RECHT UND KAPITALMARKT - IM INTERVIEW: NILS MEYER-SANDBERG

Ausländische Familienstiftungen als Instrument der Vermögensnachfolge

BFH-Urteil vermeidet zweifache Besteuerung der Zuwendungen

Ausländische Familienstiftungen als Instrument der Vermögensnachfolge

Herr Meyer-Sandberg, der Bundesfinanzhof (BFH) hat zur Schenkungsteuerpflicht von Zuwendungen einer schweizerischen Stiftung Stellung genommen. Worum geht es in dem Fall?In einem vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall (Az. II R 6/16) hatte eine in der Schweiz errichtete Familienstiftung einem in Deutschland wohnhaften Nachkommen der Familie Y einen Millionenbetrag zugewendet. Zweck der schweizerischen Familienstiftung sind einmalige Unterstützungsleistungen an Angehörige der Familie Y in jugendlichen Jahren zur Anschubfinanzierung. Darüber ob, an wen, in welcher Höhe und zu welchem Zeitpunkt eine Zuwendung der Stiftungen an Begünstigte (sogenannte Destinatäre) erfolgt, entscheidet der Stiftungsrat im Rahmen des Stiftungszwecks nach freiem Ermessen. Wozu dienen Familienstiftungen?Rechtsfähige Stiftungen werden als Familienstiftungen vielfach eingesetzt, um große Vermögen zu sichern und zu erhalten, Familienangehörige dauerhaft zu versorgen und, indem eine Entstrickungsbesteuerung des Stiftungsvermögens bei Wohnsitzwechsel vermieden wird, deren internationale Mobilität zu gewährleisten. Warum eine ausländische Familienstiftung?Gründe dafür können sein, dass ausländische Familienstiftungen mit ihrem Vermögen nicht alle 30 Jahre der deutschen Ersatzerbschaftsteuer unterliegen, aber auch ein flexibleres ausländisches Stiftungsrecht. Was ist an dem Urteil bedeutsam?Der BFH stellte sich gegen die Auffassung des Finanzamts und des vorinstanzlichen Finanzgerichts, wonach die Zuwendung – auch für den Fall, dass diese satzungsgemäß sei, – der Schenkungsteuer unterliege. Der Schenkungsteuertatbestand “Erwerb durch Zwischenberechtigte während des Bestehens der Vermögensmasse ausländischen Rechts” in § 7 des Erbschaftsteuergesetzes, das auch die Schenkungsteuer regelt, sei nicht erfüllt. Eingeführt wurde der Schenkungsteuertatbestand seinerzeit, um insbesondere Besteuerungslücken bei angloamerikanischen Trusts zu schließen. Der BFH schließt in seiner Urteilsbegründung die Anwendung auf ausländische rechtsfähige Stiftungen nicht grundsätzlich aus, jedoch sah er vorliegend in dem Zuwendungsempfänger keinen “Zwischenberechtigten”. Zwischenberechtigter sei nur, wem unabhängig von einem konkreten Ausschüttungsbeschluss Rechte an der Vermögenssubstanz oder den Erträgen der Vermögensmasse zustehen. In dem entschiedenen Fall hat der Zuwendungsempfänger gegen die Familienstiftung keine Ansprüche auf Ausschüttung; der Stiftungsrat konnte im Rahmen der Satzung nach freiem Ermessen über Ausschüttungen entscheiden. Bedeutet die Auffassung der Finanzverwaltung eine doppelte Besteuerung auch mit Einkommensteuer?Auch wenn der BFH dies im vorliegenden Fall nicht zu entscheiden hatte, stellt die satzungskonforme Zuwendung beim Zuwendungsempfänger Einkünfte aus Kapitalvermögen dar und unterliegt damit der Einkommensteuer. Die Zugrundelegung der Auffassung der Finanzverwaltung würde damit zu einer doppelten Besteuerung mit Einkommensteuer und Schenkungsteuer führen. Ob grundsätzlich eine Doppelbesteuerung desselben Lebenssachverhaltes mit Einkommensteuer und Erbschaft- beziehungsweise Schenkungsteuer zulässig ist, ist höchst umstritten, aber solange sie keine “erdrosselnde Wirkung” oder sonst übermäßig belastende Wirkung hat, nicht verfassungswidrig. Was heißt das Urteil für die Beratungspraxis?Unter der Voraussetzung, dass sich aus der Stiftungssatzung keine Ansprüche der Destinatäre auf Ausschüttung oder sonstige Teilhabe am Vermögen der Stiftung ergeben, vermeidet die vom BFH vertretene Auffassung die zweifache Besteuerung satzungsgemäßer Ausschüttungen ausländischer Stiftungen an inländische Destinatäre. Ausländische Stiftungen können damit im Einzelfall weiterhin ein geeignetes Instrument für Zwecke des Vermögensschutzes und der dauerhaften Versorgung von Familienangehörigen sein. Solange die Finanzverwaltung sich nicht zur Anwendbarkeit des Urteils über den Einzelfall hinaus geäußert hat, bleibt indes das wahrscheinliche Risiko, dass sie eine zweifache Besteuerung der Zuwendung vornimmt und dem Steuerpflichtigen nur der Gang zum Finanzgericht und gegebenenfalls zum BFH bleibt. Dr. Nils Meyer-Sandberg ist Partner von BRL Boege Rohde Luebbehuesen. Die Fragen stellte Sabine Wadewitz.