Recht und Kapitalmarkt - Interview mit Hauke Hansen

Banken kämpfen gegen Millionengeschäft der Online-Abzocker

Oberlandesgericht Frankfurt: Abofallen sind gewerbsmäßiger Betrug

Banken kämpfen gegen Millionengeschäft der Online-Abzocker

– Abofallen im Internet: Herr Hansen, wer kennt eigentlich keinen Fall? Worum geht es dabei?Vom unbedarften Minderjährigen bis zum Vorstand – fast jeder ist schon einmal auf eine Abofalle im Internet hereingefallen oder kennt zumindest jemanden, dem das passiert ist. Das Geschäftsmodell ist so dreist wie erfolgreich. Solche Angebote erwecken den Anschein der Unentgeltlichkeit, um Internetnutzer anzulocken. Sie geben sich als kostenlose Routenplaner, Gratis-Rezeptsammlungen oder Software-Datenbanken für Freeware-Programme aus. Wer im Glauben an die Unentgeltlichkeit seine persönlichen Daten zur Registrierung eingibt, ahnt nichts Böses. Unbemerkt wird jedoch ein Abonnement abgeschlossen. Wenige Tage später bekommt es der Betroffene mit der gut geölten Einschüchterungsmaschinerie der Online-Abzocker zu tun. Mahnbriefe, Inkassofirmen und dubiose Anwälte drohen mit Schufa-Einträgen, Straf- und Gerichtsverfahren. Rechtlich sind die Ansprüche unbegründet, doch lassen sich viele Opfer beeindrucken und zahlen.- Was raten Sie den Opfern?Privatpersonen sollten sich keine Angst einflößen lassen und auf keinen Fall zahlen. Anwaltliche Mahnscheiben kann man getrost ignorieren. Erst wenn ein gerichtlicher Mahnbescheid kommt – was sehr selten der Fall ist – sollte man dem angeblichen Anspruch durch ein bloßes Kreuz auf dem Formular widersprechen. Zudem sollten die Geschädigten Strafantrag stellen, nachdem das OLG Frankfurt kürzlich entschied, dass die Betreiber gewerbsmäßigen Betrug begehen, der mit einer Mindesthaftstrafe von sechs Monaten zu bestrafen ist.- Gibt es Schätzungen für das finanzielle Ausmaß dieses “Marktes”?Auch wenn die von einzelnen Opfern zu zahlenden Beträge eher gering sind, hat sich das Geschäftsmodell zum Millionengeschäft entwickelt. Ein Beispiel: Das Landgericht München hat in einem Verfahren ermittelt, dass auf dem Konto eines Abofallen-Inkassoanwalts in nur sechs Monaten 2,2 Mill. Euro aus 25 000 Einzelüberweisungen eingegangen waren.- Wird der Gesetzgeber aktiv?Die Bundesregierung will den Internet-Betrug durch die Einführung der “Button-Lösung” eindämmen. Ein entgeltlicher Vertrag im Internet soll nur dann zustande kommen, wenn der Nutzer vor Abgabe der Bestellung bestätigt, dass er die Angabe zum Preis zur Kenntnis genommen hat. Aus meiner Sicht ist dies nicht sonderlich Erfolg versprechend. Außerdem trifft sie nicht nur die schwarzen Schafe, sondern belastet den überwiegend seriösen Internethandel. Die schärfste und sinnvollste Reaktion kam aber zuletzt von Seiten der Gerichte, wie das Urteil des OLG Frankfurt zeigt. Mit dieser Rechtsprechung im Rücken haben Beamte des Landeskriminalamtes Hamburg am Montag zwei Abofallen-Betreiber festgenommen und 1,5 Mill. Euro sichergestellt. Die abschreckende Wirkung strafrechtlicher Sanktionen dürfte das Geschäftsmodell Abofalle wesentlich unattraktiver machen.- Sind Banken von den Machenschaften betroffen? Was können die Institute tun?Die Banken leiden beträchtlich unter den Machenschaften der Abofallen, denn sie werden wegen der Nutzung ihrer Konten durch Betreiber oder deren Inkassofirmen von aufgebrachten Kunden zu Unrecht mit dem Betrug in Verbindung gebracht. Wenn die betroffenen Kreditinstitute von den Betrügereien Kenntnis erlangen, haben sie die Möglichkeit, die Kontoverbindung zu kündigen. Betreiber wehren sich häufig gegen die Kündigung, und so sehen sich die Institute mit Prozessen auf Weiterführung des Kontos konfrontiert. Dies betrifft besonders Sparkassen, denn die Betreiber meinen, sich auf den für diese geltenden Auftrag zur öffentlichen Daseinsvorsorge berufen zu können – in jüngster Zeit aber erfolglos. So hat sich neben dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg vor Kurzem auch das Verwaltungsgericht Frankfurt zugunsten der betroffenen Sparkassen positioniert. Dies verhindert allerdings nicht, dass die Abofallen beträchtliche personelle und finanzielle Ressourcen binden.- —-Hauke Hansen ist Anwalt bei FPS Rechtsanwälte in Frankfurt. Die Fragen stellte Walther Becker.