren digitalen Walkman, hat Apple das “Muss”-Gerät auf den Markt gebracht. Wer hip sein wollte, musste einen Ipod haben. Und damit die Aktie. Der Alltag bietet also auch manch gute Vorlagen für Zukunftsinvestments.